Vielen Dank für ihre e-mail
sollte dies doch eine unschlagbare, effizient-effektive Abteilung sein, oder?
BRIEF ADIEU
„Warum ich wieder zum Papier mich wende?/
Das musst du, Liebster, so bestimmt nicht fragen:/
denn eigentlich hab ich dir nichts zu sagen;/
doch kommt’s zuletzt in deine lieben Hände.“
Es ist ein fiktiver Briefwechsel zwischen einem Dichter und einem liebenden Mädchen. Und es war natürlich Johann Wolfgang von Goethe, der solche Zeilen verfasste. Cicero, Aristoteles, Schiller oder eben Goethe – hätten sie so großen Ruhm erfahren, wenn Sie statt ihrer Briefe elektronische Nachrichten verfasst hätten?
Dieses Kapitel ist ein Abgesang auf ein lieb gewonnenes Kulturobjekt. Der Brief, jenes gefaltete Stück Papier, das seit Generationen mit einer schmuckvollen Marke versehen wird, ist eine vom Aussterben bedrohte Spezies.
Über hunderte Jahre schickten sich die Menschen Briefe aus Papier innerhalb eines gut organisierten Postnetzes. Schon im Jahre 1490 wurde zum ersten Mal eine regelmäßige Postverbindung im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation erwähnt. Sie zog sich über eine für damalige Verhältnisse gigantische Strecke von mehr als 1.000 Kilometern. Für den Weg von Innsbruck in Tirol nach Mechelen in Flandern benötigte ein geübter Postreiter stolze sechseinhalb Tage.
1520 übertrug Kaiser Karl V. der Familie von Taxis das Recht, in seinem Reich eigene Poststellen einzurichten. Ein knappes Jahrhundert später wurde dieses wertvolle Privileg sogar erblich. Und schon 1653 richtete die Reichspost die erste Postkutschenlinie von Braunschweig über Celle und Lüneburg nach Hamburg ein.
Der erste ordentlich gekleidete Briefträger trug dann 1712 in Preußen die Post aus. Und dort, genauer im Hofpostamt zu Berlin, entstand 1766 auch eine weitere wichtige Institution: der erste öffentliche Briefkasten.
Das Königreich Bayern eroberte schnell die Innovationsherrschaft in Sachen moderner Kommunikation – mit einem Klebebildchen. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde dort das Briefporto eingeführt. Die erste Marke hieß Schwarzer Einser und wurde mit einer Auflage von 832.500 Exemplaren hergestellt.
1865 baute Siemens & Halske das erste deutsche Rohrpostnetz zwischen dem Berliner Haupttelegrafenamt in der Französischen Straße und der Börse in der Burgstraße. 1912 dann unternahm die Deutsche Reichspost ihren ersten offiziellen Postflug zwischen Mannheim und Heidelberg.
Und heute schreiben sich die Menschen E-Mails. Weil dies inzwischen massenhaft passiert, geht das über Jahrhunderte gewachsene Geschäft mit klassischen Briefen stark zurück. Deshalb hat sich die Deutsche Post entschlossen, den Online-Brief einzuführen – ein Dokument, das via E-Mail verschickt wird.
Im Unterschied zu einer herkömmlichen Mail wird der elektronische Post-Brief verschlüsselt gesendet. Krankenakten, Verträge, Kontodaten, Versicherungsunterlagen – nur der Empfänger kann die Dokumente öffnen und lesen. Dazu muss er sich am realen Postschalter einmalig ausweisen. Auch die Deutsche Telekom arbeitet mit Partnern an einem solchen Projekt.
Der elektronischen Post gehört die Zukunft. Romantischer wird die Kommunikation dadurch allerdings nicht. Oder könnten wir uns vorstellen, die Geliebte aus der Eingangsszene würde solche Sätze verfassen:
„Warum ich wieder zum Online-Brief mich wende?/
Das musst du, Liebster, so bestimmt nicht fragen:/
denn eigentlich hab ich dir nichts zu sagen;/
doch kommt’s zuletzt in dein liebes Online-Postfach.“
ES IST AUS
Nun ist es amtlich: 3 Millionen Deutsche machen per E-Mail oder SMS Schluss, hat Bitkom ermittelt. Fast schon beruhigend, dass die meisten Beziehungen noch immer im persönlichen Dialog beendet werden. Sechs von zehn Befragten suchten das Gespräch, jeder zehnte schrieb einen Brief.
Erwartungsgemäß sind es vor allem jüngere Menschen, die sich häufiger per E-Mail oder SMS von ihrem Partner trennen. Aber auch schon 2 Prozent der über 60-Jährigen haben bereits mit einer SMS eine Beziehung beendet.
Dabei wird der vorzeitige Beziehungsexitus per E-Mail oder SMS gesellschaftlich mit Argwohn betrachtet. 92 Prozent lehnen dies ab. Vor allem junge Menschen zwischen 14 und 19 Jahren haben hier sehr hohe ethische Standards. Dies ist deshalb bemerkenswert, weil gerade diese Gruppe besonders fleißig im „Es ist aus“ -Schreiben ist.
Nun sollte man aus derartigen Zahlen aber keine voreiligen Schlüsse ziehen. Internet, E-Mail oder SMS können Menschen
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