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Viele Mütter heißen Anita

Viele Mütter heißen Anita

Titel: Viele Mütter heißen Anita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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auf die in der nassen Nacht aufgeatmete Erde schien.
    Als sie dann in der Höhle standen und Concha die behauenen Steine sah, den Tisch mit den einfachen Werkzeugen und die Zeichnungen, die Juan allein als Modelle dienten, da legte sie still den Arm um Juans Schulter und schwieg, weil sie nicht wußte, was sie jetzt noch sagen sollte.
    »Ich werde auch Sie in Stein hauen«, sagte er und legte seinen Kopf auf ihren nackten Arm. Das Fühlen ihrer samtweichen, heißen Haut machte ihn selig. »Aber erst werde ich Sie malen, Concha, bunt, so wie Sie aussehen.« Und weil sie ihn zweifelnd anschaute, führte er sie wieder aus der Höhle und setzte sie auf den Stein, der ihm vorhin als Sitz diente. »Kommen Sie«, rief er. »Ich werde eine Skizze von Ihnen machen.«
    Er nahm seinen Zeichenblock und den Farbkasten, drehte Concha den Rücken zu, damit sie nicht sah, wie er wieder in den Wassertopf spuckte, um die Pinsel anzufeuchten, und dann kniete er vor ihr nieder und sah sie groß und lange an.
    »Sie sind das Schönste, was ich je gesehen habe«, sagte er leise. Und Concha wurde rot und senkte den Kopf.
    So malte er sie … mit gesenktem, gerötetem Kopf, den Mund zu einem leichten Lächeln geöffnet, die Augen halb geschlossen, als habe sie gerade etwas Ergreifendes gehört … sein Pinsel flog über das weiße Papier, und es war nicht seine Hand, die das Bildnis malte, sondern das hohe Unbegreifliche, das seinen Körper durchzog.
    »Kommen Sie auch zu der Fiesta?« fragte er sie, indem er den Pinsel ausdrückte, um die Farbe wechseln zu können. »Es wird sehr lustig werden.«
    »Wenn der Vater mich mitnimmt.« Concha nickte leicht. »Werden Sie auch kommen?«
    »Ja. Ich habe eine meiner Steinfiguren zur Lotterie gestiftet.«
    »Wie schön!« Sie klatschte in die Hände. »Ich würde mich sehr freuen, wenn ich sie gewinnen könnte.«
    Da senkte er den Kopf und blickte starr auf seinen Block. Er schämte sich, daß er rot wurde und unsicher vor diesen schönen, glänzenden, schwarzen Augen. Und er malte weiter und war glücklich dabei.
    Er sah nicht, wie sie sich erhob und hinter ihn trat. Sie beugte sich über seine Schulter vor, und als er ihren Atem an seinem Ohr und seiner Wange spürte, begann sein Pinsel zu zittern, und die Linien der Locken wurden noch krauser und wilder.
    »Ich bin es«, sagte Concha erstaunt. »Ich bin es wirklich, Juan. Oh, wie schön das ist …«
    Sie beugte sich weit über seine Schulter und küßte ihn auf den Mund. Da ließ er den Block fallen und ergriff ihren Kopf, drückte ihn an seine Lippen und umfing ihren Körper wie ein Ertrinkender, der sich an seinen Retter klammert.
    »Bleib, Concha«, stammelte er. »Bleib bei mir … ich brauche einen Menschen, der mich liebt … der mich versteht …«
    Das Mädchen aber riß sich los und rannte den Berg hinab, über die Straße, und verschwand mit flatternden Kleidern im Tal. Ihr Gesicht glühte. Was habe ich getan, schrie es in ihr. Ich habe ihn geküßt, und er hat mich geküßt. Das ist doch verboten! Ich bin doch kein nordspanisches Mädchen, das einen Liebhaber hat. Ich bin doch aus dem Süden, und im Süden gilt ein Kuß wie ein Versprechen für das ganze Leben! Ein Leben mit Juan? Sie faßte sich an den schmerzenden Kopf und rannte weiter, weil sie dachte, Juan folgte ihr, sie hörte seine Schritte hinter sich, aber es waren nur ihre eigenen Schritte, die die Felsen als Echo zurückwarfen.
    So lief Concha, getrieben von dem Gewissen, das noch stärker war als ihre Liebe, die sie aufkeimen fühlte. Als sie mit dem Lauf innehielt und sich an den Stamm einer welkenden Pinie lehnte, wußte sie, daß sie Juan nicht wiedersehen durfte. Nein, es durfte nicht sein, wenn sie nicht die Schande eines schlechten Rufes tragen sollte, eines Rufes, der das Geschäft des Vaters zerstören konnte in diesem Land, das in der Sittenstrenge der Ahnen erstarrte.
    Als Concha dies wußte, begann sie zu weinen, und weinend ging sie weiter die Straße nach Solana del Pino hinunter.
    Juan saß ernst auf dem Stein vor seiner Höhle und malte das Bild Conchas weiter. Er glaubte, daß sie aus Scham von ihm fortgelau fen sei, daß sein Kuß zu wild war und sie erschrecken ließ. Er nahm sich vor, in den nächsten Tagen ins Dorf zu gehen und zu versuchen, sich bei Concha zu entschuldigen.
    Er saß so den ganzen Tag vor seiner Höhle und malte das Bild Conchas. Ab und zu trieb er die Herde wieder zusammen, indem er die zu weit gezogenen Kühe mit Steinen bewarf und

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