Viel zu lange her
ihre Hand, und sie griff rasch nach der Gabel, spießte ein Möhrchen auf und schob es in den Mund.
Isaac war allerdings nicht entgangen, dass sie damit nur ihre Hand von Paul weggezogen hatte.
„Du hast also mit Tessa zu Mittag gegessen”, sagte ihr Vater zu Paul. „Wie nett. Ich kann mir in letzter Zeit nie zum Mittagessen frei nehmen,”
„Genau genommen hat Tessa mit Isaac gegessen”, erwiderte Paul sichtlich verlegen.
Tessa fand, dass Paul heute Abend nicht gerade mit juristischem Scharfsinn brillierte. Diese Richtigstellung war unnötig gewesen. Sie und Isaac hätten garantiert nicht über ihr gemeinsames Mittagessen gesprochen.
Isaac sah vo rsichtig Rosalind entgegen, die mit seinem Essen hereinkam. Ihre Mutter wurde blass, hielt jedoch herausfordernd seinem Blick stand. „Ach, was für eine reizende Idee, dass die beiden zusammen essen gehen. Immerhin sind sie Bruder und Schwester.”
„Wovon sprichst du, Rosalind Morrow?” fragte Lydia. „Isaac und deine Tessa sind so wenig Bruder und Schwester wie … wie Romeo und Julia.”
Tessa erstickte fast an einem Röschen Brokkoli, griff nach dem Weinglas und trank hastig einen Schluck. „Großmama, ich bitte dich”, flüsterte sie.
Isaacs zorniger Blick und Pauls betroffenes Gesicht minderten die Spannung auch nicht.
„Höchste Zeit, noch eine Flasche zu öffnen, während Isaac sein Essen genießt”, sagte Tessas Vater lachend, und alle waren für die Ablenkung dankbar.
Die Gläser wurden wieder gefüllt, und die Unterhaltung setzte erneut ein. Die Gespräche bezogen sich jedoch immer wieder auf Isaac. Er stand eindeutig im Mittelpunkt.
Paul bediente sich reichlich am Rotwein und stellte ständig Fragen nach Isaacs Bergbauge sellschaft, nach den Gefahren für die Umwelt, die durch Bergbau entstanden, und sogar nach den Rechten der Aborigines an dem genützten Land. Tessa hatte jedoch nicht das Gefühl, dass diese Fragen ehrlichem Interesse entsprangen.
Sie war wie alle im Raum daran interessiert, zu erfahren, wie Isaac die letzten neun Jahre in Western Australia verbracht hatte. Die bohrenden und geradezu unhöflichen Fragen ihres Verlobten waren ihr jedoch unangenehm.
Sie merkte auch, dass Isaac sich ärgerte. Beim Nachtisch aus Alkoholfrüchten mit Vanillecreme wirkte er bereits mehr wie ein angeklagter Vergewaltiger oder Mörder und nicht wie ein unerwarteter Gast.
Vom Wein angespornt, stellte Paul eine Frage nach der anderen. Tessa merkte, dass Isaacs Geduld an einem seidenen Faden hing und er nur noch mühsam lächelte.
„Paul”, flüsterte sie, als sie es nicht länger ertrug. Ihr Verlobter wandte sich ihr zu. Sein Gesicht war gerötet. „Ich glaube, du hast Isaac für heute genug gefragt.”
„Wie meinst du das, Tessa? Man kann diesen Bergbaufirmen nicht vertrauen. Wenn wir nicht vorsichtig sind, verscherbeln sie unser Land unter unserer Nase.”
Isaac umspannte den Stiel seines Weinglases mit der Faust. „Tessa hat Recht”, sagte er sehr leise. „Diese Fragen eignen sich kaum für eine Unterhaltung beim Essen. Zu meiner Verteidigung möchte ich nur sagen, dass meine Verhandlungen mit Pantex Mining und Global Austral eindeutig zu Australiens Vorteil sind.” Noch leiser fügte er hinzu: „Solltest du das Thema aber weiterverfolgen wollen, Hammond, möchte ich dich warnen. Wir Bergbauleute sind dafür bekannt, dass wir solche Diskussionen draußen im Freien klären.”
Am Tisch entstand eisiges Schweigen. Tessa sah schon vor sich, wie Isaac mit Paul kurzen Prozess machte und ihn über das Geländer der Terrasse in die dahinter wachsenden Dornenbüsche stieß.
„Ich habe Tessa vorgeschlagen, die hübschen Hochzeitsgeschenke zu öffnen”, sagte Lydia.
Alle stimmten erleichtert zu.
„Das wäre hübsch”, meinte Rosalind betont heiter. „Wir könnten zusehen und dabei Kaffee trinken.”
Isaac und Paul starrten einander noch sekundenlang gereizt an, ehe die anderen rasch aufstanden.
Das Öffnen der Päckchen verlief angenehm. Sehr schöne Geschenke waren eingetroffen. Dazu kamen das feine Leinen von Lydia, das teure Wedgwood-Porzellan vo n Rosalind und John und die Waterford-Kristallgläser von Pauls Eltern. Als Paul Tessa begeistert umarmte, wünschte sie sich allerdings, auch nur den Bruchteil jener Erregung zu fühlen, die Isaacs Blick bei ihr auslöste.
Eine weitere nervtötende Frage von Paul verdarb den Abend dann endgültig.
„Isaac”, erkundigte er sich und stellte die leere Kaffeetasse auf den
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