Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Viele Mütter heißen Anita

Viele Mütter heißen Anita

Titel: Viele Mütter heißen Anita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Oberarzt winkte schnell ab. »Doch, doch«, rief er mit dem Ton vollster Überzeugung. »Natürlich sind Sie geheilt, sonst ließen wir Sie nicht nach Madrid! Es ist nur so, daß solch eine Krankheit in den folgenden Wochen einige Zeichen hinterläßt. Es freut uns, daß es bei Ihnen nicht der Fall ist.«
    Damit brach man das Thema ab, und man erzählte sich von den Aussichten, die Juan in der Hauptstadt haben würde.
    »Schreiben Sie uns auch einmal, wenn Sie ein großer Künstler geworden sind?« fragte der Professor. »Immerhin ist ein Autogramm allerhand wert.« Er lachte, als er Juans Verlegenheit sah. »Keine Angst, junger Freund«, rief er. »Ihr Weg wird steil, aber schwer sein. Aber nur das wirklich Erkämpfte macht glücklich … das ist eine alte Weisheit.«
    Frau Sabinar brachte Gläser und einen alten Tarragona, süß wie Sirup und schwer von Alkohol. Sie hatte ihn aus der hintersten Ecke ihres Kellers geholt, wo ihr Mann die besten Sorten gelagert hatte, denn Wein war das wenige, was der alte Sabinar in vollen Zügen genossen hatte, sehr zum Leide seiner Frau. Jetzt kam sein Keller nun doch zu Ehren, und der Oberarzt schlürfte den Wein mit Behagen und lobte ihn mit feurigen Worten.
    Juan sah von einem der Herren zum anderen. Ihre Fröhlichkeit steckte ihn nicht an … er hatte plötzlich einen Gedanken, und dieser Gedanke quälte ihn, weil er keinen Anfang und kein Ende hatte. Es war die geheime Qual in all den Tagen gewesen, von der er auch Ramirez Tortosa nichts gesagt hatte, aus Angst, er könne ihn, den Abergläubischen, den Sohn einer Landschaft, deren Boden mit dem Glauben an überirdische Dinge getränkt ist, auslachen. Plötzlich streckte er dem Professor seine beiden Hände mit der Handfläche nach oben hin und sagte laut: »Bitte schauen Sie in meine Hände! Was sehen Sie da? Sehen Sie bitte genau hin …«
    Der Oberarzt wechselte mit dem Professor einen schnellen Blick und sah in die Handflächen Juans. Für ihn waren es Hände wie alle anderen Hände, ein wenig klein, schlank, knochig in den Fingern … aber doch nur eine Hand. Er schüttelte deshalb auch den Kopf und meinte: »Was soll das, Herr Torrico?«
    »Sie sehen nichts?«
    »Nein.«
    »Keine grauenhafte Zukunft? Kein Schicksal, vor dem Sie weglaufen könnten?«
    »Aber Herr Torrico!« Der Professor lachte gemütlich. »Wir sind Ärzte und Realisten! Handlesen … ich bitte Sie! Sie als moderner Mensch? Hat Ihnen eine Zigeunerin den Kopf verdreht? Das tun sie gern, um ihre dummen Deutungen, die nichts wert sind, etwas zu umkleiden. Mein Gott … wenn das Ihr ganzer Kummer ist …?«
    Juan ließ die Hände an den Körper fallen und zuckte mit den Schultern. »Ich habe eine Angst, die ich nicht erklären kann. Ich fühle, daß meine Fahrt nach Madrid nicht leicht sein wird.«
    »Große Veränderungen lösen immer eine seelische Erregung aus«, lenkte der Professor ab und war dankbar, daß Frau Sabinar gezuckerte Melonen herumreichte und sich bemühte, die Gläser nie leerstehen zu lassen. Und bei diesen allgemeinen Betrachtungen blieb es, bis sich die Herren wieder verabschiedeten und Juan viel Glück in der großen Stadt Madrid wünschten.
    Unten, im Wagen auf der Straße, lehnte sich der Oberarzt in die Polster zurück, während der Professor und der Arzt aus der Taberna des Bonillo auf den Vordersitzen Platz nahmen.
    »Ich werde zuerst zu Tortosa fahren und versuchen, ihm klarzumachen, wie man diesen Torrico behandeln muß. Er ist ein rohes Ei mit einer verdammt dünnen Schale, die beim geringsten Anstoß zerspringt. Wenn er aus diesem Juan Torrico einen der größten Künstler Spaniens machen will … mein Gott, dann muß er ihn in Watte packen und vor Zugluft schützen! Aber ob das richtig ist … na, darüber entscheiden ja nicht wir …!«
    Dann fuhren die Wagen an … im zweiten Auto saßen zwei Krankenwärter, die auf einen Anruf warteten, falls sie Juan zu Hilfe eilen mußten – und entschwanden aus der Rua de los Lezuza in Richtung der Tajobrücken.
    Gegen Mittag war es endlich so weit. Frau Sabinar kam mit rotgeweinten Augen die Treppen herauf, ihr folgte der schnaufende Dr. Osura und der ein wenig bedrückt dreinblickende Tortosa. Mit einem Freudenruf kam Juan seinem ärztlichen Freund entgegen und drückte ihm beide Hände. »Doktor Osura!« rief er fröhlich. »Wie freue ich mich, daß Sie gekommen sind! Was macht die Mutter? Geht es ihr gut? Und Pedro? Und Elvira? Und – Concha? Haben Sie mit ihr gesprochen?«
    Dr.

Weitere Kostenlose Bücher