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Vier auf dem Laufsteg

Titel: Vier auf dem Laufsteg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarra Manning
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zwischen den Haufen vergammelter grauer Overalls auf dem Fußboden lagen mehr Designer-Teile als in der Modeabteilung von Harrods. Laura schlängelte sich in ein paar Kleider rein und wieder raus, alle Größe 36, und brauchte keine Rückmeldung, dass die Reißverschlüsse nicht zugingen.
    Aber bevor sie sich in Selbstmitleid suhlen konnte, erregte Irinas widersprüchlicher Einrichtungsgeschmack ihre Aufmerksamkeit. Die Wände waren mit herausgerissenen Zeitschriftenfotos tapeziert. Auf jedes Bild hatte Irina ein Polaroid von sich geklebt, auf dem sie die Pose des abgelichteten Promis imitierte.
    »Dieses gerissene Aas«, schnaufte Laura.
    Irina war keineswegs die Außerirdischen-Version eines Models, für die Laura sie bisher gehalten hatte. Sie arbeitete sich ihren dürren Arsch ab! Und klar!, deshalb klebte sie ständig am Modekanal!
    Laura schnappte sich auf dem Weg raus noch ein Lanvin-Kleid, und ihr war, als befände sie sich kurz vor einem bedeutenden Durchbruch. Sie war sich nicht sicher, was für ein Durchbruch das war, aber sie fühlte es immer deutlicher, als sie zum Supermarkt joggte, um kiloweise Obst und Gemüse zu kaufen.
    Später am Abend wurde ihr auch klar, warum Holly so viel Zeit im Bad verbrachte - nicht etwa wegen der langen tränenreichen Aromatherapie-Bäder. Das Licht im Bad war ausgezeichnet und vor dem großen Spiegel konnte man perfekt Posen üben.
    Laura machte sich Erdbeer-, Apfel- und Ingwer-Smoothies (die nach den ersten Schlucken gar nicht so eklig schmeckten) und schaltete den Modekanal ein. Dazwischen machte sie im Badezimmer die seltsamsten und aufregendsten Entdeckungen. Wenn sie zum Beispiel ihren Kopf im Winkel von dreißig Grad senkte, legte sich ihr Hals in extrem unattraktive Falten. Aber wenn sie ihn leicht nach links drehte, sah sie dünner aus, als wenn sie ihn nach rechts drehte. Und sie durfte nie, nie, nie die Hände auf die Hüften stützen, weil sie dann aussah wie eine Preiskuh. Laura schrieb sich in ihrem eigenen, höchstpersönlichen Model-Ausbildungslager ein. Zur Hölle - sie rollte sogar den Teppich im Flur auf, um das Gehen auf hohen Absätzen zu üben.
    Aber wozu sollte das überhaupt gut sein?
    Abgesehen von einem einzigen Anruf, um sicherzugehen, dass Laura sich nicht in einem Anflug selbstmörderischer Depression von einer Brücke gestürzt hatte, hatte Heidi nichts von sich hören lassen.
    »Ich glaube, sie redet nicht mehr mit mir«, erzählte Laura Cath am Telefon. Es hatte eine wilde Flut von »Aber du hast gesagt...« - »Nein, du hast gesagt...«-E-Mails gegeben, bevor sie sich darauf einigten, dass sie sich nicht mehr wie Idiotinnen aufführen, sondern die Vergangenheit hinter sich lassen wollten. Außerdem hatte Laura versprochen, Cath irgendwann mal mit Orlando Bloom bekannt zu machen, aber dieses größenwahnsinnige Vorhaben würde sie erst angehen, wenn es nötig war. »Oder ich rede nicht mit ihr . Ich weiß nicht, wie rum.«
    »Du solltest sie anrufen. Sonst denkt sie noch, dass du Nadeln in eine Voodoo-Puppe von ihr steckst. Das tust du doch nicht, oder?«
    »Hab’s kurz überlegt und mich dann aber dagegen entschieden.« Laura seufzte.
    »Es hört sich an, als würdest du hart arbeiten«, wagte Cath sich vor, denn immer noch war hier Vorsicht angesagt. Wenn sie vom Thema abwichen und sich zum Beispiel über Mädchen unterhielten, die ihre Freundinnen bezüglich ihrer glitzernden Modelkarriere belogen, dann endete es immer in gegenseitigen Beschimpfungen. »Als hättest du dich entschlossen, die Modelsache jetzt echt durchzuziehen.«
    »Na ja, es ist mehr die Tatsache, dass ich hier in der Wohnung hocke und nichts zu tun hab, außer mich ins Zuckerkoma zu fressen. Deshalb will ich die Zeit lieber konstruktiv nutzen. Aber weißt du, Cath, selbst wenn ich einen Vorstelltermin hätte und alle meine neuen Tricks zeigen würde, gäb’s keine Garantie, dass ich den Job kriege. Ich könnte trotzdem alles falsch machen.«
    »Aber ich hab gedacht, du weißt alles übers Modeln.« Laura merkte, dass Cath nur einen Atemzug entfernt vom Loskichern war.
    »Tja, vielleicht hab ich nicht so viel gewusst, wie ich mir eingebildet habe«, gab sie einen Augenblick später zu. »Und vielleicht war ich auch nicht so hübsch, wie ich dachte, aber jetzt könnte ich so tun als ob, denk ich.«
    Bescheidenheit war wie ein neuer Wintermantel, den sie anprobierte. Laura war sich nicht sicher, ob ihr die Farbe stand, aber an dem Tag, an dem sie den Reißverschluss ihrer

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