Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)
Büffel zu nähern. Nach einem ewigen, schweißtreibenden Hin und Her mit viel Gebrüll und Armerudern hatten wir es dann tatsächlich geschafft, das bullige Tier in eine Ecke zu treiben. Da stand ich nun Aug in Aug mit diesem massigen Tier, und ehrlich gesagt war mir schon recht mulmig zumute. So ein Büffelkopf ist schon ein brutal wuchtiges Ding – vor allem aus einem halben Meter Entfernung. Der Samantha war mein Anblick wohl auch nicht gerade geheuer, denn sie brüllte mir wütend entgegen und senkte bedrohlich den Kopf. Wir hatten aber jetzt so lange gebraucht, um sie von der Herde zu trennen und in die Ecke zu treiben, dass ich nicht gewillt war, jetzt einfach auf die Seite zu treten und sie wieder auf die Weide zwischen die Kühe rennen zu lassen. Also hielt ich dem Blick stand und versuchte, irgendwie »bullig« zu wirken, bis der Klaus endlich so weit war.
Bis er so weit mit was war?
Na ja, der Klaus ist Jäger.
Ist er das?
Ja, bestimmt. Sonst hätt’ er den Büffel ja nicht erlegen dürfen.
Dann ist der Klaus bestimmt ein Jäger.
Garantiert.
Ja, und ich als gelernter Metzger habe die Samantha dann direkt zerlegt, während der Klaus den Rest der Nacht die Kühe wieder eingesammelt hat – natürlich stilgerecht, mit Hut und auf einem seiner Quarterhorses.
Als der Bauer in der Früh nachgeschaut hat, war das Problem bereits in mehreren Kühltruhen verschwunden, seine Kühe hatten wieder ihren Frieden und wir alle über lange Zeit hinweg mehr Büffelfleisch, als irgendwer hätte essen wollen.
Den Kopf ließen wir präparieren, und jetzt hängt die Samantha bei mir im Saloon. Leid tut sie mir ehrlich gesagt schon, aber wir wussten in dem Moment keine andere Lösung.
Verkaufen?
Damit sie dann ein anderer zerlegt? Ja nix da.
So gesehen …
Die Geschichte ist aber noch nicht zu Ende. Denn die restlichen Fleischteile hatte ich mit nach Hause genommen und in meiner Kühltruhe verstaut. Als ich dann im Sommer wieder aus dem Urlaub zurückkam, stand der Raum förmlich unter Wasser: Das Aggregat hatte versagt, die Kühltruhe war abgetaut und das Fleisch darin sah, vorsichtig gesagt, nicht mehr so richtig gut aus. Also, eigentlich sah es eher ziemlich schlecht aus, nämlich so ein bisschen grün. Wenn ich allerdings bedenke, was man früher alles in den Leberkäs hineingeschmettert hat, war das noch vergleichsweise harmlos.
Will ich das wissen?
Wissen schon, aber essen vermutlich nicht.
Was hat man denn früher in den Leberkäs »hineingeschmettert«?
Das willst du nicht wissen.
Okay.
Ich habe die Fleischteile dann mit Kaliumpermanganat abgewaschen, ging rüber ins Schlachthofviertel, kaufte Speck dazu und machte Büffelwurst aus den Resten von der Samantha. Einschränkend muss ich aber bemerken, dass ich die vorrangig zu Dekorationszwecken eingeplant hatte. Original Büffelwurst machte sich natürlich toll an den Balken meiner »Hudson’s Bay Indian Trading Post«. Dort hing sie dann auch die nächsten Jahre, und immer wenn sie Schimmel ansetzte, wusch ich den mit Seifenlauge ab.
Wie das der Metzger so macht.
Nein, wie das der Ausstatter so macht.
Warum hab ich das Gefühl, es ist noch nicht vorbei …
Na ja, irgendwann kam dann einer und wollte unbedingt so eine Wurst kaufen.
Ich wusste es!
Ich erklärte ihm, dass das eine »Dekowurst« sei und deshalb unverkäuflich. Daraufhin wurde der Kerl plötzlich ungemütlich. Er moserte herum, es sei ja bekannt, dass ich die guten Stücke nie verkaufen würde und an die Kunden nur den billigen Schund zu Wucherpreisen verkaufen würde und was weiß ich noch alles.
Was nun wirklich nicht stimmt.
Überhaupt nicht, ich hab eher das Problem, dass ich zu wenig auf den Gewinn achte, weil mir das alles viel zu viel Spaß macht.
Das ehrt dich irgendwie.
Warts ab.
O Gott.
Der Kerl ging mir nämlich richtig auf die Nerven, und seine Anschuldigungen machten mich schließlich ganz schön sauer. Also tat ich schließlich so, als hätte er mich breitgeschlagen, und verkaufte ihm eine von meinen uralten Samantha-Salamis zu einem horrenden Preis.
Ich hatte ihm wirklich mehrfach sehr deutlich gesagt, dass diese Würste nicht zum Essen, sondern nur zur Dekoration gedacht waren. Er hatte mir kein Wort geglaubt, und das war nun wirklich sein Problem. Der Kerl war ein erwachsener Mann und außerdem Sanitäter. Wenn ihm also der Genuss meiner seifengereinigten Ladendekoration erwartungsgemäß schlecht bekommen würde, dann konnte er sich entweder selbst
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