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Viele Mütter heißen Anita

Viele Mütter heißen Anita

Titel: Viele Mütter heißen Anita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Krankheit würde ihn zu Boden werfen und sein Künstlertum hemmen. Und«, – Campillos Stimme schwankte – »wenn Sie die Möglichkeit haben, durch eine in der Welt einmalige Operation das Leben zu retten, so operieren Sie, Herr Professor! Ich flehe Sie an, nicht in meinem Namen, sondern im Namen der Kunstwelt, unserer europäischen Kultur, im Namen unseres Vaterlandes – retten Sie ihn, und Sie haben der Welt ein Genie geschenkt!«
    »Große Worte!« Prof. Dalias sprang auf. »Ich vertrete hier den Staat! Und ich sage, daß dieser Eingriff Wahnsinn ist! Man kann keine Organe transplantieren! Man hat versucht, eine Niere zu überpflanzen … Mißerfolg über Mißerfolg! Im Pariser Krankenhaus Necker hat man dem siebzehnjährigen Zimmermann Marius Renard eine Niere seiner Mutter transplantiert, da er seine Niere bei einem Unfall, einem Sturz von einem hohen Gerüst, völlig zerquetscht hatte. Renard hatte das Pech, mit nur einer Niere zur Welt zu kommen, und er wäre verloren gewesen, wenn man von der Mutter nicht eine Niere überpflanzt hätte. Und diese Niere arbeitete! Meine Herren – es war die erste operative Organübertragung der Welt!«
    »Na also!« schrie Moratalla laut. »Was wollen Sie denn, Dalias! Sie widersprechen sich ja selbst! Es geht also doch, wenn man den Mut hat!«
    »Mut! Das ist es nicht, Moratalla! Diese Niere heilte an – gut! Aber eine Niere ist kein Herz! Die Funktionen einer Niere und die Übertragung sind technisch viel einfacher als der Angriff auf ein so kompliziertes Gebilde wie das Herz! Meine Herren, ich bitte Sie mit allem Ernst: Überlegen Sie sich das Risiko! Ohne Operation kann Juan Torrico noch ein Jahr leben und in diesem Jahr vieles schaffen … mit Operation kann er innerhalb zwanzig Minuten tot sein. Und überhaupt … woher wollen Sie ein Herz nehmen, um das andere zu flicken?«
    Moratalla lehnte sich an das Fenster und blickte hinaus in den abendlichen Garten. Die Schwestern waren verschwunden … die Wege lagen still, weiß, sauber geharkt unter der schrägen Sonne. Es war still in dem weiten Haus. Die Kranken aßen. Nur in den OP's schrubbten die Wärter noch die Fliesen.
    »Ein zweites Herz … das ist es«, sagte Moratalla leise. »Ich habe schon daran gedacht, ob es nicht ein Stück des Affenherzens sein kann.«
    Dr. Tolax schüttelte den Kopf. »Das wäre mehr als eine Sensation.«
    »Oder –« Prof. Moratalla zögerte. »Ich müßte mit General Franco sprechen und um die Erlaubnis nachsuchen, das Herz eines zum Tode Verurteilten herauszunehmen. Ob Tod durch den Strang und das Fallbeil, oder ob durch eine Operation, das bleibt sich gleich in der Wirkung.«
    Prof. Dalias winkte ab. »Sie brauchen gar nicht zu fragen, Moratalla. Die Antwort Francos wird ein Nein sein! Im übrigen steht diese Operation im völligen Gegensatz zu unserer christlichen Auffassung. Wenn die Justiz einen Verbrecher hinrichten läßt, ist es eine irdische Strafe. Operieren Sie ihn zu Tode, ist es ein Mord!«
    »Und wenn ich einen Schwerkranken, dem zu helfen ist, zu Tode siechen lasse, ist das kein Mord?!« brüllte Moratalla außer sich. »Dalias, seien Sie doch nicht so verbohrt! Sie reden hier von Christentum … ja, ja, es ist meine christliche Pflicht, einem Kranken zu helfen! Mit allen Mitteln, die uns die Natur oder Gott gibt! Soll ich Sie an das Gleichnis vom barmherzigen Samariter erinnern? Bitte, kommen Sie mir nicht mit dogmatischen Bedenken. Ein Mensch, der sich außerhalb unserer Ordnung stellte und deshalb zum Tode verurteilt wurde, ist abgeschrieben! Ob er stirbt durch die Hand des Henkers oder durch das Skalpell eines Chirurgen, das ist doch der Justiz gleich! Die Hauptsache ist, er stirbt! Schön, nicht wahr, Dalias, daß man so nett über den Tod sprechen kann. Aber – und das bedenken Sie bitte – dieser Mann, der vielleicht mordete oder raubte oder notzüchtigte, diese Bestie in Menschengestalt ist auf einmal doch zu etwas nütze, kann etwas Großes vollbringen durch seinen Tod, nämlich ein anderes Leben retten! Man sollte ihn, wenn die Operation gelingt und auch er weiterlebt, begnadigen! Allerdings ist die Chance des Weiterlebens sehr gering.«
    »0,2 Prozent«, sagte Dalias sarkastisch.
    »Nein – 99:1! Denn wenn ich den Eingriff wage, weiß ich, daß alle auf dem Operationstisch eine reelle Chance haben! Sonst operiere ich nicht!«
    »Bravo!« rief Dr. Osura. Auch Dr. Tolax' Augen glänzten. Fredo Campillo bebte am ganzen Körper, er ahnte, daß hier, in diesen

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