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Vielen Dank für ihre e-mail

Vielen Dank für ihre e-mail

Titel: Vielen Dank für ihre e-mail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Moss
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der die Nachricht empfangen soll.
    Und um diese beiden Bestandteile einer elektronischen Adresse zusammenzubauen, bedarf es einer revolutionären Idee. Tomlinson benötigt ein besonderes Zeichen. Es muss ein Symbol sein, das auf einer herkömmlichen Tastatur vorhanden, aber ansonsten fast überflüssig ist – also kein Bestandteil eines Namens, keine Zahl, kein Buchstabe und auch keine Firmenbezeichnung.
    Groß ist die Auswahl nicht, wenn man derart gravierende Einschränkungen hinnehmen muss. Auf der Tastatur seiner 33 Teletype , einer Art Schreibmaschine mit Fernschreibfunktion, stößt er auf das @. Dieses Symbol erfüllt alle geforderten Kriterien. Tomlinson bastelt, setzt die Zeichen zusammen und schafft damit die erste E-Mail-Adresse der Welt:
    tomlinson@bbntenexa
    Eine weite Strecke wird seine Nachricht nicht überbrücken müssen. Die Rechner stehen praktisch nebeneinander, nur verbunden über ein Kabel. Tomlinson sendet seine historische E-Mail innerhalb des eigenen Hauses vom kleineren Computer mit dem Namen BBNB zu dessen größeren Kollegen BBNA . Es ist ein kleiner Schritt für ein @, aber ein großer Schritt für die Internetgemeinde, die erst in den Jahren danach E-Mail-Endungen wie .com oder .de einführen wird.
    Geradezu vehement wehrt sich Tomlinson heute gegen die Mär, er habe das @-Zeichen erfunden: „No, I did not invent the at sign!“, sagt er auf seiner persönlichen Internetseite. Tatsächlich war das @ schon seit vielen Generationen gebräuchlich unter Händlern und Kaufleuten in der Englisch sprechenden Welt. Die Aussage „10 gal @ $3.95/gal“ bedeutete etwa: „zehn Gallonen zu 3,95 Dollar je Gallone.“ Aus diesem kaufmännischen Ursprung heraus gelangte das @ auf die Tastaturen moderner Rechner – und damit in den Wahrnehmungskreis des ersten E-Mail-Versenders Ray Tomlinson.
    Wie sehr dieses @ das Leben und die Kommunikation der Menschen beeinflusste, zeigt das englische Königshaus: Keine fünf Jahre nachdem Ray Tomlinson die erste hausinterne E-Mail von einem Rechner zum anderen abgesetzt hatte, machte die Queen schon von dieser neuen Art der Nachrichtenübermittlung Gebrauch. 1976 verschickte Elizabeth II. ihre erste E-Mail von einem britischen Militärstützpunkt aus.
    Trotzdem hat sich die englische Königin in Londoner Adelskreisen nicht unbedingt den Ruf einer begnadeten, interaktiven Kommunikatorin erworben: „Wir können ihr keine E-Mail schreiben, und es gibt wenig Hoffnung, dass 85 sie in Zukunft bloggen wird oder gar twittern“, sagte einmal Peter Hunt, Experte für königliche Angelegenheiten bei der britischen BBC , in einem Gespräch mit dem Stern .
    Dem Siegeszug der E-Mail hat dies keinen Abbruch getan. Dass die Menschen das @ rund um den Globus in ihre Sprache und damit in ihre Kultur aufgenommen haben, zeigen die phantasievollen Übersetzungen für dieses Symbol: Bei den Deutschen ist es der Klammeraffe , bei den Chinesen liebevoll die Kleine Maus , bei den Italienern die Schnecke und bei den Tschechen ein burschikoser Rollmops .
    Für die Entstehungsgeschichte der E-Mail schien sich die Öffentlichkeit dagegen lange Zeit nicht zu interessieren – ein Umstand, der sich inzwischen vollständig geändert hat. Nun wollen Journalisten scheinbar jedes noch so kleine Detail von Ray Tomlinson erfahren, bis hin zu der Frage, was er denn an jenem Abend gegessen habe, als er die erste E-Mail der Menschheitsgeschichte versandte. Kommentar Tomlinson: „Wissen Sie, was Sie 1971 gegessen haben? Ich weiß es nicht.“
     
WILLKOMMEN IM NETZ
    Die Geschichte der ersten E-Mail Deutschlands beginnt mit einem Rechtschreibfehler. Am 3. August 1984 sitzt Michael Rotert vor seinem Rechner im Keller der Universität Karlsruhe, als sich bernsteinfarbene Pixel zu einem merkwürdigen Wortgebilde zusammenfügen: „Wilkomen in CSNET!“ steht auf dem Bildschirm, falsch geschrieben, aber richtig verstanden.
    An diesem Morgen, um 10.14 Uhr mitteleuropäischer Zeit, geht der Informatiker Rotert in die deutsche Kommunikationshistorie ein. „Michael. This is your official welcome to CSNET. We are glad to have you aboard“, schreibt die US-Amerikanerin Laura Breeden. Es ist die erste elektronisch übermittelte Nachricht, die den Internet-Mailserver mit dem richtungweisenden Namen Germany erreicht. In diesem Augenblick wird Deutschland an das CSNET angeschlossen, ein bedeutendes Computernetz amerikanischer Hochschulen, das die Kommunikation zwischen Wissenschaftlern erleichtern

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