Video-Kid
graue Stellen durchzogen sein buschiges blondes Haar.
»Also gut, Vid«, sagte Armbruster geduldig, »du würdest wissen, wann ein Spaß vorüber ist, nicht wahr? Das alles hier bedeutet sehr viel für mich, es ist meine wissenschaftliche Arbeit schlechthin. Du würdest mich nicht stören kommen, wenn nicht ein absolut zwingender Grund vorläge.«
»Professor, bitte!« sagte ich. »Hast du denn noch nicht bemerkt, daß ich nackt bis auf meine Kameras vor dir stehe? Siehst du unseren Sonnenbrand nicht? Hörst du nicht unsere knurrenden Mägen? Großer Gott, jeden Augenblick können wir vor Hunger und Durst zusammenbrechen!«
»Wir befinden uns in einer wirklich verzweifelten Lage, mein Herr«, sagte Moses mit aller Höflichkeit. »Ihre Anwesenheit hier ist ein wirklicher Glücksfall. Wir erbitten von Ihnen Unterstützung, für uns und für unsere Gefährtin. Aber wir haben keinesfalls die Absicht, Sie in irgendeiner Weise zu behelligen, das kann ich Ihnen in aller Aufrichtigkeit versichern.«
Armbruster wirkte verwirrt. »Also gut«, sagte es, »dann muß ich euch wohl in meine Forschungsräumlichkeiten führen. Dort habe ich Wasser und auch einige Medikamente ... Natürlich bin ich nicht auf Besuch eingerichtet, und daher sind meine Räumlichkeiten ... nun, äh …«
»Oh, bitte keine Entschuldigungen, werter Herr«, sagte Moses gewinnend, »die Schuld liegt ganz auf unserer Seite. Lassen Sie mich unsere Gefährtin holen, und dann können wir alle gemeinsam gehen. Wir stehen zu Ihren Diensten.« Er drehte sich um und rannte über die runde, aufgeblasene Landschaft davon.
Armbruster faltete die Arme vor der Brust zusammen und drückte die Zunge von innen in die linke Wange. Es war eine typische Geste für ihn, die die acht Jahre zurückliegende Vergangenheit auslöschte, so als hätte ich ihn gestern erst zum letztenmal gesehen. »Jetzt sind wir allein, Video«, sagte es mit der Geduldsmiene eines Märtyrers. »Du weißt doch, daß ich immer sofort merke, wenn du mir etwas vorflunkerst. Also, warum bist du wirklich hier? Und wieso trägst du keine Kleider?«
Ich wischte seine Zweifel mit einer ungeduldigen Handbewegung beiseite. »Ich habe dir die Wahrheit gesagt, Professor.«
Es blinzelte ein- oder zweimal. »Wirklich? Wie soll ich das glauben? Wie ist es denn dazu gekommen, daß du Schiffbruch erlitten hast? Und was sind das für Leute in deiner Begleitung? Also, heraus mit der Wahrheit, Video. Kannst du deine Hand dafür ins Feuer legen, daß euer Hiersein nichts mit der Akademie zu tun hat? Wirklich rein gar nichts?« Es sah mich scharf an. »Und wenn du nichts mit der Akademie zu tun hast, dann vielleicht deine Freunde? Haben sie nie von mir gesprochen? Haben sie nie Andeutungen gemacht, dich nie darum gebeten, ihnen dabei zu helfen, mich zu finden?«
»Nein, Professor, überhaupt nicht. Glaube mir. Ich bin ehrlich aufs höchste überrascht, dich hier vorzufinden. Wir hatten uns schon fast damit abgefunden, hier den Hungertod sterben zu müssen. Und seit über acht Jahren habe ich nichts mehr von dir gesehen oder gehört. Keine einzige Zeile, nicht einmal ein Flüstern.« Ich sah neugierig zu ihm hinauf. »Hast du denn nichts von mir gehört, Professor? Hast du nie meine Bilder in den Nachrichtenbändern gesehen? Nichts von meiner Kampfkunst mitbekommen? Keinen meiner Artikel in den Journalen gelesen?«
»Ich fürchte, ich hatte in den vergangenen Jahren nie genügend Muße, mir Bänder anzusehen«, sagte Armbruster.
»Ich bin ziemlich bekannt, Professor, man könnte sogar sagen: berühmt.«
»Das freut mich für dich, Vid. Doch, das macht mich froh.«
»Vielleicht hast du von mir unter dem Namen ›Video-Kid‹ gehört. Das sagt dir doch sicher etwas, oder?«
»Ich wünschte, ich könnte es dir bestätigen«, sagte das Neutrum. »Viele Menschen sind mir nicht begegnet in der letzten Zeit, nun, in den letzten sechs oder sieben Jahren. Ich bin nicht oft an der Oberfläche. Eigentlich so gut wie nie. Mein einziger Kontakt zur Außenwelt sind die Berichte an die Akademie. Meine eigenen Bänder eben, na, du weißt schon ... Das sind übrigens sehr hübsche Kameras, die du da hast.«
»Danke, Professor. Glücklicherweise bin ich in der Lage, mir das beste leisten zu können.«
»Ich fürchte, meine letzten Berichte haben möglicherweise ein paar alte Wunden wieder aufgerissen. Der Gestalt-Disput ist eigentlich nie so recht abgeschlossen worden, mußt du wissen. Zumindest nie zu einem für mich
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