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Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)

Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)

Titel: Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Krappweis , Heinz J. Bründl
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gekommen und blieb letztlich länger als er in Deutschland. Die beiden waren angeblich befreundet, aber vorsichtig ausgedrückt war davon nicht mehr so viel zu spüren. Eines der deutlichsten Anzeichen für den Verfall dieser Freundschaft war die Sache mit dem »erotischen Tagebuch« …

    Eines regnerischen Morgens, etwa eine Stunde bevor die ersten wetterbedingt spärlichen Besucher ihren Weg nach Poing fanden, war die Stimmung mies und der Wunsch nach Ablenkung groß. Selbige präsentierte sich überraschend in Form eines Büchleins. Es enthielt detaillierte Aufzeichnungen und Beschreibungen der erotischen Eskapaden eines gewissen Cyrus T. und sprach die Wahrheit, nichts als die Wahrheit. Schließlich war der Verfasser identisch mit dem stolzgeschwellten Protagonisten des Buches: Cyrus Thibeault. Dieses Produkt seiner Lenden wie auch seiner immer wiederkehrenden Freude an vergangenen Eroberungen hatte er also tatsächlich in der Garderobe direkt neben seinem Spind liegengelassen, als er kurz vor dem morgendlichen Kleidungswechsel die Notdurft verspürte und sich auf den Weg zur Toilette machte. Das war durchaus nachvollziehbar, denn hatte man erst einmal die vielen Schichten, Gürtel, Kniepads, Holster und Westen umgeschnallt, war der Toilettengang ein vielfach aufwendigeres Unterfangen als in üblichen Straßenklamotten. Die meisten Kollegen hielten es morgens genauso, und mehr muss dazu nun wirklich nicht geschrieben werden.
    Das wollt ich auch grad anmerken.
    Es wird eh gleich noch schwieriger mit der Umschreiberei …
    Nun möchte man vielleicht meinen, Cyrus habe das Büchlein absichtlich dort liegenlassen, weil er wollte, dass es einer der Kollegen fand und dann angesichts der Beschreibungen und deren Anzahl in Ehrfurcht erstarrte. Ich gehe nicht davon aus, denn so manche der im Buch geschilderten arg intimen bis verstörenden Praktiken würde man wohl nicht einmal unter Folter öffentlich zugeben wollen. Mehr lässt sich dazu beim besten Willen hier nicht sagen.
    Das Kapitel wär vielleicht eh gar nicht nötig gewesen.
    Ach, irgendwie schon.
    Welch ein Glück für Cyrus, dass sein bester Freund Mad Dog das Buch fand und es dem Verfasser direkt und ungelesen zurückgab, denn wozu hat man Freunde, wenn nicht dafür, und sie lebten glücklich und zufrieden weiter, im gegenseitigen Wissen, in dem jeweils anderen einen Freund zum Pferdestehlen gefunden zu haben.
    Das hab ich aber ganz anders im Kopf.
    Ja, Heinz, ich auch.
    In der Tat fand Mad Dog das Buch, las kurz darin, begriff natürlich instant dessen wahnwitzige Intimität, und was tat er wohl? Auf jeden Fall nicht das, was ein wahrer Freund wohl täte. Im Gegenteil, er verbreitete, so schnell es ging, das Wort Cyrus’ in No Name City.
    Schlimmer noch: Als der Autor schließlich vom Lokus zurückgekehrt war, hatte Mad Dog bereits das Horribelste getan, was er nur irgend hätte damit anstellen können …
    Er hat das Buch den Franzosen gegeben.
    Genau.
    Das war schon echt hart.
    Grausam war das.
    Mit »den Franzosen« waren Jean-Luc, Patrick und Michel (sprich: Mischell) gemeint. Michel war vergleichsweise harmoniefähig, in Patrick rang der Hang zur bösen Seite der Macht mit seiner hohen Professionalität, aber all das glich Jean-Luc dafür mühelos aus. Vor allem, wenn es um die »Scheiß-Amerikaner« ging. Hier konnte er schimpfen, schimpfen und schimpfen, wie es vielleicht nur ein Franzose kann, wenn er über Amerikaner schimpft.
    Zu einem gewissen Grad war es ja oft ganz lustig, aber manchmal eben auch gar nicht mehr so arg.
    Das Gemeinste, was man also tun konnte, war, Lean-Luc irgendeine Art von Angriffspunkt zu geben, auf den er seinen französischen Furor konzentrieren konnte. Cyrus’ erotische Liebesbibel war somit für Jean-Luc ein höchst willkommener Fang, der nun so lauthals daraus zitierte, dass man meinen konnte, er wäre ein Missionar für erotische Aufklärung.
    Und obwohl seine englische Aussprache des in breitem Amerikanisch verfassten Schriftstücks alle französischen Klischees erfüllte, lauschten alle mit einer Mischung aus Faszination, Fremdscham und, ja, auch gelegentlichem Ekel dem Vortrag. Wenn nur ein Achtel der Beschreibungen der Wahrheit entsprach, war den beteiligten Damen nur zu wünschen, dass sie in ihrer täglichen Arbeit keine vornehmlich sitzende Position einzunehmen hatten.
    Bitte keine weiteren Details, wenn’s geht.
    Geht.
    Gut.
    Seit diesem Tag konnte man die Freundschaft zwischen Mad Dog und Cyrus höchst

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