Vier Frauen und ein Mord
möchte.«
»Schlug sie irgendeine Zeit vor?«
»Neun Uhr oder später.«
»Und sind Sie hingegangen?«
»Ich wollte es. Ich wollte es wirklich. Aber ich bin nach dem Abendessen plötzlich fest eingeschlafen. Als ich aufwachte, war es schon nach zehn. Ich dachte, es wäre zu spät.«
»Sie haben der Polizei nichts von Mrs Upwards Anruf erzählt?«
Ihre Augen wurden größer. Sie sahen recht unschuldig und kindlich aus.
»Hätte ich das tun sollen? Da ich nicht hingegangen bin, meinte ich, es hätte nichts zu sagen. Vielleicht habe ich auch ein Schuldgefühl gehabt. Wenn ich gegangen wäre, würde sie jetzt vielleicht noch leben.« Plötzlich atmete sie heftig ein. »Oh, ich hoffe, dass es nicht so war.«
»Nicht ganz so«, meinte Poirot.
Er machte eine kurze Pause, dann fragte er:
»Wovor haben Sie Angst, Madame?«
Sie atmete keuchend.
»Angst? Ich habe keine Angst.«
»O doch.«
»Was für ein Unsinn! Wovor sollte ich Angst haben?«
Poirot machte eine kurze Pause, ehe er sagte:
»Ich meinte, Sie hätten vielleicht Angst vor mir…«
Sie antwortete nicht. Aber sie riss ihre Augen auf. Langsam, herausfordernd schüttelte sie den Kopf.
24
» D as führt uns ja ins Irrenhaus«, rief Spence.
»Na, ganz so arg ist es nicht«, erwiderte Poirot beschwichtigend.
»Das sagen Sie. Jedes neue Beweismaterial macht die Dinge noch schwieriger. Jetzt erzählen Sie mir, dass Mrs Upward drei Frauen angerufen hat, um sie für den Abend einzuladen. Warum drei? Wusste sie selbst nicht, wer von ihnen Lily Gamboll war? Oder geht es gar nicht mehr um Lily Gamboll? Nehmen Sie das Buch mit dem Namen Evelyn Hope. Das lässt doch vermuten, dass Mrs Upward und Eva Kane dieselbe Person sind.«
»Was genau mit James Bentleys Eindruck von dem übereinstimmt, was Mrs McGinty ihm gesagt hat.«
»Ich dachte, er wäre nicht sicher.«
»Er war sich nicht sicher. James Bentley könnte gar nicht irgendeiner Sache sicher sein. Er hat nicht ordentlich zugehört, als Mrs McGinty ihm etwas sagte. Aber wenn James Bentley den Eindruck hatte, dass Mrs McGinty von Mrs Upward sprach, kann das durchaus stimmen. Eindrücke sind oft richtig.«
»Unsere letzte Nachricht aus Australien – sie ist übrigens nach Australien gegangen, nicht nach Amerika – besagt, dass die fragliche Mrs Hope dort vor zwanzig Jahren starb.«
»Das habe ich schon gehört«, sagte Poirot.
»Sie wissen immer alles, nicht wahr, Poirot?«
Poirot überhörte diese Stichelei.
»Auf der einen Seite haben wir Mrs Hope, die in Australien starb, und auf der anderen?«
»Auf der anderen Seite haben wir Mrs Upward, die Witwe eines reichen Fabrikanten. Sie lebte mit ihm bei Leeds, und sie hatte einen Sohn. Bald nach der Geburt des Sohnes starb ihr Mann. Der Junge war schwindsüchtig, und nach dem Tod ihres Mannes lebte sie zumeist im Ausland.«
»Und wann beginnt diese Saga?«
»Diese Saga beginnt vier Jahre nachdem Eva Kane England verlassen hat. Upward hat seine Frau irgendwo im Ausland kennen gelernt und sie nach der Hochzeit mit nachhause gebracht.«
»So hätte Mrs Upward also Eva Kane sein können. Wie hieß sie als Mädchen?«
»Hargraves. Aber was hat ein Name zu sagen?«
»Sehr richtig. Eva Kane, oder Evelyn Hope, kann in Australien gestorben sein – aber sie kann auch nur dafür gesorgt haben, dass es nur so aussah, und dann als Miss Hargraves auferstanden sein und reich geheiratet haben.«
»Es ist alles so lange her«, sagte Spence. »Aber nehmen wir mal an, es sei wahr. Nehmen wir an, sie habe ein Bild von sich aufbewahrt und Mrs McGinty hat es gesehen – dann kann man nur annehmen, dass sie Mrs McGinty getötet hat.«
»Das wäre wohl möglich. Robin Upward sprach an dem Abend im Radio. Mrs Rendell sagte, sie wäre an dem Abend hingegangen, erinnern Sie sich? Und man hätte sie nicht gehört. Und Mrs Sweetiman behauptet, Janet Groom hätte ihr gesagt, dass Mrs Upward in Wirklichkeit gar nicht so gelähmt gewesen sei, wie sie immer tat.«
»Das ist alles schön und gut, Poirot, aber die Tatsache bleibt, dass sie selbst getötet wurde, nachdem sie eine Fotografie erkannt hat. Jetzt wollen Sie so tun, als hätten die beiden Morde nichts miteinander zu tun.«
»Nein, nein. Das sage ich nicht. Sie haben schon miteinander zu tun.«
»Ich geb’s auf.«
»Evelyn Hope. Da liegt der Schlüssel zum ganzen Rätsel.«
»Evelyn Carpenter? Meinen Sie die? Nicht Lily Gamboll, sondern Eva Kanes Tochter! Aber die würde doch gewiss nicht ihre eigene Mutter
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