Vielen Dank für das Leben
Mischbrot, Buchstabensuppe, Rückversicherungsgesellschaft. Sie wollte weg, und es standen immer noch zwei Nächte davor.
In der vorletzten kam Peter, kichernd, betrunken, wie es schien, und schob einen Jungen ins Zimmer. Einundzwanzig, zweiundzwanzig, zu lang in der Tür, lauernd auf eine Reaktion, da kam doch keine und ab ins Bett. Im Halbdunkel sah Toto nur den dünnen Körper des Knaben, wie der eines Kindes, die Laute, das Schnaufen Peters, etwas übermächtig Böses im Raum, Toto versuchte sich weit weg zu denken, nicht wahrzunehmen, was da passierte, er versuchte, Peter nicht zu sehen, der im Anschluss triumphierend nackt dasaß. Toto schwieg und schämte sich dafür, dass sie sich mit Peter in einem gemeinsamen Leben aufhielt.
Nachdem der Knabe gegangen war, weinte Peter, der so auf eine Eifersucht gehofft hatte, wurde wütend, lief schimpfend durch den Raum, nannte Toto undankbar, einen ekligen Zwitter, er warf sich ihr zu Füßen, weinte in ihre Schenkel, die Nacht und der Wahnsinn wollten nicht enden. Es war, wie einem Unfall beizuwohnen, Zeuge einer Gewalttat zu sein, Innereien zu betrachten, und irgendwann gegen Morgen fiel Toto wie bewusstlos in einen leichten Schlaf, der sich mit den vergangenen Szenen der Nacht und ihren unheimlichen Lauten verband, aus dem sie betäubt erwachte. Die Hitze drückte bereits um sieben Uhr in den Raum. Es dauerte, bis Toto begriff, dass Peter nicht da war. Der Schrank leer, seine Tasche nicht vorhanden, und auch sein Kopftuch schien unterwegs.
Toto trug ihren Pass und das Ticket bei sich, sie hatte zu viele Bücher gelesen, in denen verrückte Frauen wahnsinnigen Männern im Orient ihren Pass überlassen hatten. Mit Peter war jede schlechte Schwingung aus dem Raum verschwunden, wenn man an so etwas wie Schwingungen glaubt, vielleicht waren es einfach Ausdünstungen, die man nicht verträgt, und nun schien eine Luftveränderung stattgefunden zu haben.
Beim Verlassen des Hotels, selbst ein kleiner Regen ging zur Feier der Unabhängigkeit nieder, sprang der Junge, der mit Peter im Hotelzimmer die Nacht verbracht hatte, plötzlich neben Toto. Fast unwirsch war sie im ersten Moment, hatte sie sich doch so auf die Einsamkeit gefreut, doch dann sah sie an, was da neben ihr lief. Der junge Mann hätte Totos Miniaturausgabe sein können, ein kleines Tier, kein Mann, keine Frau, die Gliedmaßen hätte man zwischen zwei Fingern zerdrücken können, der Brustkorb bohrte sich spitz durch das hässliche Hemd.
Toto starrte den Jungen an. Der redete über Peter und sein Versprechen. Die Eltern. Die kranke Schwester. Welches Versprechen. Toto war verwirrt, vielleicht war das Wetter verantwortlich für den Zustand dieses Landes, da waren alle ständig ein wenig vernebelt, da klebte doch alles zusammen, da wollte man nichts mehr, als an schattigen Plätzen liegen. Sie erwarten uns, sagte der Junge, der wie ein Mädchen wirkte und sich in einer beneidenswerten Geschmeidigkeit bewegte. Toto schwitzte zu stark, um sich zu fragen, wer wen erwartete, sie folgte, ließ sich schieben, anstarren, anfassen und freute sich nur, dass Peter abgereist war und ihr die erste freie Nacht bevorstand, sie würde das Fenster öffnen und nicht mit der eiskalten Klimaanlage schlafen müssen, würde auf dem Balkon sitzen, den Geräuschen lauschen, und morgen wäre sie zu Hause. Umstände erzeugten keine Launen bei Toto. Sie schwamm durch jede Witterung, durch Stimmungen und Menschen immer im Schutz ihrer Person, die sie mochte. Es war ihr nicht zuwider, neben einem Fremden durch ein Land geschoben zu werden, das sie nichts anging, es war nur nicht der Zustand, den sie freiwillig für sich ausgewählt hätte.
Nach einer halben Stunde betraten sie eine rauchgeschwärzte Wohnung in einem verschimmelten Wohnblock ohne Fensterscheiben. Wozu auch Fensterscheiben, sie würden die Insekten abhalten, die sich ungehindert auf dem Boden suhlen konnten, sie schienen in eine Familienaufstellung vertieft, Dutzende großer flinker Tiere, neben denen sich zwei zahnlose Frauen, ein Mädchen mit Baby und ein alter Mann oder mehrere aufhielten, es war dunkel und Toto nicht in der Stimmung, alle Anwesenden durchzuzählen. Es gab eine Art halboffener Feuerstelle, zu der eine der beiden alten Frauen sich schnaufend bewegte, um etwas zu kochen, für das es keinerlei Rechtfertigung gab. Wer muss denn morgens ein Gericht mit etwas Zuckendem essen? Die fünf, sechs oder mehr Anwesenden schauten voller Erwartung auf Toto. Sovann,
Weitere Kostenlose Bücher