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Viele Mütter heißen Anita

Viele Mütter heißen Anita

Titel: Viele Mütter heißen Anita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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man das Ticken der Uhr über den Glasschränken hörte.
    Die Ärzte um den Professor hatten die Klemmen und Wundhaken bereits in den Händen. Es ging um Sekunden … jeder Griff war genau berechnet, jede Sekunde des Eingriffs vorher festgelegt und studiert worden. Wie eine Maschine mußte alles laufen, präzise, ohne Störung, ohne Stockung.
    Moratalla beugte sich über den Brustkorb Juans. Gewandt, fast spielerisch anzusehen, fuhr das scharfe Operationsmesser über die Brust.
    Der Schnitt ging im rechten Winkel von der Mitte des Brustkorbes hinab und dann einen Rippenbogen unter dem Herzen entlang bis fast zur Seite. Die Assistenten griffen zu, die Haut und Muskelpartien wurden auseinandergezogen, Dr. Albanez klammerte die Adern ab, Dr. Estobal, ein junger Assistent, saugte mit dem elektrischen Sauger das Blut aus der Wunde. Die Rippen lagen frei. Mit lautem Knacken knipste Moratalla die Rippen durch und klappte sie mit den Haut- und Fleischlappen zur Seite. In diesem Augenblick, wo der Brustkorb offen wurde und der Überdruck im Inneren des Körpers dem Außendruck gleich war, setzte Dr. Albanez den großen, blitzenden Spreizrahmen ein und drückte den Operationsraum weit auseinander.
    Vorsichtig schob Moratalla den Lungenflügel zur Seite. Man sah die Lungen arbeiten, dieses blaßrosa, ins Violette gehende Gebilde, das aus einer Unmenge von winzigen Bläschen zu bestehen schien.
    Moratalla beugte sich weit vor. Der Sauger zischte. Im Strahl der grellen Lampen blitzten die Venenklammern.
    Im Brustkorb lag ein blutig-grauer Kloß, sich rhythmisch bewegend, stoßend und klopfend.
    Der Herzbeutel mit dem Herzen …
    Moratalla blickte kurz zur Seite. Dort stand Dr. Tolax mit drei Assistenten über Anita gebeugt und hatte den gleichen Schnitt ausgeführt. Auch hier war der Brustkorb offen … gerade saugte man das letzte Blut heraus.
    »Puls normal«, sagte die Schwester, die hinter Juan saß.
    »Auch normal«, echote es von Anitas Kopf her.
    Moratalla nahm ein haarfeines, gebogenes Messer, fast wie eine Nadel aussehend, und trennte den Herzbeutel auf. Erschreckt sah Dr. Albanez auf das Herz Juans. Aus dem geöffneten Herzbeutel quoll Eiter und Sekretionsflüssigkeit, übel riechend und braun.
    »Tupfer!« Moratalla arbeitete stumm, sicher, als wäre es ein leichter Blinddarm, den er herausschnitt. Dann trennte er den Beutel weiter auf und klappte ihn vorsichtig herum.
    Das Geschwür lag vor ihm. Ein etwa pflaumenkerngroßes Gewächs, eitrig und brandig. Es hatte die Herzbeutelwand durchfressen und war im Begriff, den Herzbeutel zu zerstören.
    Moratalla tupfte. Dann hielt er plötzlich inne. Über den Mundschutz hinweg trafen sich die Blicke Dr. Albanez' und des Chefs. Dr. Tolax beugte sich vom Nebentisch schnell herüber und warf einen Blick in das Operationsfeld.
    »Zu spät«, sagte er erschüttert.
    »Der Herzmuskel ist bereits angegriffen.« Moratalla sagte es ruhig. »Wir können nicht mehr retten, sondern nur verlängern.«
    Es war unheimlich still, als Moratalla das Geschwür aus dem Herzen schälte, als die Tupfer im Lampenschein blitzten, als die Sauger sekundenschnell aufbrummten. In den Glasschalen klirrten die Instrumente, die Moratalla zurückreichte. Niemand sprach. Der Kampf mit dem Tod ist still.
    Kaum war das Geschwür herausgeschält, als Moratalla sich blitzschnell umdrehte und sich neben Dr. Tolax stellte. Dieser hatte den Herzbeutel Anitas in einer Zipfelform aufgetrennt. Moratalla schnitt das Stück aus dem Herzen heraus, Dr. Tolax reichte ihm einen besonderen Wärmebeutel herüber, und dann wirbelte Moratalla wieder herum, senkte das in der Körpertemperatur gehaltene Herzfleisch der Mutter in den Brustkorb Juans und griff nach rückwärts.
    Eine Nadel glitt in seine Hand. Er fühlte durch die Gummihandschuhe die feine Seide. Sekundenschnell war das Fleisch in das Loch des Herzbeutels gelegt, die Nadel griff an die Ränder … Dr. Albanez schwitzte und lehnte sich schwer gegen die Eisenkante der Bahre hinter ihm. Er sah auf ein Wunder, er begriff gar nicht, was er sah … er sah eine rasendschnell nähende Hand, eine Nadel, glitzernd, gebogen, einen feinen Seidenfaden, der sich rund um ein Loch im Herzbeutel schlang …
    Hinter ihm an der Wand tickte die Uhr …
    Eine Sekunde … zwei … drei …
    Tick … tick … tick … tick …
    Achtzehnmal tick … achtzehn Sekunden …
    Da stand Moratalla schon wieder vor Anita und zog den Herzbeutel zusammen. Dr. Albanez arbeitete mechanisch. Er rückte

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