Vier Frauen und ein Mord
Wir hatten natürlich den Schreibtisch durchsucht, aber der Kommissar meinte plötzlich, der hätte vielleicht ein Geheimfach – hat wohl zu viel Spionageromane gelesen. Nun, ein Geheimfach hatte er nicht. Aber danach habe ich mich an die Bücher gemacht. Manchmal stecken Leute einen Brief in ein Buch, das sie gerade lesen, wissen Sie.«
»Und haben Sie etwas gefunden?«
»Keinen Brief oder so was, nein. Aber ich habe etwas Interessantes gefunden – ich glaube wenigstens, dass es interessant ist. Sehen Sie mal.«
Er packte aus einem Stück Zeitungspapier ein altes, recht schäbiges Buch aus.
»Das war auf einem Bücherbord. Ein altes Buch, schon vor Jahren erschienen. Aber sehen Sie sich einmal das da an.« Er öffnete es und zeigte das Vorsatzblatt. Darauf stand mit Bleistift geschrieben: Evelyn Hope.
»Interessant, meinen Sie nicht? Das ist der Name, falls Sie sich daran erinnern…«
»Der Name, den Eva Kane annahm, als sie England verließ. Ich erinnere mich«, sagte Poirot.
»Scheint, dass es die Fotografie unserer Mrs Upward war, die Mrs McGinty dort im Haus gesehen hat. Das macht es recht verwickelt, nicht wahr?«
»Ja, wirklich«, gab Poirot voll Überzeugung zu. »Ich versichere Ihnen, wenn Sie damit zu Kommissar Spence gehen, wird er sich die Haare mit den Wurzeln ausreißen – ja, bestimmt mit den Wurzeln.«
»Ich hoffe doch, so arg wird’s nicht werden«, erwiderte Sergeant Fletcher.
Poirot antwortete nicht. Er ging den Hügel hinab. Er dachte nicht mehr nach. Das hatte alles keinen Sinn.
Er ging ins Postamt. Maude Williams war dort und sah Strickmuster an. Poirot sprach nicht mit ihr. Er ging hinüber zum Briefmarkenschalter. Als Maude ihre Einkäufe gemacht hatte, kam Mrs Sweetiman zu ihm, und er kaufte einige Briefmarken. Maude verließ den Laden.
Mrs Sweetiman schien in Gedanken und hatte keine Lust auf ein Gespräch. Poirot konnte ziemlich bald nach Maude den Laden verlassen. Rasch holte er sie ein und ging dann im gleichen Schritt neben ihr her.
»Eh bien«, sagte Poirot. »Sie haben mir etwas zu berichten?«
»Ich weiß nicht, ob es wichtig ist. Jemand hat versucht, durchs Fenster in Mrs Wetherbys Zimmer einzusteigen.«
»Wann?«
»Heute früh. Sie war ausgegangen, und Miss Henderson hat den Hund spazieren geführt. Der alte Stockfisch war wie gewöhnlich in seinem Arbeitszimmer. Ich hätte eigentlich in der Küche sein sollen- die liegt, wie das Arbeitszimmer, auf der anderen Seite –, aber es schien mir eine gute Gelegenheit, um… Sie verstehen?«
Poirot nickte.
»Also schlüpfte ich hinauf und ins Schlafzimmer Ihrer Säuerlichkeit. Eine Leiter war ans Fenster gelehnt, und ein Mann machte sich am Fensterriegel zu schaffen. Sie hat seit dem Mord immer alles verschlossen und verriegelt. Niemals ein bisschen frische Luft. Als der Mann mich sah, sauste er nur so nach unten und machte sich aus dem Staub. Die Leiter gehörte dem Gärtner – er hatte den Efeu beschnitten und war zum Essen weggegangen.«
»Wer war der Mann? Können Sie ihn beschreiben?«
»Ich habe ihn kaum gesehen. Als ich ans Fenster kam, war er schon unten und weg. Und als ich ihn zuerst sah, blickte ich gegen die Sonne und konnte sein Gesicht nicht erkennen.«
»Sind Sie sicher, dass es ein Mann war?«
Maude dachte nach.
»Trug Männerkleidung – hatte einen alten Filzhut auf. Es hätte natürlich auch eine Frau sein können…«
»Das ist interessant, sehr interessant. Sonst noch etwas?«
»Noch nicht. Was für Mist die alte Frau aufhebt! Bei der muss ja eine Schraube locker sein. Heute früh kam sie zurück, ohne dass ich sie hörte, und da machte sie mir einen Krach, dass ich schnüffelte. Nächstens werde ich sie noch ermorden. Wenn jemand ermordet sein will, dann ist es diese Frau. Eine wirklich unsympathische Person.«
Poirot sagte leise:
»Evelyn Hope…«
»Wie bitte?« Sie wandte sich ihm mit einem Ruck zu.
»Sie kennen den Namen?«
»Ja… Das ist der Name, den Eva annahm, als sie nach Australien ging. Das… das stand in der Zeitung… im Sunday C o met.«
»Der Sunday Comet hat viel geschrieben, aber das hat er nicht berichtet. Die Polizei fand diesen Namen in einem Buch in Mrs Upwards Haus.«
Maude rief:
»Dann war sie es also doch… und sie ist doch nicht drüben gestorben… Michael hatte Recht.«
»Michael?«
Maude sagte plötzlich:
»Ich habe keine Zeit mehr. Ich werde das Mittagessen zu spät servieren. Ich hab’s im Backrohr, es wird alles austrocknen.«
Sie lief
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