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Vielen Dank für ihre e-mail

Vielen Dank für ihre e-mail

Titel: Vielen Dank für ihre e-mail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Moss
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soll.
    Ähnlich wie die erste Dampflok war auch diese historisch so bedeutsame E-Mail kaum schneller als ein gut trainierter Brieftaubenschwarm. Laura Breeden hatte die Nachricht schon am Vortag abgeschickt. Am 2. August um 12.35 Uhr US-amerikanischer Zeit ging die Mail auf die Reise. Sie wurde dann über zwei Stationen nach Deutschland weitergereicht, wo sie erst am nächsten Vormittag eintraf.
    Zuvor hatte es bereits mehrere zarte Versuche gegeben, elektronische Post von Deutschland nach Amerika zu senden. Um aber die Distanz über den Atlantik hinweg zu überbrücken, mussten sich die Nutzer jedes Mal telefonisch in amerikanische Rechner einwählen – ein mühseliges und kostspieliges Hobby für technikverliebte Computerfanatiker.
    Nun wurde Deutschland über Nacht ein Teil des damals hochmodernen Wissenschaftsnetzes CSNET. Das parallel existierende Arpanet wurde ausschließlich zu Militärzwecken genutzt und war damit für die deutschen Informatiker nicht zugänglich. „Das CSNET dagegen war die preiswerte Variante fürs gemeine Volk“, sagte Michael Rotert später.
    Längst ist rund um die E-Mail-Kommunikation ein Milliardenmarkt entstanden. Es gibt praktisch kein Unternehmen in Deutschland, das heute noch ohne elektronische Kommunikation arbeiten kann. Mitte der achtziger Jahre aber waren dem Informatiker Rotert die gigantischen ökonomischen Folgen seines Tuns nicht bewusst. Er habe nicht mit einem derart „durchschlagenden Erfolg“ rechnen können, sagte er einmal.
    Am 3. August 2009 hat Michael Rotert den Originalausdruck der ersten deutschen E-Mail an das Karlsruher Stadtarchiv übergeben – auf den Tag genau ein Vierteljahrhundert nachdem diese Nachricht im übertragenen Sinne deutsches Territorium erreicht hatte.
     
INFO@NIRWANA
    Die Hoffnung, die der Mensch an die Kommunikation via E-Mail knüpft, gründet letztlich auf einem einfachen Prinzip: Ich sende Dir etwas, und Du antwortest. Und zwar schnell.
    Gerade diejenigen aber, die das größte Interesse an einer stabilen kommunikativen Außendarstellung haben müssten, versagen an dieser Stelle häufig: Viele Unternehmen beantworten E-Mails – wenn überhaupt – zu spät. Im schlimmsten Falle erhalten Kunden oder solche, die es noch werden könnten, überhaupt keine Antwort.
    Im Austausch mit der Außenwelt fallen viele Unternehmen wieder auf mittelalterliches Niveau zurück. Sechs von zehn Anfragen werden in der Regel erst nach einer Woche beantwortet. Und etwa ein Viertel der Kunden in Deutschland wartet sogar noch länger oder bekommt gar keine Rückmeldung, hat die Beratungsfirma Steria Mummert Consulting herausgefunden. An der Studie nahmen tausend Menschen teil, was den Ergebnissen eine gewisse Aussagekraft verleiht.
    Wir sind in solchen Fällen schnell geneigt, den Begriff des virtuellen Nirwanas zu verwenden. Damit wollen wir zum Ausdruck bringen, dass die Nachricht, die wir einst versandten, bis in alle Ewigkeit verloren ist. Hoffnungslos verschollen in den endlosen Weiten des Kommunikations-Universums.
    Eine derart stümperhafte Sicht der Dinge ist für Kenner des Begriffs Nirwana allerdings nur schwer erträglich. „Der Buddhismus lehrt, dass man mit äußerster Selbstkontrolle und meditativer Versenkung einen als Nirwana bezeichneten Zustand erreichen kann, in dem der Gläubige völligen Seelenfrieden und die Abwesenheit von allen Bedürfnissen erfährt“, schreibt ein Journalist der Nachrichtenagentur AP etwa in einem Bericht über Buddhisten in Nepal. Diese „Abwesenheit von allen Bedürfnissen“ werden wir bei Konsumenten wohl kaum diagnostizieren können. Im Gegenteil: Gerade weil sie das Bedürfnis haben, ein bestimmtes Produkt zu erwerben, nehmen Sie ja Kontakt zu einem Unternehmen auf.
    Ähnlich übrigens wie Aktionäre. Und an dieser Stelle haben Wissenschaftler Erstaunliches zu Tage befördert. Vor allem dann, wenn sich ein bedürfnisorientierter, kapitalistisch motivierter Investor bei einem Unternehmen meldet, steht dieses sofort stramm. Sieben von zehn Antworten auf E-Mail-Anfragen von Aktionären waren in einer Untersuchung der Ruhr-Universität Bochum absolut vollständig.
    Dies ist eine Traumquote, gemessen am Umgang mit Kunden oder Nachwuchskräften, die eine Stelle suchten. Vollständig beantwortet wurden die Anfragen von Bewerbern in der Studie nur zu 13,5 Prozent. „Der Kampf um die besten Nachwuchsköpfe gilt als eine zentrale zukünftige Herausforderung für Unternehmen. Zumindest im Antwortverhalten bei

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