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Viel zu lange her

Viel zu lange her

Titel: Viel zu lange her Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Hannay
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kaum atmen konnte.
    Ihr Vater und Paul standen am Geländer und blickten auf das Meer hinaus. Tessa führte ihre Großmutter zu einem Stuhl, schenkte ihr süßen Sherry ein, entschuldigte sich und trat zu ihrem Vater und ihrem Verlobten. Die beiden wandten den Blick nicht von der Bucht ab.
    „Was gibt es so Interessantes?” fragte sie.
    „Wir sehen Isaac mit der ,Antares’ zu”, erwiderte ihr Vater. „Seit einer Stunde durchpflügt er die Bucht, als hinge sein Leben davon ab.”
    Tessa trat neben ihren Vater. Der Südwind erzeugte Wellen mit weißen Schaumkronen.
    Mehrere Segelboote waren unterwegs, doch sie entdeckte sofort das schlanke Schiff ihres Vaters.
    Beim Anblick der Jacht, die durch das Wasser schnitt, zog sich ihr das Herz zusammen.
    Noch vor wenigen Minuten hatte sie mit Lydia die Geschenke und die Blumen betrachtet, und die Hochzeit mit Paul war durchaus real gewesen. Trotz der Einwände ihrer Großmutter hatte sie sich sicher gefühlt und war überzeugt gewesen, dass Paul ein treuer und netter Ehemann sein würde.
    Während sie jetzt zusah, wie Isaac die „Antares” bis an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit einsetzte, erinnerte sie sich an sein zorniges Gesicht nach dem Mittagessen. Von Sicherheit war keine Rede mehr. Isaac bedeutete Gefahr. Trotzdem sehnte sie sich danach, da draußen bei ihm zu sein und gemeinsam mit ihm die Elemente herauszufordern und das Schiff auf die Probe zu stellen. Sie wollte den rauen Wind im Gesicht und im Haar fühlen, wollte mit Isaac in die Kajüte hinuntersteigen und …
    Wie damals, als sie neunzehn gewesen war …
    „Er muss bald zurückfahren, sonst kommt er zum Essen zu spät”, sagte John Morrow.
    „Wann hat das Isaac jemals gestört?” bemerkte Paul. „Wer möchte noch etwas trinken? Was ist mit dir, Tessa? Du solltest lieber keinen Alkohol nehmen, meine Liebe.”
    „Sicher”, erwiderte Tessa, obwohl sie etwas Stärkeres gebraucht hätte.
    Ohne noch einen Blick auf die Bucht zu werfen, setzte sie sich mit einem Glas Zitronenlimonade neben ihre Großmutter. Lydia redete über ihr Gärtchen und klagte über die lauten Nachbarn, und Tessa tat, als würde sie zuhören.
    Doch die Vorstellung von Isaac auf dem Segelboot versetzte sie unweigerlich in die Vergangenheit.
    An jenem Samstagnachmittag im Juli vor zehn Jahren hatte die „Antares” die Bucht in Rekordzeit durchquert. Tessa und Isaac waren stolz, als sie nahe an Magnetic Island kreuzten und an Arcadia vorbei in die schöne Florence Bay einfuhren. Das Wasser leuchtete so blau wie in einem Touristenprospekt. Der Strand erstreckte sich vor ihnen hell und unberührt.
    Sie warfen Anker, und Tessa rief Isaac zu: „Das Mittelmeer kann auch nicht schöner sein.
    Weißt du noch, wie wir die griechischen Sagen lasen?” Sie drehte das Gesicht der sanften Wintersonne zu und streckte die langen, gebräunten Beine aus. „Einige dieser Geschichten waren ziemlich an den Haaren herbeigezoge n.”
    „Wie meinst du das?” fragte Isaac, während er das Segel einholte.
    Sie blickte zu ihm. Das lange dunkle Haar war vom Wind zerzaust, und mit der nackten, sonnengebräunten Brust und der zerrissenen Jeansshorts wirkte er auf sie wie ein Held aus einer Sage. Der Blick aus den dunklen Augen glitt voll Verlangen über ihren Körper.
    „Erinnerst du dich an die Geschichte von Kalypso, die auf einer einsamen Insel lebte? Sie war eine Nymphe, und angeblich war sie unbeschreiblich schön. Odysseus landete an ihrer Insel und lebte sieben Jahre mit ihr zusammen, aber die beide haben nie … du weißt schon …”
    Isaac hielt den Blick der dunklen Augen auf sie gerichtet und lächelte spöttisch. „Was haben sie nie?”
    Tessa wurde rot. „Sie machten ,es’ nie.”
    „Du meinst, sie haben sich nie geliebt?”
    Tessa nickte.
    „Er wollte seiner Ehefrau treu bleiben, nicht wahr?”
    „Von wegen”, entgegnete sie geringschätzig und wollte noch sagen, wie unmöglich sie das fand, doch Isaacs heißer Blick hielt sie zurück.
    „So unglaublich ist das gar nic ht”, sagte er leise.
    Tessa wurde von einer inneren Anspannung und Vorfreude gepackt. Sie erriet seine Gedanken und bekam Herzklopfen.
    „Ich kenne jemanden, der das getan hat”, erklärte er leise.
    „Was meinst du damit?” fragte sie. „Von wem sprichst du?”
    Er kam mit der Anmut einer Raubkatze auf sie zu. „Ich kenne einen Jungen, der fast sieben Jahre mit einem unglaublich schönen Mädchen mit goldblondem Haar und den aufregendsten Beinen der

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