Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Titel: Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
Vom Netzwerk:
Gesicht, bis es rot war. Sein Mund sah etwas gequält aus.
    Dr. Jason kam und holte mich zur Arbeit.
Ich fragte fachmännisch: „Welcher Unfall?“
Er antwortete: „Sturz vom Gerüst. Arbeitsunfall.“
Aha, also nicht richtig festgehalten. Richtig!
So was hatte ich noch nie gesehen: Ein Kopf ohne Gesicht ! Ein Kopf ohne Gesicht! Ein Kopf ohne Gesicht!
Ich kotzte in die Blutlache, die er hinterließ.
Bob brachte mich ins Bereitschaftszimmer. Ich keuchte: „Ein Kopf ohne Gesicht!“ Ich musste unbedingt malen, aber ich durfte nicht!
    Wir schliefen wieder dort, und so langsam machte ich mir Sorgen, dass ich nicht alles im Kopf behalten konnte, was ich gesehen hatte, um es den anderen zu
erzählen.
Ich fragte Bob, ob ich einen Stift und ein Blatt bekäme. „Protokoll“, sagte ich. Musste ich im Unterricht auch immer schreiben.
„Für wen?“, fragte Bob.
„Für meine Freunde.“
Bob packte mich am Kragen. „Du wirst für niemanden etwas aufschreiben, ist das klar, Kerl?“
Er ließ mich los und stürmte aus dem Zimmer.
Ich dachte, vielleicht ist das seine Hausaufgabe. Die durfte ich ihm nicht wegnehmen. Ich verstand Bob.
Kurze Zeit später kam er wieder zurück. „Entschuldigung. Es tut mir leid.“
„Sind das deine Hausaufgaben?“, fragte ich.
Er stutzte und sagte: „Genau, das sind meine Hausaufgaben.“
Damit war die Sache zwischen uns wieder klar.
Dr. Jason hatte an diesem Tag viel Arbeit für mich.
Ich muss sagen, am dritten Tag wurde mir komisch. Nicht schlecht, nur komisch. Ich fragte mich, was hier los sei? War Dr. Jason noch mehr auf Blut versessen als ich oder was war los? Was tat er mit all dem Blut?
Einmal habe ich gesehen, dass Blut in kleinen Beuteln an große Ständer gehängt wurde. An den Beuteln war ein Schlauch dran, der in den Arm der Menschen gesteckt wurde. Klar, Dr. Jason gab den Leuten das Blut zurück.
Am dritten Tag war mir alles klar:
Wenn die Menschen ihr Blut zurückbekommen, heilen sie. Ich dachte über mich nach: Ich malte mit meinem Blut. Ich gab es mir nicht zurück. Damit war es doch klar, dass ich bald sehr krank werden würde. Ich musste unbedingt aufhören, aus meinem Körper Blut zu holen. Sonst würde ich bald sterben.
Das erzählte ich Bob nach einem anstrengenden Arbeitstag. Der sagte, das solle ich morgen Dr. Jason erzählen. Und, dass ich furchtbar klug wäre.
Bob packte sein Heft weg. Er meinte, seine Hausaufgaben wären fertig.
    Am fünften Tag musste ich wieder bis zum Abend durcharbeiten.
Dr. Jason holte mich danach. Ich musste am Bett einer alten Frau stehen, die gerade starb. Ich sagte ihr: „Ich werde schnell wischen, damit Sie Ihr Blut wiederbekommen und heilen.“ Sie lächelte und starb. Ich war zu langsam.
Dr. Jason sagte, so was passiert, weil wir nicht alles können.
Ich erzählte ihm von meiner Erkenntnis (Bob gab mir das Wort) und er sagte, dass ich ein großartiges Praktikum gemacht hätte und morgen wieder nach Hause dürfe.
In der letzten Nacht im Bereitschaftszimmer beschloss ich, mit dem Ritzen aufzuhören.
Wir fuhren heim.
    Mr. Mintz holte uns sofort ins Büro.
Bob sagte: „Hat alles geklappt.“
Ja, alles hatte geklappt. Ich nickte dazu.
Mr. Mintz sagte: „Christopher, ich will nicht, dass du hier in der Schule von deiner Praktikumsstelle erzählst, hörst du?“
„Warum?“, fragte ich.
Bob erklärte: „Weil eine Praktikumsstelle nur für ganz besondere Jungs ist und viel Geld kostet. Wir haben so viele Weihnachtsgeschenke gekauft, dass wir kein Geld mehr haben, noch anderen Jungs Praktikumsstellen zu besorgen. Und wenn du das herum erzählst, ist doch klar, dann …“
Ich war klug: „… würden alle eine Praktikumsstelle haben wollen.“
„Genau“, entgegnete Mr. Mintz.
Wir drei waren uns einig, und ich schwieg wie ein Grab.
Es fragten mich zwar Einige, wie es gewesen wäre, doch ich sagte: „Langweilig. Würde ich nie wieder tun.“
Damit gaben alle Ruhe.
Ich hörte tatsächlich mit dem Ritzen auf. Bob hatte mir eine Stunde in der Woche eingerichtet, in der ich in seinem Büro malen durfte. Doch ich tat es nicht. Er gab mir kein Rot. Dabei ist Rot für alle Menschen eine wichtige Farbe.
    Eines Tages stand ich auf dem Schulhof und ein paar ältere Jungs riefen mich zu sich. Sie fragten, wie es denn so wäre, alleine im Zimmer. Da könnte ich doch wunderbar und jederzeit … Dabei drückte er seine Hose im Schritt zusammen.
Ich dachte, jetzt geht das wieder los! Dabei hatte ich diese Sache so schön vergessen.
Die Jungs lachten und

Weitere Kostenlose Bücher