Viel Rummel um Nichts
mitfühlend. Am liebsten wäre Armstrong immer nur mit kleinen Problemen konfrontiert worden, die man leicht lösen konnte. Auch Narrisch hatte im Laufe seiner persönlichen Entwicklung längere Zeit gebraucht, um zu begreifen, dass es im Leben nicht immer auf diese Weise zuging. Mit ein wenig Glück würde auch sein Leutnant zu dieser wichtigen Erkenntnis gelangen, bevor er ein eigenes Kommando antrat. In dem Glauben durchs Leben zu gehen, man könne alle Grautöne der Welt einfach ignorieren, war eine Sache; doch war es etwas völlig anderes, wenn ein Kommandant aufgrund dieser Bequemlichkeit Leben und Sicherheit der eigenen Leute aufs Spiel setzte. Armstrong indes lernte beharrlich dazu, und auch wenn er dafür ein wenig länger brauchte als nötig, war bei ihm längst nicht alle Hoffnung verloren.
Die beiden Offiziere stürmten durch die Tür zur Kommunikationszentrale. Mutter warf ihnen einen panikerfüllten Blick zu und duckte sich dann hinter ihr Schaltpult. »Guten Morgen, Mutter«, sagte Narrisch. Wie immer war ihre Antwort unhörbar.
Narrisch stieß einen Seufzer aus und schritt auf Tür zu, die zum Vorzimmer seines Büros führte. In letzter Zeit verfolgte er Mutter gegenüber eine andere Taktik: Er verhielt sich in ihrer Gegenwart so, als sei alles vollkommen normal; Narrisch hoffte, sein Verhalten würde sie nach und nach davon abbringen, sich immer wieder in ihr Schneckenhaus zurückzuziehen, wenn sie jemandem Auge in Auge gegenübertrat. Ob dieser Plan aufging, blieb noch abzuwarten.
Als er sein Büro betrat, blinkte das Lämpchen seines Tischkommunikators. Er nahm das Gespräch entgegen.
»Ja, Mutter?«
»Hallo, Honigbrötchen, ich dachte schon, Sie würden das Lämpchen niemals bemerken«, tönte die kecke Stimme aus dem Lautsprecher. Nun, da Mutter dem Kompaniechef nicht mehr ins Gesicht blicken musste, war ihr Tonfall frech wie immer. »Ich hatte Besuch von ein paar Leuten, die Sie sprechen wollten. Ich hab aber keine Ahnung, was sie wollten. Ich gehe mal davon aus, Sie haben immer noch kein Interesse, mit diesen verflixten IFB-Agenten zu reden.«
»Das stimmt, Mutter«, antwortete Narrisch. »Was haben Sie den Agenten gesagt?«
»Ihr Terminkalender sei für heute Morgen bereits voll, und sie sollen es später noch einmal versuchen - in ungefähr zehn Jahren von heute an. Ich hab damit noch nicht mal allzu sehr gelogen, Herzblättchen. Schließlich haben Sie sich nicht gerade viel Zeit dafür reserviert, die Kompanieverlegung zu organisieren.«
»Wir werden schon rechtzeitig bereit sein«, entgegnete Narrisch. »Und mit ein wenig Glück kann ich die IFB so lange vertrösten, bis wir die Raumstation verlassen haben. Das verschafft Beeker Zeit, meine Steuerunterlagen zu bearbeiten. Was steht heute sonst noch auf dem Programm?«
»Noch eine kleine Gruppe Zivilisten, die sehnsüchtig darauf wartet, Sie zu sprechen«, antwortete sie. »Sie werden den Haufen lieben - alle drei sehen aus, als hätte man sie von der Charme-Schule geschmissen. So benehmen sie sich auch. Wollen Sie wissen, wie die drei heißen?«
»Es sind drei, sagen Sie?« Auf einmal war Narrischs Interesse geweckt. »Sicher, nennen Sie mir ihre Namen.«
»Okay, Süßer.« Narrisch wartete kurz, während Mutter die Notiz mit den Namen der Besucher heraussuchte. »Steinschleifer Johnson, Joe die Klinge und Asteroiden-Annie. Sie sagten, dass sie den Renegades-Schwebemotorradclub repräsentieren. Soll ich sie abwimmeln?«
Narrisch setzte sich im Stuhl aufrecht. »Nein, schicken Sie die drei unbedingt herein«, sagte er und war plötzlich munter. »Doch stellen Sie mich bitte zunächst zum Versorgungslager durch. Ich glaube, der Zeitpunkt ist endlich gekommen, ein weiteres unserer ungelösten Probleme zu bewältigen.«
»Also, Feldwebel, was tun, wenn diese Renegadesburschen auftauchen?« Zenso spähte durch den Spalt in der Spanplatte, mit der Schokoladen-Harry den Eingang zum Kasinofrachtdock vernagelt hatte, das nunmehr als Versorgungslager der Omega-Kompanie diente. Vor dem Lager sah alles aus wie zuvor.
»Wir treten sie in den Arsch«, tönte Louies Translatorstimme. Der Sinthianer schwang drohend seine automatische Schrotflinte, als erwarte er sehnlichst den drohenden Entscheidungskampf.
»Wir pusten sie weg.«
»Du hast leicht reden«, sagte Schokoladen-Harry. »Dummerweise reicht es nicht ganz, die Vorboten der Renegades wegzupusten. Wenn wir die drei erledigt haben, kommen die nächsten - und danach noch mehr.
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