Viel zu lange her
zu.
Natürlich konnte Tessa nicht schlafen.
Den ganzen Abend über war sie schon von Fragen und Erinnerungen gequält worden. Sobald sie im Bett lag, stürmten sie erst recht auf sie ein. Was war Isaac bloß eingefallen, ausgerechnet jetzt zurückzukommen? Und was war der wahre Grund? Hatte er von der Hochzeit gehört? Wie Rosalind schon gesagt hatte, war es einfach ein zu großer Zufall, dass er ausgerechnet heute aus geschäftlichen Gründen in Townsville auftauchte.
Er war selbstbewusster als früher. Vermutlich hatte das etwas mit dem Erfolg zu tun. Erfolg im Beruf und in der Liebe.
Tessa rollte sich auf den Bauch und versuchte, die quälenden Gedanken auszuschalten. Dafür musste sie nur tief durchatmen und sich entspannen. Doch die verlockenden Bilder ließen sich nicht vertreiben. Isaac lag ganz in ihrer Nähe in seinem Bett. Schlief er ruhig, oder erinnerte auch er sich? Wie hatte er sich heute gefühlt, als er sich dem Haus genähert hatte, das sieben Jahre lang sein Heim gewesen war?
Sie stellte sich vor, wie er minutenlang in seinem Wagen saß und das Haus betrachtete, ehe er die geschwungene Sandsteintreppe hinaufstieg, neben der leuchtend bunte Bougainvilleen wuchsen. Mit seinen langen Beinen nahm er jeweils zwei Stufen auf einmal. Erging es ihm dabei wie ihr, dass er im Näher kommen ein lachendes Mädchen mit goldblonden Haaren und einen hoch gewachsenen dunkelhaarigen Jungen mit finsterer Miene vor sich sah?
Erinnerte er sich auch an die „Antares”, als er auf die Terrasse trat und unter sich die blaue Cleveland Bay und die Masten im Bootshafen sah? Ihr wurde heiß, wenn sie daran dachte, was für ein leidenschaftliches Paar sie gewesen waren. Sie selbst war damals neunzehn gewesen, er ein Jahr älter. Auf der Jacht der Familie hatten sie sich gegenseitig mit der ganzen Leidenschaft junger Liebe verführt.
Es war eine unvergessliche Zeit gewesen.
Isaacs Haut war warm von der Sonne gewesen, wenn Tessa das Gesicht gegen seine Brust gedrückt hatte. Noch jetzt fühlte sie seine Lippen auf ihrem Mund und den Druck seiner Arme.
Und sie hatte nicht vergessen, wie verlangend er sie betrachtet und wie sehr sie sich nach ihm gesehnt hatte.
Paul Hammonds ernstes Gesicht tauchte vor ihr auf. Sie durfte nicht länger an Isaac denken, sonst konnte sie gar nicht schlafen. Vielleicht hatte ihre Mutter Kamillentee im Haus.
Tessa stand auf und ging leise in die Küche. Zum Glück besaß der Vorratsschrank eine Innenbeleuchtung, so dass sie den Tee fand, ohne die Deckenlampe einschalten zu müssen. Sie ließ die Schranktür offen, um genug zu sehen, während sie sich eine Tasse nahm und das Wasser im Kessel erhitzte.
Sie hängte zwei Teebeutel in eine kleine Teekanne, die sie mit der Tasse auf die mondbeschienene Terrasse trug. Im Freien war es so kühl, dass Tessa froh war, einen warmen Pyjama angezogen zu haben. Sie setzte sich in einen Regiestuhl und hoffte, das silbern glitzernde Meer und die fernen Lichter von Magnetic Island würden sie beruhigen.
„Ich nehme das Gleiche wie du.”
„Lieber Himmel!”
Isaac saß ganz in ihrer Nähe in der Dunkelheit und lächelte ihr zu. „Ich hole mir nur eine Tasse”, sagte er ganz ruhig, während Tessas Herz heftiger als je zuvor schlug.
Unglaublich! Fand sie denn im Haus ihrer Eltern keine Ruhe mehr?
Als Isaac mit der Tasse zurückkehrte, versuchte Tessa, nicht seinen Körper in einer schwarzen Shorts und einem hautengen schwarzen T-Shirt anzustarren. „Du trinkst Kamillentee?” fragte sie.
Wie konnte sie überhaupt an Tee denken, wenn er doch so hinreißend maskulin aussah?
Abgesehen von den verborgenen Talenten, die Isaac erwähnte, hatte er auch einen sagenhaften Körper entwickelt. In den vergangenen neun Jahren hatte er eindeutig hart trainiert. Die Muskeln an Brust und Armen waren stärker als früher ausgeprägt. Durch das Leben im Freien hatte seine von Natur aus braune Haut einen dunkleren Ton angenommen. Tessa musste sich zwingen, den Blick von ihm abzuwenden.
„Kamillentee?” Isaac lächelte amüsiert. „Ich probiere alles einmal aus.”
Tessa füllte den Tee in die Tassen. „Ich finde, dass man dann besser schlafen kann. Seit einiger Zeit trinke ich nur noch Kräutertees und habe immer eine große Auswahl zur Hand.”
„Es gibt bestimmt bessere Möglichkeiten, dich müde zu machen, Tess”, sagte er leise und rückte mit seinem Stuhl näher.
Tessa ärgerte sich, weil sie fühlte, wie sie rot wurde. „Ist dir nicht kalt? Wir
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