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Viele Mütter heißen Anita

Viele Mütter heißen Anita

Titel: Viele Mütter heißen Anita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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starrte er ab und zu auf den Telefonapparat, als könne er es nicht erwarten. Aber der schwarze Kasten schwieg, und Prof. Dalias las weiter, erstaunt, aber auch ernsthaft voll Sorge, denn wenn die Operation gelungen war, hätte man längst eine Nachricht gegeben.
    Daß Moratalla bis gegen Mittag mit dem Eingriff wartete, ahnte er nicht und konnte es auch nach der Lage der Dinge und der Dringlichkeit nicht glauben. Selbst anzurufen, scheute er sich, denn er schauderte, zu hören, daß die Operation mißglückt sei und beide Patienten gestorben wären.
    Dem Gesundheitsministerium hatte er von dieser Operation nichts mitgeteilt. Das wäre seine Pflicht als Beamter gewesen, aber auch davor schrak er zurück, denn Moratalla war sein Freund, wenn er auch mit dem Gedankenflug des Mannes nicht einverstanden war und vieles, war später gelungen war, am Anfang als sinnlose Utopie abgelehnt hatte.
    An diesem Morgen befand sich Prof. Dalias in einer Krisis seiner Einstellung zu den Dingen seines Lebens überhaupt. Er spielte mit dem Gedanken, seine Staatsstellung aufzugeben und wieder ein selbständiger Arzt zu werden, vielleicht bei Moratalla in der Klinik oder am besten weit weg von Madrid, in Cordoba oder Sevilla oder Barcelona. Ein guter Arzt ist in Spanien immer gesucht.
    Gegen halb zehn Uhr schellte das Telefon. Prof. Dalias zuckte wie unter einem Schlag zusammen und streckte die Hand aus.
    Er zögerte, den Hörer abzunehmen.
    Die Entscheidung, dachte er. Ist es mißlungen, nehme ich meinen Abschied. Ist es gelungen, werde ich Moratalla um den Hals fallen wie einem wiederkehrenden Bruder.
    Er blickte auf die Uhr.
    Halb zehn!
    In der Klinik diktierte Anita ihren letzten Willen.
    Prof. Dalias hob den Hörer ab und preßte ihn gegen das Ohr.
    »Dalias«, sagte er mit rauher Stimme. Sie war rauh vor Erregung.
    »Kriminalgefängnis«, meldete sich eine Stimme.
    »Wer, bitte?« Dalias schloß die Augen. Nicht Moratalla. Das Warten ist grauenhaft. Es zehrt an den Nerven und zermürbt den Menschen von innen heraus. Dalias schüttelte den Kopf.
    »Was soll das? Kriminalgefängnis? Was habe ich damit zu tun? Hier ist Professor Dalias vom Gesundheitsministerium.«
    »Wir wissen es, Herr Professor«, sagte die Stimme. »Hier ist Kommissar Caniles. Wir möchten Sie bitten, zu uns herauszukommen. Señor Granja – Sie wissen ja, die Affäre im Hause Campillo – weigert sich, uns Auskünfte über sein Tun zu geben. Er verlangt einen Herrn zu sprechen, der mit Juan Torrico bekannt ist.«
    »Was habe ich mit Juan Torrico zu tun?« fragte Dalias ärgerlich.
    »Sie haben doch den Überfallenen in der Klinik Professor Moratallas besucht«, meinte Kommissar Caniles.
    »Ach, das wissen sie auch?« Dalias schüttelte den Kopf. »Wenn ihr Schnüffler am Werk seid, ist keine Wanze sicher. Aber wenn Sie Genaueres wissen wollen, wenden sie sich doch an Professor Moratalla.«
    »Schon geschehen. Der Herr Professor ist nicht zu sprechen.«
    »Ach!« Dalias beugte sich weit über den Tisch vor. »Und warum nicht? Operiert er gerade?«
    »Nein – er bereitet sich vor.«
    »Was?!« schrie Dalias. »Er hat den Eingriff noch nicht gemacht? Er hat bis jetzt gewartet? Das ist doch kompletter Irrsinn. Jetzt muß er ja mißlingen!« Er hieb mit der Faust auf den Tisch, daß es im Telefon dröhnte. »Ich komme sofort in ihr scheußliches Gefängnis, Herr Kommissar.« Er hängte ein und sah eine Weile erstarrt vor sich auf die blanke Schreibtischplatte. »Noch nicht operiert. Um zehn Uhr vormittags! Das ist ja furchtbar. Ich habe die Röntgenbilder doch genau gesehen. Starke Sekretion der geplatzten Geschwüre innerhalb des Herzbeutels. Und er wartet über sechzehn Stunden … Ich beginne an seinem Genie zu zweifeln …«
    Prof. Dalias erhob sich. Ich fahre beim Ministerium vorbei, dachte er. Und ich erzähle alles. Alles! Und dann werfe ich ihnen meine Ernennung vor die Füße und gehe nach Südosten. Um mit Moratalla zu arbeiten, darf man keine Nerven haben. Und ich habe Nerven, Gott sei's geklagt! Aber erst muß ich diesen Granja sehen. Vielleicht lohnt es sich, dem Staatschef über diese Affäre eine dienstliche Meldung zu machen, die Moratalla decken kann.
    Er warf seinen Rock über, ergriff die Handschuhe und seinen hellen Filzhut und eilte hinunter in die Garage, die er durch einen Seiteneingang betrat. Dort schob er die Stahltür, die auf Rollen lief, zur Seite und fuhr den Wagen hinaus auf den asphaltierten Weg, der sein Haus umgab und hinter dem die

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