Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Titel: Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
Vom Netzwerk:
schrie: „Messerstecherei!“
Oh, Mannomann! Das Blut tropfte den ganzen Gang voll. Ich war wütend, denn das bedeutete, dass ich lange auf den Knien rutschen musste.
Bob war wieder weg. Verfressener Kerl!
Da kam auch schon Dr. Jason mit dem Eimer gelaufen.
„Morgen Christopher! Gut geschlafen?“
Ich winkte und sagte: „Klar!“
„Du kennst ja deinen Job. Bin froh, dich zu haben, Kollege.“ Dann ging er wieder. Kollege! Das klang großartig.
Ich fühlte mich mächtig gelobt. Wenn ich heute Abend wieder ins Heim durfte, hätte ich unglaublich viel zu erzählen. Bluttropfen schrubben ist anstrengender als Bluttropfen wischen.
Ich sah mich um. Heute war nicht so viel los. Nur dieser Messerstecherei-Typ. Also, warum nicht ein bisschen malen?
Dr. Jason kam angerannt. „Was machst du da?“
„Malen, Sir“, sagte ich. „Hab doch Zeit.“
Dr. Jason setzte sich zu mir auf den Boden, während ich weiter malte. „Hast du den Mann gesehen, der das Blut verloren hat?“
Ich nickte beim Malen.
„Das Blut ist sein Blut. Es ist aus seinem Körper gelaufen und gehört ihm. Es ist wie ein Stück Leben von ihm. Verstehst du das?“
Ich nickte und stoppte mit dem Malen.
„Damit darf man nicht Malen. Überhaupt nicht. Hörst du? Das ist nicht richtig.“
„Schade“, sagte ich.
„Ja, schade“, sagte Dr. Jason, „aber so ist das Leben nun einmal. Was anderen gehört darfst du nicht benutzen oder wegnehmen.“
Das stimmte. Das hatte meine Mutter auch immer gesagt: Du darfst nicht stehlen. So hatte ich das gar nicht betrachtet.
Ich wischte das Blut also auf und brachte es dem MesserstecherTyp. Da lag er und stöhnte.
Ich fragte: „Tut's sehr weh?“
„Und wie“, stöhnte er.
Ich gab ihm einen Tipp: „Wenn du's selber machst, tut's nicht weh.“
Er sah mich nur an, und ich ging Bob suchen.
Bob saß nicht weit von mir, auch in grünen Klamotten und schrieb wieder Hausaufgaben.
„Alles klar, Christopher?“
Ich nickte und sagte erwachsen: „Heute wohl nicht viel los.“
„Stimmt.“
Leider kamen nur noch zwei Blutmenschen herein. Eine Frau, die in Grund und Boden geprügelt und ein Kind, das von einem Hund schlimm gebissen worden war. Beide sahen scheußlich aus, bluteten aber nicht sehr stark. Die Arbeit war also schnell getan.
Ich sprach mit der Frau. Sagte ihr, dass ich das Gefühl kenne und erzählte ihr von meinem Krankenhausaufenthalt.
Zu dem Jungen konnte ich nicht viel sagen, denn ich wusste nicht, ob er mich hörte. Sein Kopf war vollkommen zugebunden. Ich hatte damals wenigstens die Ohren frei.
Scheußliche Sache, so ein Hund.
Bob und ich hatten ein großartiges Mittagessen.
Nachmittags holte uns Dr. Jason in sein Büro. Wenn er nicht Blutmenschen heilte, ruhte er sich in seinem Büro aus. Mr. Mintz ruhte sich andauernd aus.
„Wie läuft's, Christopher?“
„Och“, sagte ich, „ganz gut. Heute war nicht viel los.“
Dr. Jason nickte. Er sagte: „Ich weiß ja, dass du gerne malst. Und ich dachte mir, wenn du mal weniger zu tun hast, kannst du hier bei mir im Büro malen.“
Großartige Idee. Bob hatte tolle Freunde.
„Ich habe allerdings nur grüne, blaue und gelbe Farben. Kommst du damit klar?“
„Klar“, freute ich mich. Ich fragte vorsichtig: „Haben Sie auch weiß?“
Dr. Jason schaute Bob an. Der schüttelte andeutungsweise den Kopf.
Bob sagte, andeutungsweise heißt, wenn man etwas so vorsichtig tut, dass es die anderen nicht sehen sollen.
Aber ich hatte es gesehen. Wie würde Dr. Jason darauf reagieren?
Er sagte: „Klar habe ich weiß.“
Er brachte mir richtige Ölfarben und ein stabiles Blatt, was er auf den Boden legte. Dann ging er raus und ließ Bob und mich alleine.
Schade, dass wir keine Klaviermusik hatten. Das wäre jetzt die Chance gewesen.
Zunächst mischte ich die blaue Farbe mit weiß und malte einen wunderschönen Himmel. Bob lächelte erfreut. „Großartig“, sagte er.
„Ja“, sagte ich. „Wirklich großartig.“ Es war schon ein ganz anderes Leben unter Erwachsenen.
Dann mische ich grün und gelb zusammen und bekam einen Braunton. Das ließ ich als trockene Blutfarbe durchgehen. Wenn Bob nicht da gewesen wäre, hätte ich etwas von meinem Blut beigemischt und die Farbe perfekt gemacht. Aber es ging auch so.
Ich malte die geprügelte Frau und den gebissenen Jungen in einer Blutlache. Ja gut, ihre Münder sahen etwas gequält aus. Aber ich fand, dass sie sich auch gequält fühlten. Würde ich auch.
Als ich fertig war, sah ich Bob an. Der rieb sich mit beiden Händen das

Weitere Kostenlose Bücher