Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)
Finger wie in der Schule hoch und flüsterte: „Hier … hier …“
Brad hatte Patricks Vater nicht reingelassen. Jim kam später mit meiner Mutter wieder. Die hatte nämlich einen Schlüssel.
Es muss gegen Mittag gewesen sein. Ich lag immer noch auf dem Boden. Da fiel mir erst auf, dass ich mich nicht bewegen konnte. Irgendwie war meine Schulter kaputt. Dann die schlimmste Entdeckung überhaupt: Ich hatte mich vollgepinkelt!
Ich hörte noch, wie Patricks Vater sagte: „Großer Gott!“, und musste eingeschlafen sein. Ich habe mich wohl so gefreut.
Patricks Vater brachte mich ins Krankenhaus. Meine Mutter brachte er vorerst woanders hin. Gegen Brad erstattete er Anzeige wegen Misshandlung und schwerer Körperverletzung. (Hat Bob mir erzählt)
Meine Schulter war völlig hin, ebenso mein Kiefer, und ich konnte mit dem rechten Auge nichts mehr sehen. Wie ich schon einmal sagte, die rechte Seite ist nicht meine Seite. Jetzt hatte ich auch noch ein kaputtes Auge über den Narben meiner Wange. Eine wahre Schlagseite.
Die Schwestern waren sehr nett. Eine fasste sogar meinen Penis an, als ich in die Flasche machen sollte. Aber es passierte nichts, außer dass Urin kam. Ich war erleichtert.
Patricks Vater kam mich direkt am nächsten Tag besuchen. Meine Mutter nicht. Brad konnte nicht, weil er ja festsaß. Gott sei Dank!
Patricks Vater erklärte mir, dass meine Mutter sehr krank sei.
Das bin ich auch, dachte ich. Ich konnte nicht sprechen. Mein ganzer Kopf war verbunden, glaube ich. Also nickte ich.
„Schmerzen?“, fragte er.
Ich schüttelte den Kopf.
„Hat Brad dich schon öfters geschlagen?“
Ich nickte.
„Hat er auch deine Mutter geschlagen?“
Ich nickte wieder.
„Die Polizei hat ihn jetzt mitgenommen. Er wird niemanden mehr schlagen“, sagte er.
Ich nickte. Ich wollte fragen, ob ich hier im Krankenhaus malen dürfe, aber sprechen konnte ich ja nicht.
In der Klasse wäre ich wieder eine riesen Lachnummer gewesen. Die hatten mir nämlich den Kiefer zugebunden.
Zwei Tage später kam Patricks Vater wieder. Meine Mutter nicht.
Patrick hat einen tollen Vater. Den hätte ich auch gerne. Er hat sich toll um mich gekümmert. Aber sein Gesicht war traurig, und er sah die Zimmerdecke an. Hallo, ich bin hier unten, dachte ich mit zugebundenem Mund.
Ich konnte ihn nicht fragen, was los sei, also schaute ich ihn an, bis er zu mir runter sah.
„Deine Mutter ist heute Morgen gestorben.“
Ich sah ihn ungerührt an.
„Sie war sehr krank“, sagte er und sah mir direkt in die Augen. Na, ja, in eins. Das andere war zugeklebt.
„Ich muss eure Wohnung auflösen.“
Jetzt wurde ich unruhig und zappelte mit Händen und Füßen. Ich dachte an meine Staffelei, meine Kunstmappen, meine Blutgeschichten, meinen Tuschekasten und an die Geschichten mit meinem Vater. Wollte Patricks Vater das alles gar nicht sehen?
Ich stöhnte vor mich hin, aber er verstand mich nicht.
„Ein Zettel“, stöhnte ich. Aber es hörte sich nicht wie ein Zettel an. Ich wollte ihm meinen Kummer aufschreiben, aber niemand hat mir einen Zettel gegeben.
„Ich werde alles aus deinem Zimmer in einen Karton packen“, sagte er, und ich nickte erleichtert.
Der Rest war mir egal.
Zwei Tage später kam er wieder. Er sah wieder traurig aus und druckste herum.
„Deine Mutter wird nächste Woche eingeäschert und dann beigesetzt“, sagte er. „Willst du bei der Beisetzung dabei sein?“
Ich überlegte. Was war eingeäschert?
„Brad wird auch dort sein. Natürlich in Polizeibegleitung. Es wird dir also nichts passieren.“
Ich überlegte weiter. Dann schüttelte ich den Kopf, denn reden konnte ich immer noch nicht.
Nein, ich wollte nie mehr bei einer Beisetzung dabei sein. Ich wollte mich nicht noch einmal in Grund und Boden schlagen lassen. Also schüttelte ich den Kopf.
„Das verstehe ich“, sagte Patricks Vater. „Aber denkst du nicht, dass es wichtig wäre, wenn du dich von deiner Mutter verabschieden würdest?“, fragte er.
Oh, nein! Das kannte ich schon! Ich wollte mich mal von meinem Großvater verabschieden, habe ihn aber nicht gefunden. Nein, ich ließ mich doch nicht zweimal verarschen.
„Ich werde bei dir sein“, sagte er und sah mich fordernd an.
Das war eine Überlegung wert. Patricks Vater konnte mir vielleicht suchen helfen. Und mich vor Brad schützen. Er hatte mich ja auch von ihm weggeholt.
Mein Verband am Kopf wurde abgemacht. Mein rechtes Auge war blind. Aber der Kiefer funktionierte wieder. Ich konnte hallo sagen.
Der Blick des
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