Viel Trubel um Sam
schluchzten noch heftiger.
“Ich nehme Sie Ihnen ab.” Die Mutter befreite ihn von seiner Last.
Diese junge Frau hatte seine volle Bewunderung. Dass sie sich traute, einen Tag nach Thanksgiving mit zwei achtzehn Monate alten Babys im Schlepptau alleine ein Kaufhaus zu betreten! Sie verstaute die Kleinen in ihrem Kinderwagen und ging dann zu Edie, um für die Fotos zu bezahlen.
Trotz seiner guten Vorsätze, Edie nicht ständig anzustarren, ertappte er sich doch immer wieder dabei, wie er Edies wohlgeformte Schenkel betrachtete, die so verführerisch von den grasgrünen Strumpfhosen umhüllt wurden. Sie trug eine rote Tunika, die ihren ebenfalls wohlgeformten Hintern kaum bedeckte.
Lass das, Stevenson, schalt er sich selbst. Du darfst nichts mit ihr anfangen, egal wie verlockend ihr Anblick ist. Halte dich von Frauen fern, mit denen du zusammenarbeitest. Oder hast du Donna Beaman vergessen?
Wie hätte er Donna vergessen können? Damals war es seine Aufgabe gewesen, das langbeinige Supermodel zu beschützen, das nach einer Aussage in einem Mordprozess Todesdrohungen erhalten hatte.
Sie hatte ihn verführt, er hatte sich überschwänglich in diese Affäre gestürzt und versucht, sich zu ändern, nur um ihr zu imponieren. Das ging sogar so weit, dass er politische Aufgaben übernommen, Smoking getragen und Rhetorikkurse besucht hatte. Als Donna ihn schließlich für einen polospielenden Millionär verließ, war Sam am Boden zerstört.
Diese Erfahrung hatte zu dem Entschluss geführt, dass er sich erstens niemals mehr mit Kolleginnen, Zeuginnen oder Informantinnen einlassen wollte, und zweitens mit niemandem, der ihn nicht um seinetwillen akzeptierte, mit all seinen Fehlern.
Und doch konnte er seine Augen nicht daran hindern, umherzustreifen. Gut, die Speisekarte durfte man sich ja schließlich anschauen, solange man nichts bestellte.
Sam neigte den Kopf und bewunderte die Art und Weise, wie der breite schwarze Gürtel sich an Edies schmale Taille schmiegte. Die verstohlenen Blicke auf diese reizende Elfe machten seinen Job wenigstens einigermaßen erträglich.
“Sie hat einen hübschen Po, oder, Weihnachtsmann?”
Was? Sam musterte das Kind, das als Nächstes an der Reihe war.
Der Junge war ungefähr acht Jahre alt und hatte einen zynischen Ausdruck in seinem sommersprossigen Gesicht. Er lehnte sich ziemlich großspurig gegen das dicke rote Seil, die Arme vor der Brust verschränkt, die Beine weit gespreizt, das trotzige Kinn hoch in die Luft gereckt. Weit und breit war nichts von seinen Eltern zu sehen.
Oje.
Sam kannte diese widerspenstige Haltung von sich selbst zu gut, um sofort zu wissen, dass dies hier ein Problem werden konnte. Vor zwanzig Jahren war er derjenige gewesen, der sich in der Schlange angestellt hatte, um den Weihnachtsmann zu ärgern. Toll, wenn man später seine Sünden so wieder aufgetischt bekam.
“Bist du nicht noch etwas zu jung, um so was zu sagen?”, fragte Sam trocken und versuchte, sich mental in das Alter des Jungen zurückzuversetzen.
Immer wenn er selbst sich abscheulich benommen hatte, dann hatte er es nur getan, weil er mehr Aufmerksamkeit wollte. Es war hart gewesen, ohne Vater und mit einer Mutter aufzuwachsen, die zwei Jobs hatte, um überleben zu können. Als seine Mutter dann an Nierenversagen starb, war er zwölf Jahre alt. Wütend auf die Welt, hatte er begonnen, zu klauen und mutwillig Dinge zu zerstören, um seinen Schmerz zu betäuben.
Er hatte sich nach Disziplin gesehnt, und da war Tante Polly aufgetaucht, hatte ihn adoptiert und ihn vor sich selbst gerettet. Doch sosehr er sich auch bemüht hatte, es ihr recht zu machen, es war ihm nie wirklich gelungen. Nachdem seine Mutter gestorben war, hatte ihn niemand mehr bedingungslos geliebt.
Sam winkte dem Jungen zu. “Komm mal her.”
Das Kind schüttelte den Kopf. “Auf keinen Fall. Sie sind bestimmt irgend so ein alter Perversling.”
“Ich bin der Weihnachtsmann, mein Junge.”
“Es gibt keinen Weihnachtsmann. Sie sind ein Betrüger. Ich könnte das beweisen, indem ich Ihnen den Bart abreiße.” Blitzschnell sprang der Junge über das Seil auf den Sperrholzschlitten. Sam packte ihn am Handgelenk, bevor er an dem unechten Bart ziehen konnte.
Dann blickte er dem Jungen fest in die Augen. “Ich vermute, der Weihnachtsmann hat dir letztes Jahr nicht viele Geschenke gebracht.”
Der Junge sah überrascht aus. “Es gibt keinen Weihnachtsmann.”
“Da täuschst du dich.”
“Ach ja? Warum habe ich
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