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Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)

Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)

Titel: Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Krappweis , Heinz J. Bründl
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Streich hinüber in unsere Shows. Und noch seltener wurde aus einem Spaß bitterer Ernst. Zumindest nicht so bitter, dass das Publikum es bemerkte. Nur einmal waren wir wirklich nah dran, diese Barriere zu durchbrechen, und der Grund dafür war einer der professionellsten Kollegen, mit dem ich jemals zusammengearbeitet habe. Sein Name war Juan Tabasco.
    … oder wie hieß der eigentlich wirklich?
    Ich weiß nicht mehr, aber der Name hat gepasst.
    Ja, zu viel Tabasco, und man erträgt ihn nicht mehr.
    Nein, ich meine, weil der die Leute echt immer richtig heiß gemacht hat vor den Shows!
    Ich geb’s ja zu, der Juan Tabasco war wirklich ein hervorragender Performer. Aber uns hat er halt dann irgendwann nur noch genervt.
    Das muss man professionell sehen.
    Ich hab’s wirklich monatelang, täglich mehrfach professionell gesehen, Heinz. Aber irgendwann kommt der Moment, wo man überlegt, ob ein »La Cucaracha« weniger vielleicht doch ein Menschenleben wert ist.
    Zusätzlich zu den Liedern, die er vor der Stuntshow performte, spielte Juan Tabasco nämlich auch noch in der Saloonshow – und zwar einen Song, der mir eigentlich ganz gut gefiel. In der Originalversion. Eddy Arnold sang diesen Song 1944, und er erlangte vor allem deswegen große Popularität, weil der Refrain aus einer recht originellen Art Gejodel bestand. Irgendwie seltsam sanft, beschwingt und trotzdem dem bayerischen Jodler nicht unähnlich, fügte sich diese Eigentümlichkeit wirklich hervorragend in diesen melancholischen Countrysong … vorausgesetzt, man war des Jodelns mächtig. Juan Tabasco war des Jodelns nicht mächtig.
    Aber man hatte ihn angewiesen, diesen Song zu singen, und das tat er. Weil er ein Profi war. Die Strophen klangen auch immer ganz wunderbar, denn Juan Tabasco war ja wirklich ein guter Sänger mit einer samtigen und doch durchsetzungsfähigen Stimme. Dann kam aber der Refrain, und anstatt Eddy Arnolds wehmütigem Jodelsingsang erklang so etwas Ähnliches wie »Wiiiii Wui Wiwiwi Wiiii …«. Inbrünstig vorgetragen und mit dem unbändigen Willen, auch die letzte Reihe im Saloon zu erreichen, egal wie viele Gläser, Brillen und Fensterscheiben dabei zu Bruch gehen würden, schlängelte sich dieses enervierende Falsett-Gequietsche durch den Raum und in unser aller Gehörgänge, wo es sich ausbreitete und ein unbestimmtes Gefühl wahlloser Mordlust nährte, das sich Tag für Tag und Show für Show immer deutlicher manifestierte.
    Jetzt übertreibst du.
    Ich übertreibe einen Scheiß! DU konntest ja rausgehen!
    Ja, das war schon ein großer Vorteil …
    Wir, die wir in rascher Reihenfolge unsere Kleiderwechsel und Auftritte zu absolvieren hatten, waren dem »WuiWui« leider schutzlos ausgesetzt. Es machte überhaupt keinen Unterschied, ob man sich die Ohren zuhielt oder irgendwas in die Ohren rammte. Solange man sich damit nicht das Trommelfell perforierte, drang das »WuiWui« durch und versetzte uns alle in einen Zustand katatonischen Wahnsinns.
    Ich erinnere mich, als wäre es gestern gewesen, wie Mehmet in seinem Kostüm als Mini-Ausgabe von Sheriff Willie Roy Bean in der Ecke auf seinem kleinen Stuhl sitzt und sich die Ohren zuhält. Dabei hat er die Augen fest zugekniffen und singt. Ja, er singt! Und zwar »Wiiiii Wui Wiwiwi Wiiii …«!
    So weit war es mit ihm schon gekommen! Er versuchte, das Lied von seinem Kopf fernzuhalten, aber es drang in sein Hirn, meißelte sich dort immer tiefer in die Stirnlappen und drang dann ungehindert über seine Sprachorgane nach draußen, um die nächste arme Sau zu infiltrieren! Wie gerne wären wir in diesem Moment alle Cyrus Thibeault gewesen, denn der Glückliche hatte sich schon vor langer Zeit durch das dauernde Revolvergeballer das Gehör zerschossen und musste nur seine Hörgeräte ausschalten. Seine irren Rückenschmerzen hätten wir gerne in Kauf genommen, wenn nur das »WuiWui« aufhören würde … jetzt … bitte … Muss tötennn …
    Eines schönen Tages mitten in der Saison war es dann so weit. Uns allen war klar, wir mussten Juan Tabasco dazu bringen, wenigstens nicht den ganzen Song zu singen. Koste es, was es wolle.
    Die erste Idee kam von Frankie, unserem tschechischen Schmied. Eigentlich hatte er die Rolle des »Fuzzie« inne, da er ein hervorragender Clown und ein richtig guter Stuntman war. Doch wenn ihn etwas nervte, dann tat man gut daran, einen weiten Bogen um ihn zu machen. Frantisek Zeithamel konnte einen Gegner auch ohne seinen Schmiedehammer ungespitzt in

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