Vier auf dem Laufsteg
Geltung brachte, aber nicht zu sehr, wenn sie sich mehr zur Seite drehte.
Sie hob ihr Kinn, damit sie entschlossen wirkte, während eine neue Strategie entwickelt wurde und man ihr zu intensivem Bauchmuskeltraining riet.
»Aber ehrlich, Schätzchen, selbst wenn du ein paar Kilo abgenommen hättest, würde ich dir immer noch sagen, dass du ab jetzt noch genau einen Monat Zeit hast, dein Ding auf die Reihe zu kriegen.« Ted war keiner, der lange drum herumredete. Er nutzte Lauras entsetztes Schweigen, um fortzufahren. »Ich erwarte ja gar nicht, dass du ein Vogue -Titelbild kriegst oder eine Millionenkampagne, aber ich möchte, dass du dich zusammenreißt, dass du motiviert und kooperativ bist.«
Das war auch total unfair. Sie war doch gar nicht unkooperativ. Sie war total entgegenkommend.
»Ich bin motiviert«, quiekte Laura entrüstet. Hatten sie denn ihre leidenschaftlichen Bitten nicht gehört? »Und ich bin kooperativ.«
Heidi stieß sich von der Wand ab, an der sie gelehnt hatte, verschränkte die Arme und starrte Laura verächtlich in Grund und Boden.
»Für jemanden mit so wenig Modelerfahrung bist du ziemlich aufsässig.«
»Ich habe einen landesweiten Modelwettbewerb gewonnen«, rief Laura Heidi in Erinnerung. »Ich habe zwölf Wochen lang mit Fotografen gearbeitet. Ich denke, das zählt auch als Erfahrung.«
»Und genau diese Aufschneidereien möchten wir von dir nicht mehr hören«, sagte Ted trocken. »Laura, ich sag dir jetzt ein paar nackte, harte Wahrheiten und du wirst mich dafür hassen, aber du kannst es entweder schlucken oder nach Hause fahren und allen erzählen, wie gemein diese schrecklichen Leute von der Modelagentur waren.«
Er machte eine Pause, als warte er auf Lauras Erlaubnis, ihr noch eine reinzusemmeln. Eine Sekunde lang war sie versucht, hinauszustürmen, denn das würde jetzt eine dieser Ansprachen werden, die bis in ihr tiefstes Innerstes drangen. Aber wenn sie von ihr verlangten, dass sie der Modelwelt den Treueeid schwor, dann würde sie das tun. Auch wenn sie das in einem überklimatisierten Konferenzzimmer im Stehen machen musste, nur mit einem Bikini bekleidet, mit Gänsehaut über der Gänsehaut.
»Schieß los«, sagte sie und hoffte, er würde das nicht wörtlich nehmen.
»Du bist ein hübsches Mädchen«, begann Ted. »Jungs wollen was von dir. Mädchen wollen so sein wie du. Hübsch bedeutet, dass du immer der schimmerndste Fisch in einem sehr kleinen Teich warst. Aber jetzt schwimmst du im Meer und hübsch verschafft dir keine Buchungen. Hübsch hat dich nicht zur Siegerin von Supermodel 2008 gemacht. Drei der Mädchen waren auf unserer internen Liste und du warst nicht dabei. Wenn es nach uns gegangen wäre, hätte Nemi gewonnen.«
Und noch bevor sie sich von diesem Tiefschlag erholen konnte, fuhr Ted mit seinem verbalen Attentat auf ihre Person fort. Und dabei war es gerade mal neun Uhr. »Du hast gewonnen, weil das Publikum wählen durfte, und das Publikum weiß einen feuchten Dreck, was ein richtiges Model ausmacht. Sie mochten dich, weil du witzig warst und weil du dich gegen die Juroren gewehrt hast, und sie mochten dein Aussehen und fanden es nicht zu exotisch oder zu beunruhigend. Verstehst du mich, Laura? Du hast gewonnen, weil du Persönlichkeit hast.«
Heidi machte weiter.
»Und wenn du ein Gramm dieser Persönlichkeit bei den Vorstellterminen eingebracht hättest, wärst du gebucht worden. Stattdessen erzählst du ihnen, dass du die verdammte Show gewonnen hast, als ob sie das beeindrucken würde. Beim Shooting bist du völlig fantasielos, der Fotograf muss dir bei jedem einzelnen Bild genau sagen, was du tun sollst, und wenn ich dich mal konstruktiv kritisiere, bist du beleidigt und tust es mit einem trotzigen Mir doch egal! ab.«
Noch nie hatte Laura so dringend ein trotziges Mir doch egal! ausspucken wollen.
»Wenn ich so scheiße bin, dann versteh ich nicht, warum ihr mir überhaupt noch einen Probemonat gebt.« Es hatte eigentlich aufmüpfig und frech klingen sollen, doch es hörte sich eher jämmerlich an. Wirklich echt jämmerlich. Und das war ja auch kaum verwunderlich, schließlich war ihr gesamtes Selbstwertgefühl unrettbar zerschmettert. Sie war hübsch, nichts weiter. Das war anscheinend ihr Lebenszweck.
»Weil wir glauben, dass wir ein Model aus dir machen können, wenn wir dich hart genug anfassen«, erwiderte Ted, aber Laura konnte ihn kaum verstehen, weil es in ihren Ohren so dröhnte. »Und außerdem erleben Kurven gerade ein
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