Viel Trubel um Sam
Jungen wirklich ein Fahrrad zu Weihnachten schenken?”
“Sicher.” Sam zuckte mit den Schultern.
“Aber warum?”
“Warum nicht?” Ihre Blicke trafen sich.
“Das kostet ziemlich viel Geld und bedeutet auch einige Mühe. Warum ausgerechnet dieser Junge?”
“Er hat erzählt, dass sein Vater abgehauen ist. Seine Mutter kann es sich nicht leisten, Weihnachten zu feiern. Er hat mir leid getan. Ist das ein Verbrechen?”
Sam schien sich irgendwie angegriffen zu fühlen. Aber ihr konnte er nichts vormachen. Sie wusste, dass er seine weiche Seite nur nicht zeigen wollte. Wie die meisten Männer. Sie hatten Angst davor, verletzlich zu sein.
“Darf ich Ihnen eine persönliche Frage stellen?”
“Solange ich sie nicht beantworten muss.”
“Wieso arbeiten Sie als Weihnachtsmann? Ich meine, irgendwie sind Sie nicht der Typ dafür.”
Sam lehnte sich zurück und legte einen Arm auf die Stuhllehne. Dann kniff er die Augen zusammen und grinste schelmisch wie ein sehr ungezogener Junge. “Wollen Sie das wirklich wissen?”
Edie nickte.
“Auch wenn es nicht gerade das beste Licht auf mich wirft?”
Er wollte ihr die Wahrheit sagen! Sie gab ihm noch ein paar Punkte mehr wegen seiner Ehrlichkeit. “Ja.”
“Das Gericht hat mir Sozialstunden aufgebrummt”, erklärte er.
“Sie haben ein Verbrechen begangen?”
Er nickte, zwinkerte ihr zu und wirkte auf einmal in diesen dunklen Klamotten sehr gefährlich.
“Was um Himmels willen haben Sie getan?”, flüsterte sie. Ihr Herz klopfte wie wahnsinnig, während sie mit angehaltenem Atem auf seine Antwort wartete.
“Ich habe mir unerlaubt ein Auto geliehen.” Sam wählte die offizielle Version, die Chief Timmons auch Mr. Trotter erzählt hatte.
Das war ja auch nicht wirklich gelogen. Letzten Monat hatte er sich den Wagen des Oberbürgermeisters ausgeliehen, um einen Drogendealer zu verfolgen. Sein Pech, dass die rasende Verfolgungsjagd in einem Benzintankwagen endete und der Lexus dabei in die Luft gejagt wurde.
“Sie haben ein Auto gestohlen?” Edie starrte ihn an.
Es gefiel ihm gar nicht, ihr Bild von ihm derart zu erschüttern. Warum ihm allerdings ihre Meinung wichtig war, wusste er auch nicht so genau. “Nun, ich hatte eigentlich vor, das Auto wieder zurückzugeben. Sagen wir so, ich wollte einfach eine kleine Spritztour machen.”
“Das ist ja nicht so schlimm.”
“Dann habe ich es aber … sozusagen aus Versehen … zu Schrott gefahren.”
“War es ein teurer Wagen?”
“Sechzigtausend Dollar.”
Edie zuckte zusammen.
“Tja.”
“Warum haben Sie das getan?” Sie beugte sich nach vorne, so fasziniert von seiner Geschichte, dass sie ihr Kirschtörtchen total vergessen hatte.
“Aus Langeweile, schätze ich. Das Gericht hat mir die Wahl gelassen. Sechzig Tage Gefängnis oder das Auto bezahlen und einhundertzwanzig Stunden lang den Weihnachtsmann spielen. Fiel mir nicht schwer, mich zu entscheiden.”
Edie schüttelte den Kopf. “Aber warum haben Sie überhaupt das Auto gestohlen? Sie haben doch alles, was man braucht – gutes Aussehen, Charme und Intelligenz. Warum setzen Sie ihre Zukunft für eine Spritztour aufs Spiel? Und das auch noch in Ihrem Alter”, schimpfte sie. “Bei einem dummen Teenager wäre das ja etwas anderes.”
Sie hatte so einen bestimmten Ausdruck in ihren Augen. Denselben, den er gelegentlich bei seiner lieben alten Tante Polly entdeckt hatte, nachdem sie ihr Leben als Missionarin im Südpazifik aufgegeben hatte, um zu Hause in Amerika für ihn zu sorgen.
Der inbrünstige Blick einer Heiligen, die einen Sünder retten will.
“Und wie hat Ihre Frau diese Nachricht aufgenommen?”, fragte sie.
Er grinste amüsiert. Also war die Anziehung, die er spürte, nicht einseitig. Er hatte das schon vermutet, als sie sich küssten. Und jetzt versuchte sie, seinen Familienstand herauszufinden. “Diesen speziellen Fehler habe ich nie gemacht”, erwiderte er gedehnt und rief sich ins Gedächtnis, dass er auch künftig keinen Fehler machen durfte, nur weil sie spezielle Gefühle in ihm weckte.
“Sie halten Heiraten also für einen Fehler?”
Beinahe hätte er geantwortet, wenn es Polizisten beträfe, dann ja, aber er biss sich gerade noch rechtzeitig auf die Zunge. “Die Scheidungsrate liegt bei fünfzig Prozent.”
“Das bedeutet aber auch, dass es bei fünfzig Prozent funktioniert”, entgegnete sie.
“Das stimmt.” Edie gehörte zu denen, für die das Glas immer halb voll und nicht halb leer ist, keine
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