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Vier auf dem Laufsteg

Titel: Vier auf dem Laufsteg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarra Manning
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zu führen, als ob sie ein kostbares Prinzesschen wäre, das ohne Hilfe nicht gehen konnte, und sie gestattete sich, Cassie und Tom leicht zuzuwinken, während sie davonschwebte.
    »Hey, das stimmt wirklich«, rief sie ihnen über die Schulter zu. »Bis dann mal wieder.«

20
    D as Shooting für Polka Dot zwei Tage später bestätigte alles, was Laura sich vom Modelsein erträumt hatte. Und das nicht nur weil sie ein Diadem auf ihrem neu geschnittenen Bob tragen oder mit hinreißenden männlichen Models herumtollen sollte.
    Bei der Kosmetik-Fotostrecke ging es nur um ein simples Party-Make-up, aber Polka Dot machte nichts simpel.
    »Es soll sehr retro aussehen, wie eine amerikanische Abschlussballkönigin aus den Fünfzigern«, erklärte Janka, die unglaublich mondäne Chefin des Kosmetikressorts. »Wir fangen damit an, dass du dich fertig machst mit Lockenstab, Haar-spray, blablabla - dann bist du auf dem Ball und tanzt und flirtest wie wild und dann... Weltuntergang!« Sie klatschte zur Betonung der Dramatik in die Hände. »Dein Freund taucht mit einem anderen Mädchen auf, du weinst und die Wimperntusche läuft dir übers Gesicht und du siehst wie am Boden zerstört aus. Es wird absolut toll!«
    Es wird jedenfalls absolut realistisch, dachte Laura finster, und versuchte, das warnende Piksen in dem für Tränen verantwortlichen Teil ihres Hirns zu ignorieren. Sie würde nach ihrer Motivation nicht lange suchen müssen. Stattdessen lächelte sie und versuchte, den Eindruck zu erwecken, als könnte sie es kaum erwarten, loszulegen.
    Es zeigte sich, dass sich Lauras harte Arbeit vor dem Badezimmerspiegel gelohnt hatte. Sie wartete nun nicht mehr auf Anweisungen oder blieb in einer Pose stecken. Es lief so natürlich ab wie atmen - sie hatte sich derart in die Fünfziger-jahre-Abschlussballkönigin hineingedacht, dass sie ihren Namen Laura in Betty-Louise hätte ändern und nach Kansas hätte ziehen können.
    Aber sieben Stunden und fünfundzwanzig Rollen Film später, nach einem möglicherweise gelungenen Titelbild und sechs Mix-CDs war Laura erschöpft. Ihre Füße taten höllisch weh, die Haarnadeln, die ihre Frisur zusammenhielten, piekten in ihre Kopfhaut, und nur die ermutigenden Rufe am Ende jeder Aufnahme hielten sie noch aufrecht.
    »Nur noch die, ich versprech’s dir«, sagte Janka, als sich Laura in ihr letztes Outfit zwängte. »Lass mich eben... Halt den Kopf still. So ist es gut!« Sie trat zurück und bewunderte das Diamantdiadem in Lauras frisch toupiertem Haar. »Ich hol nur rasch den Tränenstift.«
    Sie verschwand in Richtung ihres Stylistinnenkoffers, und Laura fiel ein, dass sie seit dem Augenblick, als die Kamera das erste Mal klickte, kein einziges Mal an Tom gedacht hatte. Das meinten die Leute wohl, wenn sie davon sprachen, dass man über der Arbeit alles andere vergessen konnte.
    Irre!
    »Ihr wollt also, dass ich heule?«, fragte sie den Fotografen und Kat, die vor einer halben Stunde dazugekommen war.
    »Wir wollen nicht bloß, dass du heulst«, frotzelte Kat. »Wir wollen, dass du Rotz und Wasser heulst. Es soll so tragisch sein, dass es wehtut. Jede Leserin von Polka Dot wird jeden Grad deines Schmerzes mitfühlen. Oh, und mach was mit dem Diadem, es soll so aussehen, als reißt du dir die Haare aus. Los, bring mal alles durcheinander.«
    Laura steckte die Hände in die Haare und versuchte, ihre tiefe, schmerzende Traurigkeit heraufzubeschwören. Typisch! Wenn man etwas wirklich mal brauchte, dann war es nie da.
    Janka kam mit gezücktem Tränenstift zu ihr. Laura hatte während Supermodel schon eine Begegnung mit dem winzigen Folterinstrument gehabt und war nicht scharf auf eine Wiederholung. Sie zuckte in Erwartung des Unangenehmen zusammen, als Janka die Haut unter ihren Augen betupfte, und dann schnappte sie nach Luft, als das Brennen begann. So ein winziger Stift - aber wie der brannte! Laura hatte sich noch nie Chilipulver in die Augen gerieben, aber das fühlte sich bestimmt genauso an.
    »Du musst die Augen aufmachen«, mahnte der Fotograf, während Janka kunstvoll Wimperntusche und Eyeliner über Lauras Wangen schmierte.
    »Eine Sekunde«, wimmerte Laura und kniff ihre Augen noch fester zusammen. Sie drehte sich zur Kamera um und riss die Augen so weit wie möglich so lange auf, bis drei Aufnahmen gemacht waren, bevor sie sie wieder schließen musste. »Okay, noch eine Sekunde.«
    Es war ein mühsamer Prozess - zusammenkneifen, blinzeln, aufreißen; zusammenkneifen, blinzeln,

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