Video-Kid
das gleiche, als wollte man seine Hose essen. Ich gestehe, ich habe es noch nicht versucht, weil ich zuviel Angst habe, es könnte zu einer Explosion kommen, sobald ich eine Zelle aufreiße.«
»Na und?« sagte ich. »Diese Riesentraube geht früher oder später sowieso in einer Detonation zugrunde. Sie sind so beschaffen, daß sie hoch aufsteigen und dort explodieren, damit ihr Dreck auf den Kontinent herniederregnen kann. Was soll's, ich will es versuchen.« Ich gähnte und drückte versuchsweise mit dem Griff meiner Waffe gegen die Zellenhaut. »Tja, wenn ich ein Messer hätte.«
Moses sah beziehungsvoll auf meine Kameras. »Du könntest doch eine davon kaputtschlagen«, erklärte er, »und versuchen, aus dem Metall eine Klinge herzustellen.«
»Meine Kameras zerstören?« schrie ich. »Das vergiß mal ganz schnell wieder, Herzchen! Nur über meine smuffgefüllte Leiche!«
Moses streckte entschuldigend die Arme aus. »Es war ja nur ein Vorschlag, Kid.«
»Na ja, höchstens, wenn es um Leben oder Tod ginge.« Mit einem nachdenklichen Stirnrunzeln sah ich zu den Kameras hinauf. Schon der bloße Gedanke, eine von ihnen opfern zu müssen, bereitete mir das größte Unbehagen. Lieber hätte ich mir den Arm gebrochen, gleich zu welcher Gelegenheit.
»Ich versuche es mit meinem Nunchuck«, sagte ich. »Du gehst besser ein paar Schritte zurück.«
»Warte!« kreischte Moses. »Um Himmels willen! Bring zuerst die Kameras aus dem Weg. Sie bringen vielleicht das ausströmende Gas zum Brennen!«
»Nein, sie sind luftdicht versiegelt«, sagte ich. Ich stand auf, packte beide Griffe am falschen Ende, sank in die Knie und drückte dabei gegen das Material. Die Haut ließ sich leicht eindrücken. Ich preßte mit meinem ganzen Körpergewicht dagegen. Plötzlich riß sie auf, und ich fiel durch den sich rasch öffnenden Schlitz. Nach zehn Metern wurde mein Sturz abgefangen, als ich gegen die nächsttiefere Zelle federte. Heißes Gas strömte zischend um mich herum. Ich bekam einen Hustenanfall. »Tod und Leben, was stinkt das hier!« rief ich mit quiekender Stimme.
»Es ist kein reiner Wasserstoff«, hörte ich Moses von oben rufen. »Riecht irgendwie nach Fäulnis! Ist alles mit dir in Ordnung, Kid?«
Mir blieb keine Zeit zur Antwort. Die Wände der benachbarten Zellen blähten sich auf und kamen mir bedrohlich nahe, während sich die aufgerissene Zelle entleerte. Ich legte mir den Nunchuck um den Hals, und mit einiger Anstrengung und einem kühnen Sprung gelang es mir, eine Ecke der herunterhängenden Haut zu fassen zu bekommen. Hand um Hand zog ich mich an die Oberfläche des Ballons und trat dabei mit den nackten Füßen gegen die vorstoßenden Nachbarzellen.
Nach einigen Augenblicken hatten die Zellen die Grenze ihrer Ausdehnungsfähigkeit erreicht, und übrig blieb dort, wo sich vorher noch eine Zelle befunden hatte, nur ein etwa drei Meter tiefer Schacht. Ich hörte reißende Geräusche, als die festen Nähte zwischen den verbreiterten Membranen sich auf die neue Lage einstellten. Rasch zog ich die Beine hoch, als zwei der inneren Zellmembranen direkt unter meinen Füßen klebrig zueinanderfanden. Ich stand jetzt genau auf dem Grund des Schachts, und sobald ich wieder zu Atem gekommen war, konnte ich von dort ohne größere Mühe an die Oberfläche gelangen. Der Hunger und der Durst hatten mich doch deutlich geschwächt.
Moses Moses näherte sich vorsichtig dem Schachtrand. »Jetzt wissen wir also, was von dieser Idee zu halten ist«, sagte ich.
»Oho, so ganz umsonst war das nun auch wieder nicht«, meinte der Gründer. »Aus der Haut der zerstörten Zelle können wir eine Art Zeltdach über diesem Schacht konstruieren. Zumindest wird uns das vor der Sonne schützen. Anna braucht dringend Schonung für ihre Haut. Nun komm schon raus, Kid, und hilf mir, die Sache in Angriff zu nehmen.«
Immer wieder leicht abrutschend, kletterte ich aus der Grube und half Moses Moses dabei, aus der zerfetzten Haut eine Art Zeltdach zu errichten. Das leichtgewichtige Material fühlte sich in meinen Händen ungewöhnlich feucht und elastisch an. »Ein hübscher Ort zum Verhungern«, sagte ich.
»Unsinn«, entgegnete der Gründer. »Schlimmstenfalls kannst du immer noch dein Gewehr in diese Grube abfeuern. Binnen ein oder zwei Sekunden sterben wir dann völlig schmerzfrei. Außerdem sollten wir die Hoffnung noch nicht sinken lassen. Vielleicht lassen sich hier Vögel zum Nisten oder Schlafen nieder. Ich habe schrecklichen Hunger.
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