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Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition)

Titel: Vielleicht gab es keine Schuld (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Schreiner
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sprach weiter: „Das würde ich nie tun. Ich weiß nämlich, wie schlimm das für dich wäre. – Weißt du, warum du hier bist?“
„Weil ich einen Einblick bekommen soll, Sir.“
„Ja, das ist richtig. Du wirst mit mir und einigen anderen Ärzten hier arbeiten. Und zwar auf einer ganz besonderen Station.“
Ich unterbrach Dr. Jason: „Was ist eine Station? Ich habe nirgends einen Bahnhof oder einen Zug gesehen.“
Bob sah irgendwie bekümmert aus. Dabei war das doch nur ein Witz!
Dr. Jason nickte. Dann erklärte er mir: „Das Krankenhaus hat ganz viele Zimmer für kranke Menschen. Alles auf einer Etage. Das ist dann eine Station. Wie ein Bahnhof mit ganz vielen Gleisen.“ Er hatte meinen Witz nicht verstanden, aber ich spielte mit und sagte: „Ich lag auch mal in so einem Zimmer, als Brad mich in Grund und Boden geprügelt hatte. Da waren meine Schulter und mein Kiefer gebrochen. Und mein rechtes Auge war hin. Ich wurde in so einem Zimmer auf einer Station gesund gepflegt.“ Nur das Auge ist noch hin, dachte ich.
Dr. Jason sah Bob an. Der nickte.
„Na dann“, sagte Dr. Jason, „kennst du dich ja schon richtig gut aus. Dann weiß du schon, warum man hier liegt.“
„Ja, weil man in Grund und Boden geprügelt worden ist.“
Dr. Jason seufzte. „Ja, das stimmt, aber hier liegen auch Menschen, die nicht in Grund und Boden geprügelt worden sind, sondern auch solche, die einfach so krank geworden sind, dass sie zu Hause nicht mehr gesund werden und …“
Ich unterbrach nickend: „Wie meine Mutter. Die ist dann aber doch im Krankenhaus gestorben.“
Bob nickte wieder.
„Ja, das kann auch passieren. Dann war deine Mutter aber schon sehr krank. So krank, dass der Körper sich nicht mehr erholen konnte.“
„Ja“, sagte ich. „Sie sah auch ganz anders als früher aus. Ich habe nämlich ein Foto von ihr gesehen, von früher. Da ist auch mein Vater drauf. Also ganz anders.“
„Ja“, sagte er. „Genau das gibt es auch. Es gibt aber auch noch andere Menschen hier. Nämlich solche, die ganz schlimme Unfälle gehabt haben. Weißt du, was ein Unfall ist?“
Ich nickte. Für wie doof hielt der mich? „Ja, wenn Autos zusammenfahren.“
„Richtig. Da geht das Auto so kaputt, dass auch die Menschen, die darin sitzen, schwer verletzt werden.“
Ich nickte verstehend.
Dr. Jason sprach weiter: „Das ist so, als wenn sie von Glas oder Blech aufgeritzt werden.“
Ich sagte: „Iiihh“, und verzog den Mund.
„Genau“, sagte Dr. Jason. „Iiihh. Das tut nämlich höllisch weh, wenn man von fremden Dingen geritzt wird.“
Das konnte ich mir gut vorstellen.
„Dann kommen hier auch noch andere Unfälle an. Kennst du welche?“
Ich dachte nach und schüttelte den Kopf.
„Manche Menschen fallen von der Leiter oder einfach irgendwo anders, weil sie sich nicht richtig festgehalten haben. Dann platzt nach einem Sturz schon mal die Haut auf, und es blutet ganz schlimm. Manchmal sind auch die Knochen darunter gebrochen. Das sieht man dann nicht. Dann gibt es Unfälle im Haushalt“, fuhr Dr. Jason fort. „Schnitte mit Messern oder Scheren oder anderen scharfen Gegenständen. Es kommen Kinder, Erwachsene und ganz alte Menschen hier an. Die brauchen dann unbedingt unsere Hilfe. Wir helfen, die Wunden zu nähen und zu verbinden und Knochen zu heilen. Ich werde dir jetzt alles zeigen. Und du wirst mir helfen.“
Das klang großartig.
„Hast du Angst vor Blut?“, fragte Dr. Jason.
„Iwo“, flapste ich.
„Dann bist du bei mir richtig. So einen Helfer wie dich brauche ich.“
Ich war so stolz. Wie Bob nur immer solche Sachen für mich fand!
Wir verließen das Büro, um endlich mit der Arbeit zu beginnen.
„Ach, und Christopher“, sagte Dr. Jason im Gehen. Ich sah zu ihm auf. „Es geht immer darum, dass wir helfen und heilen. Aber manchmal stirbt auch ein Mensch, obwohl wir alles getan haben, um ihm zu helfen. Das Sterben ist etwas, dass wir manchmal nicht aufhalten können. Alles klar?“
Jetzt wurde mir doch etwas komisch. Ich hätte Bob so gerne gefragt, wie mein Vater gestorben war, aber da sah ich schon den offenen Krankenwagen mit einem Blutmenschen hinten drin.
Es kamen plötzlich ganz viele Menschen in grünen Kleidern angerannt und holten den Blutmenschen in die Unfallstation zu mir. Ich begann mit dem Einblick.
Zuerst sah ich nur einen kompletten roten Haufen auf einer Liege. Bei näherem Hinsehen konnte ich Kopf und Körper darunter erkennen.
„Brandopfer!“, schrie einer der mitlaufenden Grünen. Dann

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