Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)
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Und damit war das erledigt.
Nein, ich hab eben jemand anders geholt.
Ich fass es nicht …
Wir hatten im Saloon ein Mädchen namens Belinda. Praktischerweise war Belinda ein bisschen kurzsichtig, und das, so dachte ich, war in diesem Fall vielleicht ganz hilfreich, denn sie würde eventuell gar nicht so richtig sehen, wie die Messer auf sie zugeflogen kamen. Ich fragte sie, ob sie ins Fernsehen wolle, und Belinda freute sich sehr. Ich nahm sie mit zum BR, stellte sie ans Messerbrett, und zack, zack, zack war die Nummer schon im Kasten.
Nach drei Tagen üben wirfst du auf Menschen.
Im Fernsehen. Wie gesagt, ich war ein Naturtalent.
Und als es dann viel später daranging, die Saloonshow aufzufüllen, engagierte ich mich selbst. Ich ließ mir von einem Profi noch ein paar Tricks erklären, wie zum Beispiel das Werfen mit brennenden Messern und ein paar Figuren. Bei einer lehnte sich die Person am Brett nach hinten, und ich warf die Messer schon während der Bewegung entlang dem Körper, bei einer anderen warf ich durch eine Zeitung, sozusagen blind links und rechts neben den Kopf, oder ich warf auf eine Spielkarte in der Hand. Irgendwie lief das von Anfang an ganz okay. Allerdings hatte ich mir auch ein besonders schlankes Ziel am Brett ausgesucht: unseren Undertaker, den damaligen Totengräber. Der war wirklich nur Haut und Knochen und entsprechend schwer zu treffen. Es ging eigentlich immer gut.
Eigentlich?
Ja mei, ab und zu hab ich ihn schon mit seinem Gehrock am Messerbrett festgenagelt, aber das war’s auch schon. Ich hab immer ziemlich knapp geworfen.
Solange es nur auf den dürren Undertaker war.
Von wegen, ich hab auch auf Publikum geworfen.
… was?
Ja, wir haben dann immer jemand aus dem Publikum geholt und eine lustige Nummer daraus gemacht. Unser Billy, der Coltjongleur, begann mit dem Messerwerfen, und ich kam als Hausmeister mit Besen auf die Bühne und meinte, das könnte doch jeder Depp. Also sogar ich. Dann holte ich mir irgendwen aus dem Publikum, stellte ihn ans Messerbrett, verband ihm die Augen und klemmte ihm einen Luftballon zwischen die Oberschenkel.
Du hast nicht wirklich auf …
Nein, das war natürlich nur Spaß. Ich hab das Messer dann nicht geworfen, sondern nur »reingesteckt«, aber der Ballon ist natürlich geplatzt, und der Typ am Brett ist immer furchtbar erschrocken.
Ach so. Ich dachte schon …
Erst danach hab ich dann wirklich auf ihn geworfen.
D… du … auf eine fremde Person!? Aber …
Wie gesagt, ich bin ein Naturtalent. Ich hab ein Brett da. Soll ich’s dir zeigen?
NEIN, ich meine … äh … das Kapitel ist schon zu Ende.
Schad.
Kapitel 18: Eine Faust geht ihren Weg
oder: Freikarten fürs Gehirnkino
Von Tommy Krappweis
I rgendwie ist diese Faszination für Prügeleien schon ein komisches Männerding. Man will vielleicht nicht unbedingt laufend in eine solche verwickelt sein, aber zuschauen kann man schon. Sei es, dass man damals im Schulhof im Kreis drum rum stand, wenn sich zwei im Dreck rollten, oder dass man sich immer schon gerne die lustigen Prügelkomödien mit Bud Spencer und Terence Hill angeschaut hat. Die Damen konnte man höchstens locken mit den blauen Augen von Herrn Hill, aber schon mit der ersten launigen Klopperei verloren die meisten Mädchen das Interesse und wandten sich der BRAVO zu – damals das Äquivalent zum heutigen Handy, auf dem man immerhin gelangweilt herumtippen kann.
Szenen dieser Art fanden in No Name City immer wieder statt, und des Schicksals Fügung wollte es, dass unser Parkdirektor Herr Bründl des Öfteren darin verwickelt wurde.
Ich musste die Leute ja erst einmal offiziell bitten, den Park zu verlassen.
Ja. »BittverlasnsidenparkBUMM.«
Wenn der einen von diesen schweren Aschenbechern hochhebt, wart ich nicht, bis er mir den über den Schädel zieht.
Nachvollziehbar.
Der Fairness halber muss man erwähnen, dass unser Chef wirklich immer gerufen werden musste, um einmal offiziell den Hinweis auf die Hausordnung loszuwerden und gegebenenfalls den oder die Personen des Platzes zu verweisen. Und es war schon relativ selten der Fall, dass diese Personen sich dem sofort widerspruchslos fügten. Eher war mit zunächst verbaler und dann eben auch körperlicher Gegenwehr zu rechnen. Womit die Unruhestifter aber niemals rechneten, war die rechte Gerade unseres Chefs. Der allerdings rechnete mit allem. Denn zu fortgeschrittener Stunde und entsprechend gestiegenem Alkoholpegel waren mindestens 75 Prozent
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