Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Viele Mütter heißen Anita

Viele Mütter heißen Anita

Titel: Viele Mütter heißen Anita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Herr Kollege. Sie ließen mich nicht aussprechen. Alles starb … bis auf ein Affenpaar! Es lebt heute noch!«
    Prof. Dalias war aufgesprungen. Er zerknüllte in den Händen eine Fotografie, die aus der Mappe gefallen war. »Das ist ein dummer Scherz, Moratalla!« schrie er erregt.
    Moratalla lächelte. »Bitte – ich zeige Ihnen die Tiere. Auf dem Röntgenbild können Sie sehen, wie die kleine Stelle im Herzen angeheilt und regelrecht vernarbt ist. Allerdings – das gebe ich zu – durch die Narbe im Herzen haben sich Kreislaufstörungen eingestellt, die aber nicht gefährlicher Natur sind, sondern nur zu leichten Schwächeanfällen führen, vor allem bei großer körperlicher Anstrengung, wo der Blutandrang zum Herzen übernormal ist.«
    »Phantastisch«, sagte Dr. Osura leise.
    »Nichts ist phantastisch!« schrie Prof. Dalias und fuhr wie gestochen zu Dr. Osura herum. »Nun bestärken Sie ihn noch in diesem verrückten Experiment! Von 1.078 Versuchstieren leben nur noch zwei. Das sind 0,2 Prozent! Eine Chance, die alle Totengräber jubeln läßt! Nein, Moratalla – damit kommen Sie nicht durch!«
    »Wenn man Sie reden hört, glaubt man, ich wolle Ihnen eine fertige Operationsmethode diktieren.« Moratalla schüttelte wild den Kopf. »Diese beiden überlebenden Affen sollen die Stammväter werden. Sie bilden endlich das erste Glied, auf dem ich meine Versuche weiter ausbauen kann. Ich will Ihnen nur zeigen, daß es möglich ist, einen Menschen zu retten, dessen Herz bisher unrettbar war!«
    »Aber bis Sie eine Methode gefunden und erprobt haben, ist Juan Torrico längst gestorben.« Dr. Osura erhob sich und stampfte hin und her, den Weg mit Moratalla kreuzend. »Juan wird knapp ein Jahr leben …«
    »Ich werde versuchen, ihn länger zu halten. In einem Jahr bin ich vielleicht so weit, an ihm den ersten wunderbaren Herzeingriff zu wagen. Das heißt –«, er schielte zu Prof. Dalias hinüber – »wenn die hohe Gesundheitsbehörde es mir erlaubt, nach Einsicht in Hunderte von gelungenen Tierversuchen.«
    Prof. Dalias winkte ab. »Abwarten«, sagte er skeptisch.
    »Natürlich – abwarten! Das ist alles, was das Ministerium dazu zu sagen hat! Professor Dalias – Sie sind doch Arzt?«
    Der Professor schielte zu Moratalla hinüber. Was sollte diese Frage? Sie war eine Falle, das spürte er, aber er konnte ihr nicht ausweichen, denn sie war so direkt gestellt, so klar, daß er ärgerlich antwortete: »Was soll das, Moratalla? Die Frage ist doch dumm …«
    »Nicht ganz.« Der Riese im weißen Kittel reckte sich. »Wenn Sie wirklich mit Leib und Seele Arzt sind, Dalias, dann sollten Sie jetzt, in dieser Stunde jenen Funken in sich fühlen, der uns den Mut gibt, Großes zu wagen!«
    Dalias setzte sich und verschanzte sich hinter dem Qualm seiner Zigarre. »Sie sind ein verdammt raffinierter Hund«, sagte er, aber in seinen groben Worten schwang die unverhohlene Anerkennung.
    »Ihre Meinung ehrt mich.« Moratalla lachte kurz. »Wenn wir uns auf dieser Basis weiter unterhalten, könnten wir uns verständigen.« Er wandte sich an Dr. Osura, der bleich und mit eingefallenen Gesichtszügen im Sessel saß und nervös an seiner Zigarre kaute. »Wo ist unser Sorgenkind, Herr Kollege?«
    »Er wartet mit Professor Tortosa in Ihrem Salon, Herr Professor. Doktor Tolax wußte nicht, ob er heute untersucht wird.«
    »Aber selbstverständlich.«
    »Schön.« Dr. Osura sah Moratalla groß an. »Eine Bitte haben wir aber vorher.«
    »Und das wäre?«
    »Juan Torrico weiß nichts von seiner Krankheit. Wir haben ihm gesagt, daß es eine kleine Kreislaufstörung ist. In den letzten Tagen fühlte er sich wohl und glaubt, daß er gesund geworden ist durch den Luftwechsel nach Toledo. Professor Tortosa und ich haben ihm gesagt, daß die heutige Untersuchung nötig ist, um an der Madrider Kunstschule anzukommen. Also nur eine staatliche Formsache.«
    »Mein Gott – warum belügen Sie den armen Menschen?« rief Moratalla entsetzt.
    Fredo Campillo, der bis jetzt stumm den Streit der Ärzte verfolgt hatte, fuhr mit beiden Armen durch die rauchige Luft. »Juan Torrico wird der größte lebende Künstler Spaniens werden, wenn er das eine Jahr, das er noch zu leben hat, in Ruhe arbeiten kann. Er ist einer der Frühvollendeten wie Mozart, Kleist oder Hauff. Er ist – kurz gesagt – ein zeichnerisches und bildhauerisches Genie. Um dieses Leben zu erhalten, ist jedes Mittel recht! Auch die Lüge, Herr Professor. Das Bewußtsein einer unheilbaren

Weitere Kostenlose Bücher