Vier Fäuste für ein blaues Auge: Wie der Wilde Westen nach Deutschland kam (German Edition)
»Aslan« war mir nicht nur durch den Löwen in »Chronicles of Narnia«, sondern auch als Familienname eines türkischstämmigen Mitschülers bekannt. Mangels Internet war ich dann aber recht bald trotzdem kurz davor aufzugeben.
Ich glaube, es war unser Sprecher, Auskenner und Tiersammler Klaus Ortner, der irgendwann auf die Lösung kam, als er das »Aslan« einfach mal für einen Moment ignorierte und den Nachnamen rein phonetisch auf sich wirken ließ. Bei dem geheimnisvollen türkischen Supercowboy namens »Dschinotrii« handelte es sich natürlich um »Gene Autry« mit dem Beinamen »The singing Cowboy«. Der war tatsächlich ein richtiger Superstar, nur eben nicht in Deutschland und schon gar nicht Anfang der Neunziger.
Gene Autry war einer der populärsten amerikanischen Western-darsteller der dreißiger Jahre und gleichzeitig ein äußerst erfolgreicher Country-Sänger seiner Zeit. Er spielte in etwa neunzig hektisch heruntergekurbelten B-Movies den zumeist singenden Helden und ist dem deutschen TV-Publikum meiner Generation durch die Serie »Western von Gestern« zumindest optisch bekannt.
Und dieser Gene Autry, der außerdem mit der Single »Rudolph, the red-nosed reindeer« einen wahnwitzigen Multimillion-Seller verbuchen konnte, war anscheinend in der Türkei so bekannt, dass man ihm diese Übersetzung von »Oh Susanna« widmete.
Ach ja, das mit dem Löwen, das kam mutmaßlich wie folgt zustande: Recherchen im Heute, Hier und Jetzt ergaben nämlich, dass der Herr Gene Autry noch stärker eingetürkischt wurde als gedacht, um ihn innertürkisch möglichst les- und sprechbar zu gestalten. Sein vollständiger Name wurde nämlich kurzerhand zusammengefasst und gab dem Filmstar nun seinen Nachnamen: »Cinotri«. Und weil man nun dadurch des Vornamens verlustig gegangen war, gab man ihm einfach einen neuen: »Aslan«, der Löwe. Somit löst sich das Rätsel jetzt, zwei Jahrzehnte nach Mehmets Ohrwurm und sieben Jahrzehnte nach Gene Autrys großer Filmkarriere, endlich auf:
In »amerikan kovboylar aslan cinotri« steckt »der amerikanische Cowboy Gene Autry«
Geht’s dir jetzt besser?
Ja, Heinz. Jetzt geht’s mir besser.
Kapitel 44: Der Das Hemd Teil 1
oder: Haben Sie meinen Kanarienvogel gesehen?
Von Tommy Krappweis
Ich würde gerne die Geschichte vom Das Hemd erzählen, darf ich?
Freilich, hast sie ja oft genug gehört und kennst ihn ja persönlich.
Du sagst dann schon, wenn was falsch ist, oder?
Verlass dich drauf.
Tu ich.
Zunächst klären wir vielleicht mal auf, warum hier so ein grammatikalischer Stunt vollzogen wird. Wenn von einer Person namens Das Hemd die Rede ist und dann so Sätze wie »Kennst du den Das Hemd?« rauskommen, wirkt das ja erst einmal befremdlich. Der Heinz sagt auch manchmal »der Hemd«, aber irgendwie ist das ja noch falscher, weil es ja nun einmal das Hemd heißt und nicht der Hemd.
Also taufte ich den Mann in meinem Kopf irgendwann Das Hemd, übernahm somit den Artikel in den Namen und irgendwie wurde es dadurch gleichzeitig einfacher und komplizierter. Mal sehen, wie wir so durch das Kapitel kommen …
Das Hemd ist ein hagerer, großer Lackl, wie man in Bayern sagen würde. Tatsächlich kommt er aber aus dem Rheinland, und entsprechend ausgeprägt ist auch seine Mitteilsamkeit. Stellen Sie sich bitte jetzt noch einen hohen, schwarzen Cowboyhut vor und darunter ein etwas ausgezehrtes Gesicht mit Schnurrbart. Und ein Glasauge. Zusammen mit dem ebenfalls dem rheinländischen Klischee zuzuordnenden Drang, grundsätzlich die in Bayern geltenden Mindestabstände zwischen Personen zu unterschreiten, ergibt das erst einmal ein recht einfaches, aber durchaus zutreffendes Bild. Dann steht der Das Hemd sozusagen vor Ihnen.
Sein Auge verlor Das Hemd dereinst, weil ihm sein Kanarienvogel entfleucht war. Das klingt jetzt vielleicht etwas seltsam, weil einem der kausale Zusammenhang zwischen fehlendem Auge und Kanari nicht gleich einleuchtet. Und doch ist es wahr. Denn Das Hemd ging auf die Straße, um ebenjenen Vogel wieder zu finden, und fragte dann natürlich alle Leute, ob sie das Tierchen vielleicht vorbeiflattern gesehen hätten. Diese Frage einer Rockerbande zu stellen, die gerade mit ihren Motorrädern am Straßenrand Rast machte, stellte sich als folgenschwere Fehleinschätzung von Hilfsbereitschaft heraus. Die Frage »Hat jemand von euch meinen Kanari gesehen?« konnte seitens der Motorradgang nämlich nicht so recht eingeordnet werden. Vermutlich wurden sie
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