Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Viel zu lange her

Viel zu lange her

Titel: Viel zu lange her Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Hannay
Vom Netzwerk:
Mund nicht zu, und Tessa fühlte, wie sie rot wurde.
    Sie hatte alle in eine peinliche Situation gebracht.
    Isaac hatte sie durch nichts ermutigt. Sie hatte sich ihm an den Hals geworfen. Das war unverzeihlich. Und Paul hatte diesen Betrug nicht verdient.
    Sie dagegen verdiente dieses schreckliche Schamgefühl. Sie verdiente auch Pauls geschockte Miene. Was sie nicht verdiente, war Isaacs Rettung aus dieser Lage.
    „Du musst mir schon verzeihen, Paul”, sagte er und klopfte ihm auf die Schulter. „Ich habe Tessa zum Essen eingeladen und sie zu einem Champagnercocktail um der alten Zeiten willen überredet. Dabei hätte ich nach ihrem gestrigen Schwächeanfall wissen müssen, dass ihr der Alkohol sofort zu Kopf steigt.”
    Paul entspannte sich etwas. „Tessa trinkt normalerweise so gut wie nichts.”
    „Stimmt”, bestätigte Isaac. „Das sagte sie mir auch, aber ich habe trotzdem darauf gedrängt.
    Alles war in Ordnung, bis sie aufstand und sich nicht gerade halten konnte.”
    „Aber jetzt geht es wieder, danke, Isaac”, sagte Tessa, trat zurück und lächelte ihrem Verlobten schwach zu. „Willst du hier essen, Paul?” fragte sie und stellte erleichtert fest, dass er endlich den Mund geschlossen hatte.
    „Ja. Ich bin mit Kollegen hier.” Er deutete zu einem Tisch, an dem einige Männer in grauen Anzügen, wie er auch einen trug, saßen. „Kannst du denn wieder arbeiten, Tessa?” fragte er, holte die Brille aus der Brusttasche und betrachtete sie, als suchte er nach Beweisen für ein Verbrechen.
    Womöglich wollte er gleich an ihrem Atem riechen. „Du wirkst erhitzt, meine Liebe.”
    „Ich … es geht mir wieder gut, danke, Paul”, erwiderte sie, obwohl das absolut nicht stimmte.
    „Ich muss zurück. Ich bin schon zu lange weg.”
    „Ja”, meinte Paul geringschätzig. „Bestimmt musst du da etwas sehr Wichtiges machen, zum Beispiel auf die lieben Kleinen aufpassen, während sie ihr Nickerchen machen.”
    Tessa befand sich absolut nicht in der Lage, an Pauls bissiger Bemerkung Anstoß zu nehmen.
    „Kommst du heute Abend zum Essen?” fragte sie höflich. „Meine Großmutter trifft heute Nachmittag aus Sydney ein. Sie würde sich bestimmt freuen, dich noch vor der Hoch… vor Samstag wieder zu sehen.”
    „Ich möchte sie auch sehen.” Paul drückte ihr einen Kuss auf die Wange. „Bis heute Abend, meine Liebe. Guten Tag, Isaac.” Er nickte beiden zu und kehrte an seinen Tisch zurück.
    Tessa bemühte sich um einen aufrechten und energischen Gang, doch für andere sah es eher nach Wanken aus, als sie neben Isaac die Terrasse verließ. Falls Paul sie jetzt beobachtete, überzeugte sie ihn bestimmt davon, dass sie einen Schwips hatte. Isaac hielt sie vermutlich für eine großartige Schauspielerin. Sie selbst fragte sich allerdings, ob das die ersten Anzeichen eines Nervenzusammenbruchs waren.
    Satan wartete geduldig im Heck von Isaacs Geländewagen, der auf dem Parkplatz unter einem Baum stand.
    „Ich hätte ihm ein Leckerchen mitbringen sollen”, meinte Tessa, als Isaac seinen Hund streichelte.
    „Er braucht tagsüber kein Futter”, sagte er kühl. „Und er hat genug Wasser.”
    Isaac öffnete ihr die Tür. „Danke, dass du mich gerettet hast”, sagte sie.
    Darauf gab er keine Antwort.
    Schweigend schloss er die Tür, nachdem Tessa auf den Sitz geklettert war, und ging auf die Fahrerseite, stieg ein und startete den Motor.
    „Es tut mir wirklich Leid”, fuhr sie fort. „Ich … es tut mir Leid, dass du für mich lügen musstest.”
    Er gab Gas und fuhr ruckartig an.
    Tessa fühlte sich so elend, dass sie unbedingt hören wollte, dass er ihr verzieh. „Isaac, nimm doch bitte meine Entschuldigung an.”
    „Ich möchte lieber nicht darüber sprechen.” Er biss die Zähne zusammen und umspannte den Schalthebel hart, während er rasch weiterfuhr.
    Vor der Schule stieg Tessa aus.
    „Du machst um fünf Schluss?” fragte Isaac schroff.
    „Ja. Wenn du willst, rufe ich Paul an und bitte ihn, mich abzuholen.”
    „Klingt vernünftig”, meinte er ruhiger. „Eine versöhnliche Geste.” Hasch wandte er den Blick von ihr ab und sah durch die Windschutzscheibe.
    „Danke für das Essen, Isaac.”
    Er nickte, und er sah so wild drein, dass sie ein wenig Angst vor ihm hatte. Dann heulte der Motor auf, und Tessa blieb in einer Staubwolke zurück. Satan verbellte sie vom Wagen aus.
    Tessa hatte sich noch nie so allein gefühlt. Es war unsinnig, dass ihr noch immer etwas daran lag, was Isaac von

Weitere Kostenlose Bücher