Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)
waren ein Haufen voller Leid, das war klar.
Brad sagte: „Deine Mutter ist sehr krank.“
Ja, ja, das wusste ich schon. Und warum heilte sie niemand?
Ich fragte: „Wann stirbt sie endlich?“
Brad gab mir eine Ohrfeige und eine Woche Zimmerarrest.
Wenn ich von der Schule nach Hause kam, schaute ich immer erst in den Briefkasten und brachte die Post mit in die Wohnung.
Ich fand zum ersten Mal einen Brief an mich. Er war von Patrick Clark aus Kalifornien. Mein früherer Freund aus Topeka.
Ich riss den Brief voller Freude auf.
Hallo Chris!
Wie geht's altes Haus?
Bist'e auch größer geworden?
Wollte mich mal melden und fragen, wie's Dir geht.
Was machst'e so?
Dein Freund Patrick
Es lag ein Bild von ihm mit seinen Eltern dabei. Ich dachte, ich könnte doch auch so ein Foto schicken. Dann stellte ich mir Brads und das Gesicht meiner Mutter vor. Ich ließ es.
Ich erzählte zu Hause nichts von dem Brief. In der Nacht erinnerte ich mich, dass Patricks Vater Jim doch mit meinem Vater einmal befreundet war. Vielleicht konnte ich von ihm etwas über meinen Vater erfahren. Das war eine echte Chance!
Ich schrieb Patrick von meiner neuen Schule, meinen Bildern und meinen Blutgeschichten.
Eine Woche später kam ein Brief von Jim an meine Mutter an.
Hatte ich was Falsches geschrieben? Sollte ich den Brief meiner Mutter geben? Was stand da wohl drin? Informationen über meinen Vater oder gar Fotos?
Ich fühlte ein Kärtchen aus Pappe in dem Brief. Das konnte ohne weiteres ein Foto sein! Ich öffnete den Brief auf der Toilette. Es war kein Foto drin. Nur eine Postkarte von Kalifornien.
Liebe Sarah!
Christopher hat Patrick einen Brief geschrieben. Du musst unbedingt Kontakt mit mir aufnehmen.
Gruß Jim
Ich war begeistert! Er hatte die Kunst meiner Bilder erkannt! Ich zeigte den Brief freudestrahlend meiner Mutter.
Als Brad abends aus dem Bett für die Nachtschicht kroch, kam er in mein Zimmer gestürzt, in Unterhose! Er riss mich vom Stuhl und schlug mich von einer Ecke in die andere. Dabei schrie er: „Man … liest … nicht … in … fremden … Briefen … herum!“
Als der Satz fertig war, waren auch die Prügel beendet.
Mir schoss das Blut aus sämtlichen Poren. Ich musste an Steve denken.
Meine Mutter kam hereingestürzt und entdeckte noch zu allem Unglück meine aufgeritzten Arme. Ich dachte noch, oh nein, jetzt gibt's noch mal Prügel. Doch sie sank nur heulend zu Boden, während Brad pissen ging.
Das Jugendamt kam wieder, doch diesmal sahen sie mein zerschlagenes Gesicht. Ich erklärte ihnen, dass ich mich in der Schule geprügelt hätte. Sie sagten, ich sei seit Wochen nicht mehr in der Schule gewesen. Also, welche Schule?
Jetzt gingen mir die Argumente aus.
Meine Mutter bekam eine Einladung zu einem Gespräch. Sie sollte ein Gesundheitszeugnis und ihren Einkommensnachweis mitbringen.
Zweites ging ja, aber erstes?
Brad schlug mich diesmal so sehr ins Gesicht, dass ich fast die Besinnung verlor. Ich sei alles Schuld, schrie er und ging saufen. Ließ mich einfach liegen.
Meine Mutter war beim Arzt wegen dem Gesundheitszeugnis. Als sie heimkam sagte Brad zu ihr, ich würde schon schlafen. Wäre so müde gewesen. Sie glaubte es, denn sie kam nicht mehr in mein Zimmer.
Ich konnte nicht rufen, denn es war alles zugeschwollen. Wenn das so weiterging, konnte ich nicht mal mit dem Krafttraining beginnen. Wer würde mir schon eine Gewichtsstange verkaufen, bei dem Gesicht! Und Geld hatte ich auch keins.
Am nächsten Morgen klingelte es schon sehr früh an der Haustüre. Ich lag immer noch auf dem Boden und konnte nichts sehen.
Meine Mutter war schon zur Arbeit und Brad fluchte, weil er aufstehen musste. Er war doch gerade erst von der Nachtschicht heim gekommen.
Ich dachte: die Polizei, das Jugendamt oder die Schule. Ich war seit Wochen nicht mehr dort gewesen.
Es war niemand von denen, es war Patricks Vater, Jim Clark aus Kalifornien.
Mein Kunstinteressent!
Man, war ich froh, als ich seine Stimme hörte. Hören konnte ich nämlich noch. Nur sprechen und sehen nicht.
Die Männer schrien sich an der Tür an.
„Ich will zu Christopher!“, schrie Patricks Vater.
„Der ist in der Schule!“, schrie Brad zurück.
„Stimmt nicht!“, hörte ich wieder Patricks Vater schreien. „War gerade da! Er ist seit fünf Wochen nicht mehr dort gewesen! Wo ist er?!“
So lange schon?
„Das geht Sie nichts an!“, schrie Brad.
So zog sich eine endlose Schreierei durch unseren Hausflur.
Ich lag auf dem Boden, hielt den
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