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Vier auf dem Laufsteg

Titel: Vier auf dem Laufsteg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarra Manning
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runterfiel.
    Es endete mit dem großen Finale, als Laura ihr die Haare hochhielt und sie stützte, während Holly in der Oxford Street in einen Mülleimer kotzte.
    »Du bist ja völlig außer Kontrolle«, sagte Laura streng, nachdem sie endlich einen Taxifahrer überredet hatte, sie mitzunehmen. »Warum trinkst du so viel?«
    Hollys Gesicht eines einsamen kleinen Mädchens passte nicht richtig zu der Wodkafahne. »Bin alt genug, um zu trinken, so viel ich will, und du bist nich mein Boss«, lallte sie trotzig. »Kann alles machen, was ich will.«
    »Auch deine Leber ruinieren«, murmelte Laura, aber Holly schlief bereits oder tat zumindest so. Egal, Laura musste sie zur Wohnung hochschleppen, nur um auf Irina zu stoßen, die sie - Hände in die Hüften gestemmt - so finster anstarrte wie die schwärzeste Donnerwolke seit der Erfindung der Meteorologie.
    »Bist du bereit für Augustine -Kampagne, ja?«, fragte sie, bevor sie sich begrüßt hatten.
    Laura sah sie verdattert an. »Was soll ich? Und könntest du bitte Hollys anderen Arm nehmen? Sie ist echt schwer.«
    »Binchgaanich«, protestierte Holly kaum hörbar, dann stöhnte sie laut auf und torkelte an Irina vorbei ins Bad.
    »Ich wärde ›Sirene‹-Gesicht sein«, stellte Irina leidenschaftlich fest, und zu jeder anderen Zeit hätte sich Laura von den ungewohnt lebhaften Gesichtszügen ablenken lassen. Irina sah aus, als würde sie jeden Augenblick wie eine Rakete aus dem Fenster zischen. »Ich und Zilli, wir sind sooo.«
    Ihre verschränkten Zeige- und Mittelfinger näherten sich Lauras Gesicht so dicht, dass Laura hastig einen Schritt zurücktrat. Sie hätte Irina durchaus zugetraut, dass sie ihr ein Veilchen verpasste.
    Sie hatte gerüchteweise von den anderen Mädchen gehört, dass Reisepässe auf mysteriöse Art verschwanden und seltsame Hautausschläge auftraten, nachdem Make-up-Tiegel »präpariert« worden waren. Diese kleinen Missgeschicke waren immer nur Mädchen widerfahren, die mit Irina arbeiteten. Vielleicht sollte Laura in Zukunft lieber mit dem Brotmesser unter dem Kopfkissen schlafen oder Heidi fragen, ob die Agentur ihr einen Bodyguard stellte.
    »Wenn du und Zilli sooo eng miteinander seid, musst du dir doch keine Sorgen machen«, rief Laura, um die Würgegeräusche aus dem Bad zu übertönen. »Ich hab verdammt noch mal nicht die geringste Ahnung, wovon du sprichst. Ist mir auch wurscht. Du bist doch demnächst bei einer großen Kampagne, nicht?«
    »Als würdest du das nicht wissen«, schnaubte Irina. »Ich sollte das machen oder Mädchen, das bei Versace-Schau vom Laufsteg fiel. Jetzt sie kann zwei Wochen nicht laufen.«
    Das war das Gesprächsthema in Mailand gewesen.
    Karis war allseits beliebt, weil sie so fröhlich und unkompliziert war. »Das Leben macht mich high«, strahlte sie immer, wenn jemand sie fragte, warum sie so fröhlich war. Aber als sie auf der Trage lag und grässliche Schmerzen hatte und die Paparazzi wie die Wilden knipsten, war sie nicht mehr so fröhlich gewesen. Irgendwer hatte etwas von einem abgebrochenen Absatz erzählt, was wirklich total gemein war, weil sie das Hochzeitskleid am Ende der Show zeigen sollte. Nur gut, dass Irina sie sofort ersetzen konnte.
    »Klar, na ja, egal. Ich weiß immer noch nicht, was du willst, aber viel Glück, weil du doch so scharf auf diese Kampagne bist.« Ich bin nämlich Mutter-verdammt-noch-mal-Teresa .
    Aber Irina ließ sich von dem Friedensangebot nicht beeindrucken.
    »Du bist nicht so schön! Pffft! Wenn nicht Titten und Riesenärsche in wären, wärst du draußen. Weiß doch jeder.«
    Wie immer bei großem emotionalen Stress verflüchtigte sich ihr russischer Akzent fast völlig. Sie streckte das Kinn vor und drehte sich um, sodass Laura ihr wildes Profil ansehen musste, theatralisch ausgeprägte Gesichtszüge, die durch die herausstehenden Wangenknochen noch exotischer wirkten. »Das hier wird immer in sein. Dafür hast du nicht das Zeug, Fettarsch.«
    Damit stolzierte sie majestätisch aus dem Flur und stieß dabei so hart gegen Laura, dass die viel intimer mit dem Türknauf wurde, als sie jemals erwartet hatte.

21
    A m nächsten Morgen sah Irina immer noch wütend aus und knurrte etwas auf Russisch. Laura achtete darauf, dass sie ihr nicht in die Quere kam, und schnüffelte misstrauisch an der Milch, bevor sie sich davon in den Tee goss. Sie konnte Konkurrenzdenken verstehen, aber wie Irina mit Rivalinnen umging, war echt erschreckend.
    Um zehn klingelte das Telefon.

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