Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Viel zu lange her

Viel zu lange her

Titel: Viel zu lange her Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Hannay
Vom Netzwerk:
jung.”
    „Nun, offenbar waren wir es nicht. Wir machten weiter. Ich glaube, wir haben meinen Eltern schreckliche Angst eingejagt.” Tessa lächelte.
    Isaac zerknüllte die Serviette und warf sie auf seinen Teller. „Sie hatten allen Grund zur Sorge.
    Ihre Prinzessin gab sich mit einem Tramp ab.”
    „Bei dir hört sich das wie aus einem Film von Walt Disney an”, entgegnete sie.
    „Zwischen uns war alles völlig unwirklich.”
    „Unwirklich?” wiederholte sie ungläubig. „Für mich war es sehr wirklich, Isaac.”
    „Tatsächlich?” fragte er und lehnte sich zurück.
    Sie lenkte den Blick von seinen breiten Schultern und dem dunklen Haar im Halsausschnitt des T-Shirts zu seinen Augen, in denen sie wieder jenen traurigen Ausdruck fand, als hätte er in den vergangenen neun Jahren viel Schlimmes erlebt.
    „Wenn man jung ist”, fuhr er fort, „verschwimmt die Grenze zwischen Wirklichkeit und Fantasie, zwischen Vernunft und Unvernunft. Man bekommt das nicht in den Griff, sondern hält das Unmögliche für möglich.”
    Tessa blickte an ihm vorbei. Eine Möwe kreiste hinter ihm am blauen Himmel, stieß herab und stieg wieder hoch. Tessa dachte über Isaacs Worte nach. War ihre Beziehung unmöglich gewesen?
    Sie hatte nie so gedacht. Ihre Mutter wäre natürlich ein Problem gewesen, aber kaum ein unüberwindliches.
    „Glaubst du, es wäre anders gelaufen, hätten wir uns jetzt als Erwachsene kennen gelernt?”
    „Ja, natürlich wäre es jetzt anders. Du hast eine feste Beziehung mit einem anderen Mann.”
    Tessa erstarrte. Fantasie und Wirklichkeit! Möglich und unmöglich! Sie hatte Paul völlig vergessen!
    „Ich habe nur … theoretisch gesprochen.” Sie winkte ab. „Wie albern von mir. Wenn man sich zurückerinnert, stellt man sich manchmal vor, wie vielleicht ein Wort oder eine Frage im richtigen Moment die ganze Zukunft verändert hätte.”
    „Tessa, es bringt uns gar nichts, wenn wir zurückblicken. Dadurch ändert sich nichts.”
    Sie konnte die Frage nicht zurückhalten. „Wolltest du denn etwas ändern, Isaac?”
    Er wich geradezu erschrocken zurück. „Um Himmels willen, natürlich nicht!”
    Wie hatte sie aus Schwäche eine so dumme Frage stellen können? Sie betrachtete die zitternden Hände, die sie im Schoß verkrampft hielt. Es machte sie zornig, dass sie diesem Mann ihre Jungfräulichkeit und ihre Träume geschenkt hatte und er einfach weggegangen war. Am liebsten hätte sie mit dem noch fast vollen Salatteller nach ihm geworfen und eine schreckliche Szene veranstaltet, damit er begriff, was er ihr angetan hatte.
    Was war nun bei diesem Gespräch über die Vergangenheit herausgekommen?
    Sie schaffte es, einen kühlen Ton anzuschlagen. „Findest du, dass wir alles geklärt haben? Ich muss nämlich zurück an die Arbeit.”
    Er blickte auf ihre Hand, als sie sich über das Haar strich. „Du trägst deinen Verlobungsring nicht zur Arbeit?” fragte er unerwartet.
    „Nein, das wäre unpraktisch. Smaragde sind verhältnismäßig weich und verkratzen oder zerbrechen leicht.” Sie zog eine schmale Goldkette unter der Bluse hervor. Der Ring hing daran.
    Sie wurde rot, als Isaac auf den Ausschnitt der Bluse starrte.
    „Eine äußerst passende und bezaubernde Schmuckschatulle”, bemerkte er.
    „Paul freut es sicher, dass das Symbol seiner Zuneigung einen so schönen Platz gefunden hat.”
    Verlegen sah sie auf die Uhr. „Ich muss wirklich zurück.”
    „Natürlich.” Er stand rasch auf und wollte ihr helfen, aber Tessa kam ihm zuvor. Sie wollte nicht, dass er sie berührte, doch in der Eile prallte sie mit der Schulter und dem Kinn gegen ihn.
    Ihre Lippen drückten sich auf sein T-Shirt und die muskulöse Brust.
    „Vorsicht”, warnte er und hielt sie fest.
    Nicht hochblicken, befahl sie. sich, hielt sich jedoch nicht daran.
    Es war ein Fehler.
    In seinen dunklen Augen erkannte sie, wie sehr es ihn schmerzte, dass sie ihm so nahe war. In seinem Blick las sie Sehnsucht und Verlangen, das mindestens so stark wie ihres war und das sie veranlasste, die Arme um seinen Nacken zu legen, sich noch fester an ihn zu drücken und einladend die Lippen zu öffnen.
    Doch er wich zurück.
    Sie hatte keine Zeit, über die Zurückweisung verlegen zu werden, weil sie merkte, dass er jemanden ansah, dessen Schritte sie hinter sich hörte.
    „Paul”, sagte Isaac und blickte an ihr vorbei. „Freut mich, dich zu sehen.”

4. KAPITEL
    Sekundenlang bewegte sich niemand. Isaac schwieg, Paul bekam den

Weitere Kostenlose Bücher