Viel Laerm um Stratfield
wahr?"
Chloe ging nicht auf seine Drohung ein. Irgendwann innerhalb der letzten zwanzig Minuten hatte die Situation eine drastische Wende genommen. Ihm war die Kontrolle entglitten. Jetzt hatte sie die Oberhand. Sie konnte aus dem Zimmer schlendern und Hilfe holen. Oder ihren Erpresser sogar mit Strümpfen fesseln und ihn nach Herzenslust demütigen.
Seine Augen fielen zu. Er sah sehr schlecht aus. Sie ging rückwärts von ihm weg und hob die Hand an den Türknauf. Was für ein arroganter Rohling. Ein armes, verwundetes Tier, das vor Elend schrie. Ob es ihm nun bewusst war oder nicht, sie war nicht mehr seine Gefangene. Er war jetzt in ihrer Gewalt.
7. KAPITEL
Chloe starrte die wandernden Schatten an der Decke an, bis die Dunkelheit der Nacht der Morgendämmerung wich. Was würde geschehen, wenn sie sich weigerte, ihm zu helfen? Nicht nur ihr, sondern ihm? Das Grübeln über die verschiedenen Möglichkeiten, die allesamt beängstigend waren, hielt sie wach. Obwohl sie sich über sein Verhalten ihr gegenüber ärgerte, konnte sie einem Aristokraten, der so gelitten hatte wie er, nicht die kalte Schulter zeigen. Selbst wenn er sich selbst hineingeritten hatte.
Vor nicht allzu langer Zeit war er noch ein respektabler Vertreter der Spezies Mensch gewesen. Ihre Brüder hatten ihn gemocht. Er hatte sie aus einer schlammigen Pfütze befreit, und auch wenn er sich an jenem Nachmittag nicht wie ein echter Gentleman verhalten hatte, war sein Benehmen doch auch ganz sicher nicht das eines verzweifelten Mannes gewesen, der eine Frau mit vorgehaltener Waffe auf ein Bett werfen würde.
Sie setzte sich in eben diesem Bett auf. Kein Wunder, dass sie nicht einschlafen konnte. Er hatte auch nicht geschlafen. Das wusste sie, nachdem sie mindestens ein Dutzend Mal bei ihm hereingeschaut hatte. Jedes Mal hatte sie gehofft, er wäre verschwunden und hätte sie so davor bewahrt, weitere Entscheidungen treffen zu müssen. Der Anblick der großen, männlichen Gestalt, die auf ihrer Unterwäsche ausgebreitet dalag, verursachte jedes Mal schlagartig ein gewaltiges Flattern in ihrer Magengegend.
Ein Teil von ihr wollte nach unten rennen wie ein sittsames junges Fräulein, solange sie es konnte. Ein stärkerer Teil, der Teil von ihr, der sie immer wieder in Schwierigkeiten brachte, wollte ihn schützen.
Bis er die Augen öffnete. Sein Blick schien das Dunkel zu durchdringen. Was Chloe dabei fühlte, war weder leicht einzuordnen noch leicht zu beherrschen. Irgendetwas an der Art, wie er sie ansah, entfachte in ihrem Inneren ein Feuer, das sie zu verbrennen drohte.
Nun ging sie erneut zum Ankleidezimmer und öffnete leise die Tür. Sie bereitete sich auf das Schlimmste vor.
„Chloe." Er signalisierte ihr mit einer Handbewegung, näher zu kommen.
Sie zögerte. Dieser Aufforderung zu folgen erschien ihr ungefähr so sicher, wie an die Seite eines verwundeten Wolfes zu treten. Sie wollte nicht seine letzte Mahlzeit werden.
„Was ist?", flüsterte sie und starrte seine nackte Brust an. Irgendwann in dieser Nacht hätte er sein Hemd ausgezogen und die Decke abgeworfen, die sie über ihn gelegt hatte.
Die rechte Seite seines Oberkörpers sah aus wie das Abbild des vollkommenen Mannes, sehnig, glatt und muskulös. Die linke Seite hingegen war von entzündeten Wunden und kaum vernarbtem Gewebe entstellt. Wie konnte ein Mensch einem anderen so etwas antun? Hatte er selbst irgendetwas Schreckliches getan, um das zu verdienen?
Er runzelte die Stirn. „Wie spät ist es?"
„Beinahe fünf. Wenn Sie hoffen, ungesehen davonzukommen, sollten Sie besser in den nächsten Minuten aufbrechen. Danny geht früh mit den Pferden hinaus, und ... "
Sie brach ab. Das leise Hufgeklapper von der Weide war auf dem schlafenden Anwesen gut zu hören. Bis zum Einbruch der Dunkelheit gab es für ihn also keine Möglichkeit mehr, ungesehen zu entkommen.
„Was soll ich jetzt mit Ihnen anstellen?", murmelte sie.
Er verzog den Mund zu einem grimmigen Lächeln, während er sich, an die Truhe gelehnt, versuchte aufzusetzen. Das Teleskop lag auf seinem Schoß. „Sie können mir frisches Wasser zur Verfügung stellen. Wenn sich später am Tag die Gelegenheit ergibt, können Sie mich rasieren und mir all die Dinge besorgen, die ich benötige. Ich habe eine Liste gemacht."
Sie blickte ihn entgeistert an. „Sie rasieren?"
„Ja, mich rasieren, richtig. Und damit meine ich nicht, dass Sie mir bei der ersten Gelegenheit die Kehle aufschlitzen.
Bitte schließen Sie
Weitere Kostenlose Bücher