Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vier Arten, die Liebe zu vergessen

Vier Arten, die Liebe zu vergessen

Titel: Vier Arten, die Liebe zu vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
Vom Netzwerk:
grüßen.«
    Â»Schade.«
    Â»Glanz in der Hütte«, lallte Thomas.
    Â»Woher kennst du die?«, fragte Siggi.
    Â»Von Emmi. Sie war auch eine Schülerin von ihr. Nach unserer Zeit.«
    Â»Wagner sagt, sie ist ein Star.«
    Â»Ist sie. In Irland und Amerika wird sie vergöttert. Und so wie’s
aussieht, auch in Südeuropa und Lateinamerika. Wenn du bei Youtube ihre
Konzertfilmchen anschaust, dann sind die von überall auf der Welt, und das
Publikum ist immer riesig.«
    Â»Auch bloß eine Fotze«, murmelte Thomas in sich hinein.
    Michael, Wagner und Siggi wechselten Blicke, wollten sich
stillschweigend verabreden, das eben überhört zu haben, aber Thomas war noch
nicht fertig: »Eine große Großfotze. Mit großem Publikum. Groß, groß.«
    Â»Den Rülpser solltest du schnell wieder einatmen«, sagte Wagner, und
Thomas glotzte ihn an, unsicher, ob hier eine harsche oder unterwürfige
Reaktion angebracht sei. Während er noch überlegte, stand Siggi auf, klopfte
auf den Tisch und sagte: »Das brauch ich nicht. Ciao.«
    Michael stand ebenfalls auf und ging ein paar Schritte mit ihr. »Er
weiß nicht, was er redet«, sagte er, »früher war er nicht so ein Arsch.«
    Â»In vino veritas«, sagte Siggi, »ob er’s weiß oder nicht, so denkt
der. Pfui Deibel. Und ich hab dem die Hand gegeben. Die muss ich mir sofort
waschen.«
    Â»Tut mir leid«, sagte Michael. Etwas anderes fiel ihm nicht ein.
    Â»Da kannst du doch nichts dafür.«
    Währenddessen fing Thomas an zu lärmen. Er müsse sich von Wagner
nicht vorschreiben lassen, was er zu sagen habe und was nicht, man lebe ja
schließlich in einer Demokratie und habe Meinungsfreiheit, und wo überhaupt der
Wein hin sei, es staube in seinem Glas, er habe Durst, und was das denn hier
eigentlich für ein Sauladen sei, in dem man einen Gast verdursten lasse und so
weiter.
    Wagner warf Michael einen verzweifelten Blick zu, und der kam
schnell wieder an den Tisch.
    Â»Als Erstes brauch ich mal deinen Autoschlüssel«, sagte er zu
Thomas, der ihn verdutzt ansah und eine Weile brauchte, um diesen
überraschenden Text zu verarbeiten.
    Â»Hast du ein Hotel gebucht?«, fragte Michael weiter, aber Thomas
glotzte nur. Bis er sich doch so weit sortiert hatte, dass er auf die Frage
antworten konnte: »Was denn für ein Hotel?«
    Â»So eins mit Betten. Man kann dort schlafen. Solche Häuser heißen
Hotel.«
    Â»Verarschst du mich? Ich weiß, was ein Hotel ist.«
    Â»Gut. Da musst du nämlich jetzt dringend hin und schlafen.«
    Â»Ich muss aber nicht schlafen, ich muss was trinken«, sabberte
Thomas mit einem Unterton kindlicher Entrüstung, der ihn fast schon wieder
sympathisch erscheinen ließ.
    Â»Dich muss man ganz dringend entsorgen. Das hier ist eine
Trauerfeier, und du benimmst dich daneben.«
    Â»Gibt’s in dem Hotel was zu trinken?«
    Â»Ganz sicher. Komm jetzt, gehen wir. Ich bring dich hin.«
    Inzwischen wurden sie von allen angestarrt. Siggi war verschwunden
und Angela noch immer nicht zu sehen. Einige Gäste lachten verlegen, andere
hatten interessiert-neugierige Gesichter aufgesetzt und hofften auf noch ein
bisschen mehr peinliche Unterhaltung.
    Wagner und Michael hakten sich rechts und links bei Thomas unter und
zogen ihn von der Bierbank hoch. Sie packten ihn in Michaels Mietwagen und
brachten ihn zum Hotel Lindner, das sie noch von früher kannten. Damals waren
dort die betuchteren Eltern beim Besuch von Schulfesten oder Sportveranstaltungen
abgestiegen.
    Thomas hatte seine Eruption wohl hinter sich, jetzt kam die
Melancholie, und er stierte vor sich hin, während Wagner und Michael mit dem
skeptischen Herrn an der Rezeption verhandelten, der sich jedoch nach einem
Blick auf Thomas’ teure Kleidung überzeugen ließ, dass dieser Gast am nächsten
Morgen wieder lammfromm sein würde, und den Schlüssel zu einem Zimmer im
Erdgeschoss herausrückte.
    Thomas ließ sich sogar den Autoschlüssel abschwatzen, den Michael an
der Rezeption hinterlegte, wo er dem Portier einschärfte, ihn nicht vor morgen
früh herauszurücken. Dieser Herr dürfe auf keinen Fall fahren, bevor er nicht
seinen Rausch ausgeschlafen habe.
    Â»Das bedarf keiner näheren Erläuterung«, sagte der Portier, und
Michael musste lächeln ob dieser gewählten und in ihrem altmodischen Tonfall
irgendwie

Weitere Kostenlose Bücher