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Video-Kid

Video-Kid

Titel: Video-Kid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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und begab sich schwankend zum höchsten Punkt des Ballons. »Ich denke, zwei von uns können gleichzeitig hindurch, wenn wir ein wenig zusammenrücken. Ich versuche, den Luftdruck zu konservieren. Herr Pfingstkamm, möchten Sie zusammen mit mir den Anfang machen?«
    »Es wird mir eine Ehre sein«, sagte Moses rasch. Die beiden Männer zwängten sich durch einen langen Schlitz an der Spitze der Zelle und gelangten in den kleinen Gefügevorraum direkt darunter. Armbruster streckte einen Arm aus, stieß dabei unabsichtlich Moses mit dem Ellenbogen in die Seite und schloß den langen Schlitz. Offensichtlich hatte es daran eine Art Reißverschluß angebracht. Kurz darauf mußte es im Innern einen weiteren Verschluß betätigt haben, denn die schlaffe Hülle des Vorraums blähte sich mit einem Schlag straff auf. Wir hörten, wie es rumpelte und knatterte.
    »Das war es also«, sagte Anna gedankenverloren. »Ich habe dieses Geräusch im Schlaf gehört.«
    »Oh, ich muß noch meine Kamerakontrollen holen«, sagte ich.
    »Nicht nötig«, sagte Anna, »hier sind sie, ich habe sie mitgebracht.« Sie zog meine Kampfjacke aus den voluminösen Falten ihres Ponchos.
    Überrascht nahm ich das Stück aus ihrer Hand. »Das hättest du aber nicht zu tun brauchen. Vielen Dank.«
    Sie lächelte vorsichtig. »Warum denn nicht? Wir können genausogut Freunde statt Feinde sein, nicht wahr?«
    »Selbstverständlich«, stimmte ich ihr zu.
    Aber sie war noch nicht fertig. »Und es ist ebenso leicht, Menschen eine Freude zu machen, wie ihnen weh zu tun.«
    »Du hast aber ein recht positives Bild von unserer Zukunft«, sagte ich. Ich schaltete die Kameras aus, und sie fielen herab; prallten von der blassen straffen Haut und rollten, flogen und schlitterten ein ganz schönes Stück davon. Wir jagten ihnen hinterher und sammelten sie wie reife Früchte ein. Dann öffneten wir die Luftschleuse und glitten in den kleinen Innenraum. Hinter uns schloß ich den Schlitz wieder.
    Anna atmete tief ein. »Hier ist es aber hübsch«, sagte sie fröhlich. »Man kommt sich fast vor wie im Mutterleib.«
    »Davon weiß ich nichts«, sagte ich, »so etwas habe ich nie kennengelernt.« Ich öffnete den Reißverschluß in dem straffen Material unter uns. Luft strömte zu uns herein. Man konnte sie sehr gut atmen. Ich steckte den Kopf durch den Schlitz.
    Der rührige Armbruster war durch alle Zentralzellen im Ballon gestoßen, hatte den Wasserstoff ausströmen lassen und ihn durch eine nach Fisch riechende, leicht abgestandene Luft ersetzt. Ich hatte keine Ahnung, wie er das bewerkstelligt haben mochte, während der Ballon sich noch unter Wasser befand.
    Armbruster und Moses waren bereits gut zehn Meter auf einer langen und schwankenden Seilleiter nach unten gestiegen. Das Oberteil der Leiter war fest und sicher an einem langen Stück Zellhaut angeklebt. Seitlich befestigte Stricke verbanden die Leiter alle acht bis neun Meter mit benachbarten Zellen und bewahrten sie so davor, zu heftig zu schwanken.
    Die Leiter selbst war etwas verdreht und wirkte wie eine DNS-Kette. In bestimmten Abständen waren in diesem äußerst langen Zentralschacht Sicherheitsmembrane angebracht, die, ebenfalls mit Luftschleusen versehen, unseren Abstieg immer wieder zeitweise blockierten. Offensichtlich waren sie dazu vorgesehen, bei unvorhergesehenen Unfällen das Entweichen der Luft aus dem ganzen Schacht zu verhindern. Davon abgesehen boten sie sich als ausgezeichnete Plätze zum Ausruhen, Ausschwitzen und sich Ausbreiten an.
    Ich schaltete die Kameras in dem Augenblick wieder ein, als Anna und ich uns an den Abstieg machten. Die Heilige machte den Anfang, und ich ließ sie gewähren, denn sie hatte darauf bestanden. Nachdem ich etwa zwölf Meter hinuntergeklettert war, wurde der Schmerz in meinen zerschlagenen Muskeln einfach zu groß, und ich nahm etwas Smuff ein. In meinem Kopf entstand unmittelbar darauf ein Summen. Doch nach wenigen weiteren Sprossen konnte ich mich nicht mehr halten. Schreiend stürzte ich, hätte dabei fast Anna von der Leiter gerissen und sauste nur knapp an Armbruster und Moses vorbei. Ich prallte auf die erste Sicherheitsmembran, die tief unter meinem Aufprall einsank, dann rasch zurückschnellte und mich hoch in die Luft schleuderte. Einige kleinere Folgestöße waren nötig, bis ich auf Händen und Füßen und mit völlig geleertem Magen wieder Halt fand. Meine Kameras, die ruhig durch die Luft segelten, fanden mich zu etwa diesem Zeitpunkt wieder, und ich

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