Viele Mütter heißen Anita
die Lunge Juans zurecht, er schloß die Wunde, er nahm den Spreizrahmen heraus, er nähte die Schichten zusammen, legte die Rippen an der Kappnaht zusammen und vernähte die äußere Haut mit Catgut. Er tat es wie in einem Traum … er sah das Operationsfeld vor sich und sah seine Hände arbeiten, als gehörten sie nicht ihm.
Was habe ich bloß gesehen, dachte er. Er hat es gewagt. Er hat im Herzen eine Umpflanzung vorgenommen! Daß ich so etwas erleben darf …
Moratalla stand über Anita gebeugt und nähte ihr Herz. Mit der Kunst eines Genies zog er den Herzbeutel zusammen, setzte von einem in Körpertemperatur gehaltenen Nährboden einen winzig kleinen Hautlappen in die kleine, offenstehende Spalte und begann dann, mit seinen Händen leicht, ganz leicht das verkleinerte Herz zu massieren.
Er fühlte, wie es unter seinen Händen schlug.
Da wurde er rot im Gesicht, seine Augen verloren den Glanz, und er sah Dr. Tolax an, der ihn ungläubig anstarrte.
»Der Puls?« sagte Moratalla leise.
»Puls normal.«
»Und bei Juan?«
»Schwach. Aber nicht flatternd.«
Er schloß die Augen. »Schließen Sie«, sagte er zu Dr. Tolax und wandte sich ab.
Er ging hinüber zu Juan, wo Dr. Albanez einen Verband anlegte. Die Augen des jungen Arztes leuchteten.
»Sie haben gesiegt, Herr Professor«, sagte er mit bebender Stimme. »Sie haben ein Wunder vollbracht.«
Moratalla winkte ab. »Reden Sie keinen Quatsch, junger Mann«, sagte er laut. »Als ich das Herz sah, glaubte ich selbst nicht, daß es geht …«
Mit schweren Schritten, die auf den Fliesen dröhnten, ging er hinüber in den Waschraum, nahm die Kappe, den Mundschutz und die Schürze ab, zog die Gummihandschuhe aus und warf sie achtlos in eine Ecke und beugte sich über die Waschbecken. Ruhig wusch er sich. Er sprach auch nicht, als Dr. Albanez und Dr. Tolax mit den anderen Ärzten kamen und ihre Schürzen auszogen.
Dr. Tolax trat auf ihn zu. Er hielt ihm die Hand hin.
»Verzeihen Sie mir, Herr Professor«, sagte er leise. »Ich habe an Ihnen gezweifelt.«
Moratalla schob die Hand zur Seite. »Was soll das, Doktor Tolax. Es war Ihr gutes Recht. Und im übrigen warten Sie bitte noch achtundvierzig Stunden, ob die Herzen durchhalten.« Er wandte sich um. »Dr. Albanez wacht bitte bei Juan und Doktor Estobal bei Anita. Ich möchte bis zum Abend nicht gestört werden.«
Er nickte und verließ den Saal IV.
Auf dem Flur atmete er tief die reine Luft ein und ging dann mit großen Schritten in sein Zimmer.
Sorgfältig schloß er die Tür.
Und hier, allein und unbeobachtet, fiel der Riese in sich zusammen und sank hinter dem Schreibtisch in seinen Sessel.
Er stützte den Kopf in beide Hände, und ein Zittern durchlief seinen Körper.
»Was habe ich getan?« stammelte er. »Mein Gott, verlaß mich jetzt nicht …«
Das Kriminalgefängnis von Madrid ist ein dunkler Bau, der früher einmal als Kaserne für die Lanzenreiter aus Marokko diente, jener Leibwache General Francos, die auf ihren Araberpferden und mit ihren weiten, weißen Mänteln eines der schönsten soldatischen Bil der darstellt. Die Pferdeställe waren in Garagen umgebaut worden , die Zimmer zum Teil durch Abreißen der Zwischenwände in große Räume verwandelt, in denen die einzelnen Kriminalabteilungen ihre Büros hatten, während das ganze Obergeschoß durch Einziehen von Wänden in kleine Zellen aufgeteilt wurde, in denen man die Untersuchungsgefangenen verwahrte, ehe sie in die ordentlichen Gefäng nisse überführt wurden.
Prof. Dalias hatte diesen Bau noch nie betreten. Aber jetzt, wo er durch die langen Gänge ging, mit einem Fahrstuhl hinauffuhr in das oberste Stockwerk und an den Türen entlangging, an diesen verriegelten, dicken Türen mit den kleinen Klappen in Augenhöhe, durchfuhr es ihn, daß er hier vielleicht in wenigen Tagen seinen Freund Moratalla besuchen könnte, angeklagt des Mordes auf dem Operationstisch.
Der begleitende Beamte war stumm. Die Schritte hallten auf dem langen Flur. Am Ende des Ganges waren ein Wachzimmer und der große Raum, in dem die Eingelieferten vom Untersuchungsrichter befragt wurden und wo die Entscheidung fiel, ob sie in Haft blieben oder bis zu einem Prozeßbeginn wieder freigelassen wurden.
Kommissar Caniles, ein mittelgroßer fünfzigjähriger Mann aus Südspanien, lebhaft und mit vielen Gesten sprechend, kam Prof. Dalias entgegen und streckte ihm beide Arme hin.
»Gut, daß Sie kommen, Herr Professor«, rief er laut. »Dieser Ricardo Granja
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