Viel zu lange her
haben Winter.”
„Die Menschen in den Tropen wissen gar nicht, was Winter ist.” Lächelnd betrachtete er ihren bis zum Hals zugeknöpften rosa Flanell-Pyjama mit den langen Ärmeln und der langen Hose.
„Sag jetzt bloß nicht, dass du damit auf Hochzeitsreise gehst.”
„Natürlich nicht”, erwiderte sie hastig und stellte sich vor, wie Isaac sie in dem eleganten Neglige aus Seide und Spitze betrachten würde.
„Diese Gewohnheit hast du nicht abgelegt”, bemerkte er.
„Welche Gewohnheit?”
Er hielt ihre Hand fest. „Du spielst noch immer mit deinem Haar, wenn dich etwas nervös macht.”
Sie zog die Hand ruckartig zurück, war jedoch von seiner Nähe fasziniert. Und sie konnte den Blick nicht von ihrem hellen Haar auf seiner dunklen Haut abwenden, als er die Locke um seine Finger wickelte.
„Gesponnenes Gold”, flüsterte er. „Erinnerst du dich, wie ich drohte, dir eine Locke abzuschneiden, wenn du weiter damit spielst?”
„Du hast sie mir abgeschnitten”, erwiderte sie ebenfalls flüsternd. „Ich war sechzehn. Es hat Ewigkeiten gedauert, bis das Haar nachwuchs.”
„Stimmt.” Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt, während er ihr Haar betrachtete und es plötzlich losließ.
„Ich … ich gehe mit meinem Tee in mein Zimmer”, sagte sie stockend. Jetzt brauchte sie mehr als Kamillentee, um sich zu entspannen.
„Da wir gerade von Schlafzimmern sprechen”, sagte Isaac, bevor sie aufstehen konnte.
„Das haben wir nicht getan”, wandte sie ein.
„Es hat mich sehr überrascht, dass mein altes Zimmer unverändert war. Ich hatte damit gerechnet, dass Rosalind es längst anders eingerichtet hat.”
Tessa zuckte die Schultern. Ob Isaac erriet, dass sie ihre Mutter gebeten hatte, nichts anzurühren? Es war unsinnig gewesen, aber sie hatte gehofft, Isaacs Gefühle für sie erhalten zu können, wenn in seinem Zimmer nichts verändert wurde.
Also stand der Schreibtisch aus Eiche noch vor dem Fensterbrett mit den Fossilien aus dem Meer. Sogar sein getrockneter Seestern und andere Meerestiere waren noch vorhanden.
„Ich nehme an”, sagte sie, „dass die Sammlung aus dem Meer in deinem Leben keine Bedeutung mehr hat.”
„Nein”, erwiderte er und trank einen Schluck. „Ich habe dem Meer im wahrsten Sinn des Wortes den Rücken gekehrt und mich auf das Festland konzentriert. Auf die Eingeweide der Erde, könnte man sagen.”
„Es gefällt dir drüben in Western Australia?”
„Ich war dort erfolgreich”, erwiderte er seufzend. „Sofern man Geld als Maßstab für Erfolg nimmt.” Er blickte in seine Tasse. „Einige Teile dieses Staates sind großartig. Die Region Kimberley fasziniert mich. Das ist eine der wildesten Gegenden der Welt. Die Minen von Western Australia unterscheiden sich allerdings völlig von der Küste von North Queensland. Der Aufenthalt dort hat mir das Vergessen leichter gemacht.”
Tessa fiel fast die Tasse aus der Hand. „Das Vergessen?” flüsterte sie. „Du wolltest das alles hier vergessen?”
„Es ist doch nur logisch, dass man sich nicht an unangenehme Erinnerungen klammert, oder?”
Unangenehme Erinnerungen! Wie konnte er das sagen? Sie hatte sich um jemanden gegrämt, der nichts weiter wollte, als nicht mehr an sie zu denken!
Tessa richtet sich auf. Tränen traten ihr in die Augen. „Das ist absolut logisch”, bestätigte sie.
„Ich habe jedenfalls die Vergangenheit hinter mir gelassen.”
„Wo sie auch hingehört”, erwiderte er leise und grimmig. „Du hast dich gut gemacht, Tessa. Du hast eine berufliche Laufbahn geschaffen und einen Ehemann ausgesucht. Und jetzt häufen sich die schönsten Hochzeitsgesche nke im Haus.”
Wie schaffte er es, dass Tatsachen so beleidigend klangen? Wenn sie noch länger blieb, konnte sie die verräterischen Tränen nicht mehr zurückhalten.
Tessa sprang auf. „Wenn du wieder fortgehst”, sagte sie so lässig wie möglich, „solltest du die alte Lampe mitnehmen, die du aus Muscheln gemacht hast.” So schnell, dass er nicht antworten konnte, eilte sie ins Haus.
3. KAPITEL
Noch drei Tage …
Gegen Morgen fiel Tessa endlich in einen unruhigen Schlaf und erwachte wieder von Schritten vor dem Zimmer. Ganz langsam kam sie zu sich und erinnerte sich schlagartig an die letzte Nacht.
Und an Isaac. Stöhnend zog sie das Kissen über den Kopf.
Sie wollte diesen Tag nicht beginnen.
Es ist schon Mittwoch, tröstete sie sich. Nur noch drei Tage bis zur Hochzeit. Jetzt war sie dankbar,
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