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Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Titel: Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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drauf. Das musste ich unbedingt in der Schule zeigen.
Die Kinder in Leadville gingen irgendwie nicht zur Schule. Zumindest viele davon nicht. Im Grunde hatten sie Recht. Bis heute habe ich noch nichts von dem Stoff gebrauchen können, den ich gelernt habe, außer Schreiben und Lesen. Aber das konnte ich auch schon vor der Schule.
Hier in Leadville musste man spucken, rülpsen, furzen, schimpfen, kloppen und meckern können. Meckern war überhaupt das Größte hier. Wir haben über alles gemeckert: die Eltern, den Müll, die Schule, das Wetter und die blöden Nachbarn. Über den Präsidenten, die Welt, und das Weltall. Dann ging uns der Stoff aus.
Ich achtete darauf, dass niemand über Monica meckerte. Sie war nämlich schwer in Ordnung.
Ich durfte abends länger draußen bleiben, weil Monica noch arbeiten musste. Ihr Büro lief wohl richtig gut.
Wir setzten uns um ein Lagerfeuer und fühlten uns mächtig erwachsen.
So ein Urlaub war etwas Großartiges.
Jemand holte eine Zigarette raus und reichte sie rum. Auch zu mir. Ich dachte, warum nicht. Die Jungs waren schwer in Ordnung.
Ich hustete mir die Seele aus dem Leib.
Monica rief mich rein. Sie sagte: „Du darfst das Zeug nicht rauchen. Es bringt dir Ärger. Lass es.“
Sie holte eine Tüte Chips und Limo. Cola war nicht gut für mich. Es machte mich nachts zu einem Hamster im Rad.
Monicas Filme im Fernsehen waren viel besser, als die von Brad. Sie waren lustig und nicht so anstrengend. Niemand turnte, niemand stöhnte.
Wir lachten den ganzen Abend.
    Die erste Woche war schnell vorbei. In der zweiten Woche gab es viel Regen, und ich konnte nicht raus, weil draußen alles matschig war. Ich fragte Monica, ob ich ihr im Büro helfen könne. Sie sah mich nur an. Dachte sie, dass ich zu dumm dafür sei? Dann hatte sie meine Schrift noch nicht gesehen.
Sie gab mir ein paar Filzstifte, einen Block und sagte: „Jetzt richtest du dir dein eigenes Büro ein“, und schickte mich ins Zimmer. „Ich hol dich, wenn ich fertig bin“, sagte sie.
Okay.
Ich beschloss, Monica ein Bild zu malen. Es sah ein bisschen gequält aus, aber sonst war es gut gelungen.
Monica machte laute Musik bei der Arbeit. Sie erklärte mir später, das sei klassische Musik gewesen. Die Musik würde sie bei der Arbeit inspirieren.
Bob sagte, das heißt anregen, Lust und Freude machen, Ideen zu bekommen.
Es ist gut, wenn man Freude an der Arbeit hat. Ich habe auch Freude beim Malen. Allerdings ohne klassische Musik. Ich brauche das nicht.
Monica freute sich sehr über das Bild und hängte es gleich an einen Küchenschrank. Das hat meine Mutter nie getan. Sie hat immer nur geheult.
Monica brachte mir immer neue Spiele ins Zimmer, wenn sie arbeiten musste. Also, da waren: Worträtsel, Sudoku, Mikado, Puzzle und Comics. Es war nie langweilig. In der dritten Woche durfte ich wieder raus. 
    Einige Kinder waren plötzlich verschwunden. Ich fragte, wo sie seien. Jemand sagte nur: „Läuse.“
Nun wollte ich aber nicht ganz so dumm dastehen und sagte mit nickendem Kopf: „Bei mir auch immer.“
Einer fragte: „Immer?“
Ich sagte: „Ständig und immer.“
Alle rannten weg.
Ich ging zurück in den Wohnwagen und erschrak fürchterlich. Jemand versuchte gerade Monica umzubringen! Ein Mann drückte so stark auf ihr herum, dass sie sicherlich bald ersticken musste. Ich schrie und rannte in die Küche, um ein Messer zu holen. Monica schrie, der Mann schrie, und ich stand vor ihnen mit einem riesen Fleischmesser.
Der Mann rannte weg. Ich hatte Monica das Leben gerettet! Dank der Läuse.
Bob sagte, wenn bestimmte Situationen wie ein Wunder zusammenpassen, dann nennt man das Schicksal. Das hier wäre aber kein Schicksal gewesen. Es hätte mir nur an Aufklärung gefehlt.
Bob fragte, ob ich im Fernseher bei Brad nie genau hingeschaut hätte, was Mann und Frau dort machen. Ich sagte: „Nö.“
Monica stand so unter Schock, dass sie nicht mehr mit mir redete.
Ich sollte besser wieder rausgehen.
Den Nachmittag verbrachte ich alleine draußen. Alle waren wie vom Erdboden verschluckt.
Abends klopfte jemand an unseren Wohnwagen. Monica sah mich überrascht an. Die Mutter von einem anderen Jungen stand draußen und schimpfte mit Monica. Es ging wohl um Läuse.
Monika kam zu mir und fragte: „Warum hast du überall herumerzählt, dass du Läuse hast?“
Ich fragte: „Hab ich denn keine?“
Ihr fehlten wohl die Worte. Sie ging zu der Mutter zurück und sagte, es sei ein Missverständnis.
Monica kam zurück und sagte: „Ich

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