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Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)

Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)

Titel: Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Krappweis , Heinz J. Bründl
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Problem.

    Von da an hatten wir eine richtig tolle Kleintierschau und zusätzlich noch Kyra als absoluten Topper unserer Stuntshow.
    Immer exakt dann, wenn in der Musik der Glockenschlag von »Spiel mir das Lied vom Tod« ertönte, landete dieses monströse Vieh auf dem Dach des Leichenwagens. Das war jedes Mal aufs Neue ein Gänsehautmoment. Die Leute, über deren Köpfe die Kyra hinwegrauschte, haben teilweise richtig aufgeschrien. Denn sie verursachte nicht nur einen großen Schatten, sondern auch einen anständigen Luftzug.
    Solche Details haben mir immer besonders gut gefallen, denn so was macht in Deutschland kaum einer. Die Amis sind da schon verdammt gut in solchen Dingen, weil sie wissen, wie man eine gute Show macht. Aber hier in Deutschland denkt man immer: »Na ja, das genügt jetzt schon so«, und das ist meiner Meinung nach eins der Hauptprobleme im deutschen Showgeschäft.
    Wir wollten immer das Beste im Rahmen unserer Möglichkeiten, und ich bin damit eigentlich immer gut gefahren.
    Der Geier war eins dieser Details, was zwar nicht zwingend nötig gewesen wäre, aber wenn er mal gefehlt hat, war das immer richtig schade.
    Aber ab und zu hat sie gefehlt.
    Ja, weil sie hin und wieder dann doch mal eine große Runde fliegen wollte, anstatt auf dem Leichenwagen zu landen.
    Wer könnts ihr verdenken?
    Die Zeitung in Poing nahm das immer wieder dankbar auf: »Fliegt er oder fliegt er nicht?« haben sie getitelt. Oft riefen bei ihnen auch Leute an und erzählten, dass irgendein gigantisches Urtier über ihrem Garten kreise. Denen konnten die Zeitungsleute dann gleich sagen, dass das die Kyra ist, und der Krenzola hat sie dann dort abgeholt.

    Natürlich arbeitete Krenzola, wie jeder andere Zirkuskollege, mit allen verfügbaren Tricks, aber das ist ja auch völlig legitim. Der Geier landete natürlich auf dem Wagen, weil da was zu fressen lag. Und auch die Tauben, die auf der Bühne einen Salto nach dem anderen schlugen, hat er nicht – wie behauptet – langwierig dressiert, sondern diese Tauben machen das auch ohne Dressur, ganz einfach weil sie es halt machen. Bei so einer Show geht es gar nicht immer nur darum, dass die Tiere irgendetwas Widernatürliches machen, sondern vor allem darum, wie man etwas effektvoll in Szene setzt. Und da war er wirklich ein Meister.
    Ich kann mich auch nicht erinnern, dass während meiner Zeit in No Name City irgendwas besonders schiefgegangen wäre.
    Und wenn, dann hätte das niemand gemerkt. Der Krenzola war ein Vollblutprofi.
    Na gut, einmal war ich zufällig dabei, als was fast danebengegangen wäre. Er hatte doch diesen dressierten Fuchs, der den Kinderwagen auf die Bühne geschoben hat, in dem eine lebende Gans mit Babyhäubchen drinsaß. Das war nicht nur erstaunlich, weil kaum einer jemals einen dressierten Fuchs gesehen hatte, sondern es war eben auch ein richtig guter Gag.
    Nur eines Tages verstarb die Gans eine knappe Minute vor ihrem Auftritt recht überraschend. Einfach so! Quack! Und aus war’s. Wir hörten, wie der Krenzola die Story mit dem Fuchs und der Gans auf der Bühne anmoderierte, und uns war klar: Wir müssen was tun! Also haben wir die Gans stabilisiert, die Haube geradegerückt und …
    … können wir noch mal zurückgehen zu »Gans stabilisiert«?
    Muss das sein?
    Muss.
    Na ja, wir haben sie eben aufrecht hingesetzt. Und dann ein Holzstöckchen in den Kinderwagen gestellt und die Gans mit einem schwarzen Dichtungsgummi befestigt. Kaum war das einigermaßen stabil, hat der Assistent vom Wolfgang den Fuchs dran gestellt, und der hat gleich losgeschoben. Wir haben von der Seite aus zugesehen und die ganze Zeit gedacht: »Hoffentlich hält’s, hoffentlich hält’s!« Das hätte mit Sicherheit ganz furchtbar ausgesehen, wenn die tote Gans vor den ganzen Kindern plötzlich zur Seite gekippt wäre und man den Stock und den Gummi gesehen hätte. Der Krenzola bemerkte das Stöckchen natürlich sofort und starrte uns nur mit großen Augen an. Dann schaute er wieder nach vorne, und für einen Moment sah sein Lächeln ein bisschen eingefroren aus.
    Uns wär fast das Herz stehengeblieben, als sich der Kopf der Gans während der Fahrt wie in Zeitlupe zur Seite drehte. Das sah dann aber aus, als würde sie direkt ins Publikum schauen, und die Leute haben gelacht, weil sie dachten, das wär Teil der Dressur. Zwanzig Zentimeter hinter dem linken Vorhang ist die Gans doch noch am Stab runtergerutscht, aber das hat dann keiner mehr gesehen außer uns.
    …

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