Vier auf dem Laufsteg
arbeiten kann.«
Mit der strikten Anweisung, weder zu lächeln noch zu schmollen oder eine Augenbraue hochzuziehen - alles, worin sie richtig gut war -, sollte Laura nur schlecht gelaunt in die Kamera starren, als würde sie sie am liebsten nehmen und durchs nächste Fenster schmeißen. Das war gar nicht so schwer, weil sie genau das am liebsten getan hätte, während Gerrys Assistent ein Foto nach dem anderen schoss. Offensichtlich musste man als berühmter Fotograf dem unglücklichen Model bloß Obszönitäten um die Ohren hauen, die Arbeit erledigten andere.
Sie fotografierten vier verschiedene Outfits, während Gerry sich laut darüber Gedanken machte, ob Laura noch Jungfrau war und wie sie wohl im Bett wäre und mit wem sie gepoppt hätte, um den Supermodel -Wettbewerb zu gewinnen.
»Vielleicht sollten wir sie nur in Unterwäsche aufnehmen«, überlegte Gerry laut. »Haben wir was, in das sie auch reinpasst? Vielleicht ein paar Omaschlüpfer? Marta, ruf doch mal deine Oma an, vielleicht leiht sie uns ihre?«
Laura sah gar nicht mehr zur Kamera hin. Sie konzentrierte sich ganz darauf, nicht loszuheulen, aber ihre Unterlippe zitterte trotzdem.
Als sie in die Garderobe zurückstolperte, um aus ihrem derzeitigen Dress befreit zu werden, hingen da immer noch zwei weitere Outfits, die fotografiert werden mussten. Ihre Brüste waren mit breitem Klebeband flach an den Oberkörper geklebt, und sie mochte gar nicht daran denken, was mit ihren Brustwarzen passieren würde, wenn das Band wieder abgezogen wurde.
Laura ließ sich auf einen Stuhl fallen und versuchte, an etwas Schönes zu denken. Das versuchte sie immer noch, als Heidi hereingeschlendert kam. Heute trug sie unterschiedliche Grautöne - sie arbeitete wirklich hart an diesem Gewitterwolkenthema.
Heidi starrte kurz auf Laura in fleischfarbener Unterhose und mit schwarzem Klebeband angepappten Brüsten, die ihre Arme schützend um sich geschlungen hatte, um sich vor den Blicken der herumschleichenden Fotografen zu verstecken.
»Ach, wenn wir dich nur in den nächsten zwei Monaten auf Modelgröße runterhätten.«
Aber Gewicht war wirklich nicht der dringendste Punkt auf Lauras Liste.
»Heidi!«, jaulte Laura. »Das... du hättest mal hören sollen, was er alles zu mir gesagt hat!«
Heidi zuckte mit den Achseln. »Ich hab dir doch gesagt, dass er pervers ist, aber ein genialer Fotograf.«
»Er fotografiert ja noch nicht mal selber!«
Heidi seufzte genervt wie immer, wenn Laura sich mal wieder als naive Provinztussi zeigte, die nie und nimmer etwas in der Modewelt verloren hatte.
»Na ja, er beaufsichtigt André. Das ist dasselbe.«
Die Stylistin hielt schon Outfit Nummer fünf hoch, das im Wesentlichen aus einem bronzefarbenen, mit ein paar Metallplättchen benähten Netz-Catsuit bestand.
»Unterhose aus«, befahl sie fröhlich.
Es war wie in einem dieser Träume, wo einem während der Schulversammlung klar wird, dass man nackt ist. Nur millionenmal schlimmer.
»Ich kann nicht...«, protestierte Laura, deren Tränen eine Millisekunde vor dem Losplätschern waren. »Auf gar keinen Fall.«
»Stell dich nicht so an. Zieh sie aus«, forderte Heidi und studierte ihre Fingernägel. »Wart bloß ab, bis du für Modenschauen gebucht wist. Dann musst du dich hinter dem Laufsteg ausziehen, vor allen Leuten, die da rumlaufen. Wenn wir wegen deinem Getue jetzt länger brauchen, musst du die Überstunden bezahlen.«
»Kannst du dich bitte wenigstens umdrehen, bevor ich mich ausziehe? Und kann jemand an der Tür aufpassen, bitte? Bitte? «
Himmel, nicht mal Tom und sie hatten sich je ganz ausgezogen.
Ganz offensichtlich verärgert, drehte Heidi sich um, während Laura aufsprang, aus ihrer Unterhose schlüpfte und sich, so schnell sie konnte, den Catsuit anzog. Sie stieß ihre Beine durch die dafür vorgesehenen Öffnungen und zog den Body hoch. Es sah scheußlich aus. Nein, es sah scheußlicher als scheußlich aus.
»Du kannst dich jetzt umdrehen«, sagte Laura. »Obwohl du dir diesen Anblick bestimmt gern erspart hättest.«
Laura sah aus wie eine Vorzeigekandidatin für Fettabsaugung. Durch die Netzstrumpfhose sah man jeden Hubbel, jedes Pölsterchen, einfach alles.
»Die Designs von Foudre sind immer ziemlich gnadenlos«, tröstete die Stylistin. »Vielleicht schießt André ja nur ein paar Bilder.«
»Ich sehe absolut zum Kotzen aus«, jammerte Laura, nur für den Fall, dass irgendjemand noch nicht das Ausmaß der Katastrophe erfasst hatte.
Sie
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