Vier auf dem Laufsteg
als Schule.
Bei diesem ganzen Theater sah eine Truppe von Zuschauern zu. Nach jedem Motiv scharten sich William, der Fotograf, Heidi und die Vertreter von Sparkle -Kosmetik um den Laptop und betrachteten die Fotos, während Laura Mo oder Curly daran hinderte, ihr Kleid anzuknabbern.
Für die letzte Einstellung musste sich Laura flach auf den Boden legen, während die Hündchen aufgeregt um sie herumtobten. William stand auf einer Leiter und fotografierte von oben, Laura sollte einen Schmollmund machen und die Augen so weit aufreißen, dass sie nur wie durch ein Wunder nicht aus den Höhlen kullerten.
»Toll, toll, die Unterlippe etwas lockerer«, befahl William. »Und nimm die linke Schulter runter, yo, das isses. Hey, pass auf den kleinen Mistkerl auf, der versucht auszubüxen. Gut, perfekt, ich find’s großartig - fertig!«
Mit einem tief empfundenen Seufzer ließ Laura die Hündchen los, die aufgeregt kläffend über sie wuselten und dann zum Buffet tobten. Lauras Magen knurrte furchterregend, denn das süß-saure Hähnchen vom China-Lieferservice gestern Abend war nur noch eine blasse, ferne Erinnerung. Sie schlenderte hinter den Hunden her, um zu sehen, ob noch was von dem Essen übrig war. Doch als sie die letzten Reste Nudelsalat aus einer Schüssel kratzte, tauchte wie ein böser Geist Heidi neben ihr auf.
»Was tust du da?«, zischte sie und zeigte anklagend auf den Teller. »Willst du das etwa essen?«
»Ich hab heute noch überhaupt nichts gegessen«, protestierte Laura. »Das ist doch Salat, der ist gesund.«
»Aber voller Kohlenhydrate«, sagte Heidi, als wären Kohlenhydrate Crack und Laura wollte gerade mit Pete Doherty eine Wochenendsause machen. »Darüber haben wir doch schon gesprochen.«
»Du hast gesagt, keine Kohlenhydrate nach vier Uhr, und es ist genau fünf Minuten vor vier. Ich hab also noch fünf Minuten Zeit, und außerdem glaube ich sowieso nicht, dass ich abnehmen muss«, murrte Laura. Das war wahrscheinlich keine besonders schlaue Bemerkung in Gegenwart der Agentin, die ihre Karriere ins Rollen bringen sollte. Doch von Hunger kriegte Laura schlechte Laune. »Na gut, ich ess auch ein bisschen von dem grünen Salat und einen Apfel«, setzte sie hinzu, um Frau Sauremiene zu beschwichtigen.
»Wie du willst«, sagte Heidi gleichgültig. »Es ist deine Taille, nicht meine.«
»Bist du zufrieden mit den Aufnahmen?«, fragte Laura, eigentlich eher, um das Thema zu wechseln, aber auch weil sie gern ein bisschen Lob hören wollte.
Und was soll man sagen? Heidi lächelte sogar und das Lächeln erreichte fast ihre Augen.
»Du warst ganz gut«, gab sie zu. »Ein bisschen zu niedlich für meinen Geschmack, aber sehr professionell. Die Typen von Sparkle waren beeindruckt.«
»Und das ist gut, ja?«
»Das ist sehr gut. Jetzt musst du dich auf die Aufnahmen für Skirt nächste Woche konzentrieren. Der Fotograf ist ein bisschen... schwierig.« Sie kniff nachdenklich die Augen zusammen. »Wenn du mit ihm flirtest, wird es schon klappen. Er ist ein ziemlich perverser Typ.«
Nie war bei Supermodel etwas von perversen Fotografen gesagt worden.
»Na klaaar«, sagte Laura zweifelnd. »Pervers. Na ja.«
»Und iss jetzt nichts, bevor du dich nicht umgezogen hast. Wenn du auf das Kleid kleckerst, musst du es bezahlen.«
Mit diesem aufmunternden Satz verschwand Heidi und überließ es Laura, herauszufinden, wie zum Teufel sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Hause kommen sollte.
5
D as Studio für das Titelbild von Skirt war in einem alten Eisenbahndepot hinter dem King’s-Cross-Bahnhof. Laura wurde problemlos hereingelassen, auch ohne Heidi, die den ganzen Tag über Termine hatte. Aber sie hatte versprochen, dass sie später noch vorbeischauen wollte. Welche Freude!
Laura hatte mittlerweile gelernt, dass man in der Modebranche keine Treffen hatte, sondern Termine. Sie war sich nicht sicher, was bei diesen geheimnisvollen Terminen passierte, aber sie hatte den leisen Verdacht, dass alle nur rumsaßen, Kaffee tranken und sich über die neusten Rocklängen das Maul zerrissen.
Das taten jedenfalls die meisten Leute bei dem Shooting. Jede Menge Szenemenschen in zerschlissenen Jeans, potthässlichen T-Shirts und mit strähnigen Haaren lümmelten auf den niedrigen braunen Ledersofas rum, die in jedem Fotostudio standen, genau wie der lange Couchtisch aus Glas, auf dem Stapel von japanischen Modezeitschriften lagen. Wahrscheinlich kriegten sie auf die Rabatt.
»Hallo, ich bin Laura. Ich
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