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Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)

Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)

Titel: Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Krappweis , Heinz J. Bründl
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Buhrufe, dann war es höchste Zeit, den Jimmy ins Bett zu schicken.
    Einmal kam ich in den Saloon, als er gerade über das Thema Überbevölkerung referierte.
    Was? Echt?
    Ja, er redete sich gerade in Rage und verfluchte alle Frauen mit Kinderwunsch.
    Um Gottes willen.
    Am schlimmsten war es immer, wenn die Leute von ihm verlangten, »Dixie« zu spielen. Das war bei vielen Musikern immer mal wieder Diskussion, denn »Dixie« war ja im amerikanischen Bürgerkrieg die Hymne der Südstaaten und wirklich alles andere als ein lustiges Lied. Manche Bands haben es einfach nicht gespielt, weil die meisten Leute dazu klatschten, tanzten und feierten wie zu jedem anderen Countrysong, weil es ja erst einmal klingt wie ein fröhliches Lied. Es gab aber immer auch Leute im Publikum, die das furchtbar ernst nahmen, aufstanden und feierlich ihren Hut zogen. Da standen sie dann mit einer Hand auf dem Herzen und in der anderen den Hut, als hätten sie vorgestern selbst irgendwen im Bürgerkrieg verloren. Und um sie rum tanzten Leute im Polkaschritt lustig durch den Saloon. Das war schon immer etwas seltsam anzuschauen. Der Jimmy hasste beide Fraktionen: sowohl die Leute, die nicht wussten, was der Song bedeutet, als auch die, die sich so bierernst gebärdeten. Dann hörte er auf zu spielen und fing an, alle zu beschimpfen.
    Ich erinnere mich gut. Er fand es pietätlos, dass jemand dazu tanzte, aber er fand es auch pietätlos, wenn ein »costumed Clown« seinen »ridiculous Hat« zog, weil sie doch letztlich alle »no fucking idea at all« hatten, um was es hier eigentlich ging.
    Wobei man schon sagen muss, dass er selbst ja auch nicht dabei war, im Bürgerkrieg.
    Er sah aber so aus.
    Ja, sehr original. Er war einer meiner besten Leute.
    Ich hatte eben auf der einen Seite die Vollprofis wie Peter Bento und Co., die immer zuverlässig waren und für unsere Shows zwingend notwendig. Denn vier Shows am Tag durch eine ganze Saison zieht man nicht mit Leuten durch, deren Tagesverfassung vom Alkoholpegel abhängt.
    Und dann gab’s die Originale, wie den Toni Nugget, den Walter oder ebenden Jimmy. Der passte so, wie er war, perfekt in meine Westernstadt – man musste nur ein bisschen achtgeben, dass alles in verträglichen Bahnen verlief. Ich fand ihn immer toll und war stolz drauf, dass er in unserem Saloon spielte. Angeblich konnte er keine einzige Note lesen, aber eben wahnsinnig gut Klavier spielen. Und Gitarre!
    Das allerdings auf recht spezielle Art. Er hat sich immer eine Gitarre von der Band geschnappt, wenn die nicht aufpasste. Dann stimmte er sie in wenigen Sekunden komplett um, so dass alle Saiten in einem Akkord klangen, ohne dass man was greifen musste. Mit einer Flasche oder einem Glas als Slide hat er dann einfach losgeschrammelt.
    Ich fand, das klang immer sehr authentisch.
    Allerdings. So nach zweieinhalb Songs hat er der Band die Gitarre wieder vor die Füße gestellt, und die durften das Ding dann erst mal komplett neu durchstimmen.
    Also, ich hätte ihm damals bestimmt keine zehn Jahre mehr gegeben. Aber ich hab mit großer Freude gehört, dass er inzwischen trocken ist. Das freut mich sehr für ihn, denn er ist wirklich ein Genie.
    Das lassen wir so stehen.
    Gern.

Kapitel 33: Wozu hat man Freunde
oder: Das Liebesleben des Cyrus T.
    Von Tommy Krappweis
    D er Stuntman Cyrus war schon ein ganz spezieller Fall und das in vielerlei Hinsicht. Abgesehen von seiner ganz speziellen Untechnik, dank deren er sich bereits in Sichtweite des Rollstuhls befand, war er auch ansonsten ein echtes Original.
    Es war offensichtlich, dass dieser Mann über viele Talente verfügte – das stand außer Frage. Er war ein guter Darsteller, sowohl seiner selbst, als auch Buffalo Bills. Er wusste genau, wie er wirkte, und hatte ein ausdrucksstarkes, markiges Gesicht, das von langen, silbernen Haaren eingefasst war. Dazu war er ein talentierter Künstler, malte detaillierte Portraits und Landschaften in Öl und verkaufte diese nebenbei. Außerdem war er im Grunde ein lieber Mensch, dem man höchstens vorwerfen konnte, dass er im Lauf der Zeit den Bezug zur Realität verlor und nicht sonderlich gegensteuerte.
    Das hast du jetzt aber sehr nett umschrieben.
    Na klar, wie soll ich das in einem Buch sonst ausdrücken?
    Na, dass er nicht ganz dicht war.
    Das möchte ich so nicht schreiben.
    Ach komm, wer in No Name City war schon wirklich ganz dicht.
    Außer dir.
    Keiner.
    Na vielen Dank.
    Cyrus war auf Empfehlung von Mad Dog nach No Name City

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