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Vielen Dank für das Leben

Vielen Dank für das Leben

Titel: Vielen Dank für das Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Berg
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sagte der Junge, der sich zu nah neben Toto niedergelassen hatte, vermutlich stellte er sich vor, oder das Gericht, das zubereitet wurde. Die zahnlose Frau rührte in einer Pfanne, der Raum füllte sich mit dem beißenden Geruch offenen Feuers, das durch Plastikabfälle, die beherzt nachgelegt wurden, am Brennen gehalten wurde. Die Menschen blickten Toto immer noch an. Sovann, Toto nahm der Einfachheit halber an, dass der junge Mann so hieß; der sprach noch schlechter Englisch als Toto, was wirklich erstaunlich war. Toto hatte neun Jahre lang Russisch gelernt, sie erinnerte sich an den Geruch der russischen Soldaten nach altem Leder und schlecht gelüfteten Uniformen. Jeder andere als Toto hätte sich befremdet gefühlt, gedacht, dass er die Anwesenden mit Geschichten hätte unterhalten müssen, aber Toto war unempfänglich für die Erwartungen anderer, sie erwartete auch nichts, warum sollte das jemand anders handhaben. Wenn die Menschen wert darauf legten, dass sie hier in dieser schwarzen Wohnung hockte, nur zu. Wenn sie ihrer überdrüssig würden, nähme sie gerne ihren Hut.
    Die Hand des kleinen Sovann schob sich in die ihre, und er legte seinen Kopf an Totos Schulter. Ein Teller wurde vor sie gestellt, darauf zuckte es immer noch, das konnte doch nicht sein, dass irgendwas, was keine Spinne war, so lange nachzuckte, außer das Augenlid spielte verrückt, die Nerven, die Anspannung.
    Iss doch, sagte Sovann, Toto wurde unbehaglich, sie hasste Touristen, die es mutig finden, irgendwelche Affenhirne zu löffeln, und sich dabei grinsend mit Handys filmen. Es zuckte, das Auge, das Gericht, die Blicke, der Rauch, und aus den Fragmenten setzte sich eine beängstigende Idee zusammen.
    Alles deutete darauf hin, dass Peter dem kleinen Sovann versprochen hatte, Toto werde für den jungen Mann sorgen, ihn vielleicht sogar heiraten. Was hier mit den lebenden Speisen zelebriert wurde, war eventuell die Verlobung. Toto stand so schnell auf, dass die Rasselbande am Boden Angst bekam. Komm mit, sagte sie zu Sovann, ich muss dir etwas erklären. Für einen zu langen Moment sah Toto sich, einen Fleischberg, neben dem kleinen androgynen Wesen, das mit der doppelten Schrittzahl neben ihr herlief. Ein schönes Paar, wir sollten heiraten.
    Und Kinder zeugen. Hör zu, ich weiß nicht, was Peter dir versprochen hat, ich kenne ihn nicht, ich bin nicht sein Freund. Ich will nur weg hier. Ich habe zu Hause ein Leben zu beginnen, ein Erwachsenenleben, ein ordentliches, in dem ich Vorgaben erfülle, mich korrekt kleide und Steuern zahle. Ich werde ein Mitglied der Zwangsgemeinschaft, ich werde nicht mehr jeden Tag darüber nachdenken, wie lächerlich alles ist, so wie alle anderen, ich werde mich wichtig nehmen und nicht überlegen, dass schon ein kleines Zucken der Erdkruste genügt, mich auszulöschen, mich ausgedörrt in die Krone einer Eiche zu hängen, oh, Entschuldigung, Eiche kennst du nicht, eine Palme mit Blättern, darum geht es mir jetzt, endlich einmal nicht mehr nachdenken und mich nicht mehr motivieren, das Bett zu verlassen, nicht denken, es ist alles sinnlos, warten wir doch auf das Ende, das bald eintreten wird. Ich werde da draußen mitmachen, vielleicht ist es das Geheimnis, einfach zu tun, was alle tun, im Strom, eingereiht in die gutriechenden Leiber, die am Morgen die Verkehrsmittel stürmen, ich werde Prioritäten in meinem Leben setzen, eine Familie gründen oder Freunde finden. Verstehst du, das wird mein neues Leben sein. Sovann lief schweigend neben Toto und fragte: Und was heißt das. Das heißt, sagte Toto, mach dir ein nettes Leben hier, mit deinen Freiern, den Tellerminen und den korrupten Verbrechern in der Regierung, den blöden Touristen, dem Aids, ich verabschiede mich an dieser Stelle.
    Darf ich noch einmal in einem Bett liegen, fragte Sovann, als hätte er Totos Vortrag nicht verstanden, was vermutlich der Fall war, und was konnte man darauf schon antworten.
    Toto hatte die Idee von einem letzten Tag alleine aufgegeben, der Junge folgte ihr mit doppelter Schrittzahl, so viele Haken sie auch schlagen mochte. Da gab es auch kaum etwas zum Flüchten. Die Promenade, an deren Rand die Minenopfer bettelten, die Innenstadt mit den verfallenen Kolonialgebäuden, der Fluss und wieder zurück, sie saßen auf einer Terrasse, und Toto betrachtete Sovann zum ersten Mal ausdauernd, die schmalen Hände, die Wangenknochen, die langen Wimpern und die fließenden Bewegungen. So sollten Menschen aussehen, in dieser

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