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Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Titel: Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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stand auf und räumte die Gartengeräte in den Schuppen. Ich trank mein Glas leer und sägte an dem Holz weiter bis es dunkel wurde. Dann kam Brad heim und nahm mich mit ins Haus. Er schickte mich unter die Dusche und mit Butterbrot und Milch ins Bett.
Die Milch machte mir in der Nacht so schwer zu schaffen, dass ich den Urin nicht mehr zurückhalten konnte und mich zum Klo schlich.
Bob sagte, es wäre endlich an der Zeit, Wasser lassen und Toilette zu sagen, anstatt pinkeln und Klo.
Ich schlich mich also zur Toilette. Unten im Wohnzimmer war noch Licht an. Also schlich ich so leise, dass ich mich selbst nicht hören konnte und traute mich auch nicht, abzuziehen. Doch meine Mutter hatte mir beigebracht, Urin und Anderes immer mit Wasser herunter zu spülen. Also zog ich den Duschschlauch vorsichtig zur Toilette und ließ ganz leise Wasser reinlaufen. Damit mich ja keiner hörte. Und Brad schon gar nicht.
Ich wollte eigentlich leise zum Bett zurück, war aber doch neugierig, was unten so los war. Also schlich ich zum Geländer und erhaschte einen Blick aufs Sofa und den Fernseher. Brad saß dort allein. Im Fernseher kämpften ein Mann und eine Frau miteinander. Oder turnten sie? Auf jeden Fall stöhnten sie vor Anstrengung. Dann stöhnte Brad. ??? Sein Kopf fiel dabei nach hinten. Er hatte wohl Schmerzen, dachte ich. Sollte er doch eine Pille dagegen nehmen. Die lagen unten in der Küchenschublade zu Hauff herum. So ging ich ins Bett.
    Ich freute mich, als meine Mutter in Urlaub fuhr und ich mit Brad alleine war. Endlich durfte ich ihn berühren, ohne dass er umgebracht wurde.
Eines Abends saßen wir zusammen vor dem Fernseher und Brad fragte: „Liebst du deine Mutter?“
Da ich nicht wirklich wusste, was Liebe war, sagte ich: „Ja.“
„Hast du das Gefühl, dass sie dich auch liebt?“, wollte er wissen.
Da ich nie andere Mütter kennengelernt habe, antwortete ich: „Ja.“
Brad nickte und machte uns eine Pizza.
    In der ersten Woche konnte ich noch zweimal seine Schmerzen vor dem Fernseher beobachten. Das machte mir dann doch Angst. War er sehr krank? Brad war ein richtiger Mann, groß, stark und freundlich. Was konnte er wohl haben?
Eines Nachts lungerte ich also oben an der Treppe und wartete, bis seine Schmerzen wiederkamen. Als ich den Reißverschluss seiner Hose hörte, dachte ich, er muss Bauchschmerzen haben. Macht wohl besser die Hose auf. Dann kneift‘s nicht so. Das kenne ich. Ich schlich runter, um ihm zu helfen. Großer Gott!
Ich durfte am nächsten Tag nicht mehr runterkommen, hatte Zimmerarrest bekommen. Es war der Tag, an dem Brad anders zu mir wurde. Er wurde streng, schrie mich an, verbot mir zu malen und ließ mich stundenlang Holz sägen. Abends schloss er meine Zimmertür ab. Zuvor stellte er jedoch einen kleinen Eimer in mein Zimmer. Fürs Wasser lassen.
Ich malte auf kleinen Blockzetteln mit Bleistift schwarze, verfaulte Penisse und steckte sie in meine Mappe.
    In der zweiten Woche, in der meine Mutter in Urlaub war, hörte ich eines Nachts eine fremde Frauenstimme unten aus dem Wohnzimmer. Ich bin mir ganz sicher. Es lief zwar der Fernseher, aber die Stimme von Brad kenne ich. Sie tuschelten und stöhnten, und ich versuchte mir vorzustellen, was sie wohl tun würden. Brad rang um Luft. Viel stärker als sonst. Viel lauter.
Ich presste mein Ohr an die Tür, um ja nichts zu verpassen. Das Stöhnen wurde hektischer, dann Tooor! Ein Jubel!
Schauten sie etwa Fußball?
Ich war einfach zu dumm. Dabei war ich in der Schule der Klassenbeste und tat zu Hause Dinge, die kein anderer in meiner Klasse tat.
Ich frage mich, was Dummheit von Klugheit unterscheidet.
    Auch in der dritten Woche war diese Frau da. Jeden Abend. Und jedes Mal schauten sie Fußball.
Als meine Mutter wieder heim kam, war diese Frau weg. Eigentlich schade, denn meine Mutter konnte ein bisschen Freude gebrauchen.
Brad erklärte mir, dass meine Mutter nun Tabletten schlucken müsse, damit es ihr besser ging. Ihre Laune wurde besser. Bis zu dem Tag, als wir hörten, dass Großvater Ben an einem Schlaganfall gestorben sei.
Wir mussten nach Boulder zur Beisetzung. Dort wohnte Großvater Ben bis zum Schlaganfall.
Meine Mutter wollte mich nicht mitnehmen, aber ich heulte Rotz und Wasser. Ich wollte doch Großvater Ben noch einmal sehen.
Als wir ankamen, suchte ich Großvater Ben verzweifelt in der Kirche, bis Großmutter Elli, der Kaktus, mir sagte, Großvater sei in dieser Dose. Sie zeigte auf eine Keksdose mit Deckel. Ich sah

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