Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)
jeden Sonntag zusammen einen Ausflug machen?«
»Hat das deine Mama gesagt?«
»Ja.«
»Dann stimmt es auch. Jeden Sonntag, und auch samstags und mittwochs ganz oft. Mit mir und deiner Oma. Die beiden da kommen auch ab und zu mit. Zumindest wenn wir ins Stadion gehen.«
»Stimmt es, dass Onkel Ruso eine PlayStation 3 hat?«
»Wär’s nicht schöner, du würdest Onkel Daniel sagen? Onkel Ruso ist so …«
»Aber die anderen nennen dich doch auch Ruso.«
»Ja, aber das sind eben Antisemiten.«
»Ich finde Onkel Ruso gut. Was sind Antisemiten?«
»Willst du uns die ganze Fahrt nach Avellaneda Löcher in den Bauch fragen, oder was?«
»Ja, wieso? Hast du nun eine PlayStation 3?«
»Hat er, Guada, hat er«, bestätigt Mauricio.
»Und wo habt ihr die her?«, fragt Fernando.
»Die Direktion der Stiftung Guadalupe hielt es für angebracht, den Drahtziehern von Enge Deckung eine zu schenken, für ihre wertvollen Dienste.«
»Scheint mir gerechtfertigt«, stimmt Fernando zu.
»Absolut gerechtfertigt«, mischt sich Ruso ein, der nur schwer zu verstehen ist, weil er sein Fenster ganz runtergekurbelt hat.
»Kann ich mal kommen, um damit zu spielen, Onkel Ruso? Was für eine Stiftung Guadalupe?«
»Klar kannst du kommen. Aber du musst wissen, dass wir immer nur Fußball spielen.«
»Ist schon okay.«
»So gefällt mir meine Kleine.«
»Was machst du eigentlich für ein Gesicht?«, fragt Mauricio Fernando.
Fernando wundert sich über die Frage. Er denkt an nichts Besonderes. Genießt das Geplauder der anderen und hängt seinen Gedanken nach, lässt seinen Blick über die Landschaft entlang der Autobahn schweifen. Bevor er antworten kann, ergreift Ruso das Wort.
»Ah! Was ich euch noch erzählen muss! Gestern hat mich Pittilanga angerufen!«
»Und? Was sagt er?«
»Dass es super läuft.«
»Wer ist Pittilanga?«, fragt Guadalupe.
»Ein Fußballspieler. Und Freund von uns.«
»Ihr habt einen Freund, der Fußballspieler ist?«
»Ja, spielt bei einem Club in Arabien. Ist zwar Argentinier, aber jetzt spielt er dort.«
»Und wie habt ihr ihn kennengelernt?«
»Das erzählen wir dir ein andermal. Dein Papa hat ihn auch gekannt.«
»Ja?«
»Ja. Dein Papa hat ihn sogar entdeckt, als er noch jünger war. Und sofort gewusst, dass er es mal schaffen würde.«
»Echt?«
»Was hat Pittilanga nun erzählt?«
»Dass es super läuft. Dass er vier Spiele bestritten hat. Immer von Anfang an.«
»Ach ja?«
»Stand sogar in der Zeitung. Er wollte mir den Artikel mailen.«
»Fühlt er sich wohl da?«
»Er sagt ja. Nur dass er kein Wort versteht.«
»Und seine Mitspieler?«
»Es gibt da einen Kolumbianer, der ihm alles übersetzt. Und weil der Trainer aus Holland kommt, ist sowieso alles auf Englisch, weil sonst niemand irgendwas kapiert.«
»Was für ein Chaos.«
»Offenbar spielt er gut, ist hinten wie eine Wand. Ich kenn mich halt aus mit Fußball.«
»Sei nicht so eingebildet, Ruso.«
»Warum sagen die, du sollst nicht so eingebildet sein, Onkel Ruso?«, fragt Guadalupe. Von jetzt an wird sich diese Männerwelt wohl an dieses Piepsstimmchen und die Fragerei gewöhnen müssen, denkt Fernando. Es macht ihn glücklich.
»Soll ich die Belgrano oder die Pavón nehmen?«, fragt Mauricio, als sie sich dem Ende der Autobahn nähern.
»Die Belgrano«, schlägt Ruso vor. »Heute ist ja kein Spiel, da kriegst du auf jeden Fall einen Parkplatz.«
»Lieber die Pavón«, sagt Fernando. »Damit Guada sieht, wo wir normalerweise langfahren.«
»Wo er Recht hat, hat er Recht«, sagt Mauricio und blinkt.
Fernando sieht ihn an.
»Was ist jetzt schon wieder los?«, fragt Mauricio.
»Nichts. Neuerdings bist du ja fast ein netter Mensch.«
»Du bist aber böse, Onkel Fernando!«, ruft Guadalupe halb amüsiert, halb verwundert.
»Jetzt hast du mal gesehen, wie die mich behandeln, Süße.«
»Ich bin auf deiner Seite!«
»Überleg dir das gut, Engelchen. Hier im Auto sitzen zwei nette Menschen. Zwei nette Menschen und der Fahrer«, frotzelt Ruso.
»Dafür hat der Fahrer ein tolles Auto«, prahlt Mauricio.
»Was ist das?«, fragt Guadalupe und zeigt auf eine Böschung zu ihrer Rechten.
»Da fährt der Zug. Siehst du die Schienen da oben?« Fernando dreht sich zu Guadalupe um. »Du, Guada, das Stadion ist ganz neu. Und noch nicht fertig.«
»Ja, weiß ich doch.«
»Ich sag’s nur, falls es dir nicht gefällt. In ein paar Monaten wird’s ganz anders aussehen.«
»In ein paar Monaten. Oder Jahren. Oder
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