Vier Jungs auf einem Foto (German Edition)
erfolglosen Monaten bietet auch er Pittilanga an, als wäre er ein Kochtopfset oder das Tombolalos eines gemeinnützigen Vereins.
Am Anfang überlegt er sich immer ganz genau, an wen er sich wendet. Er sucht sich nur Leute aus, deren Namen er aus der Presse kennt. Das Problem ist bloß, dass nicht sie ihn empfangen, und auch nicht ihre Geschäftspartner oder Assistenten, sondern junge Kerle, die ihre Panik hinter Solariumbräune, tonnenweise Haargel und Handys mit Super-Apps verstecken. Azubis, deren Bedeutung in der Organisation, die sie zu repräsentieren vorgeben, einem Ruderboot auf einem Schiff der Königlichen Armada gleichkommt. Genauer betrachtet ein Umstand, der Fernando in die Hände spielt, zumindest am Anfang. Seine eigene Unerfahrenheit ist nämlich genauso groß, also macht er sich lieber vor diesen Jungspunden zum Affen. Die Situation hat auch ihre komische Seite: ein Lehrer, der einen Spieler zu verkaufen versucht, an den er nicht glaubt, zu einem Preis, den er nicht wert ist, an einen Typen, der ihn nicht kaufen will, der aber, selbst wenn das Geschäft zustande käme, nicht wüsste, was dann zu tun wäre.
Mit der Zeit schlägt sich Fernando besser. Er hält sich nicht mehr so lang mit Vorgeplänkel auf, seine Körperhaltung verrät nicht mehr auf den ersten Blick, wie unsicher er ist, und er gibt sich auch nicht mehr so höflich, dass es als Schwäche ausgelegt werden könnte. Außerdem lernt er, Pittilangas Vorzüge zu preisen, ohne dass seine Stimme zittert. Pech nur, dass es ihm nichts mehr nützt, denn auf der Skala potenzieller Käufer ist er längst abgerutscht auf das Niveau von Grünschnäbeln und Windhunden. Und am schlimmsten ist, dass man nicht einmal in diesem Milieu an Pittilanga interessiert ist. Nicht im Geringsten. Häufig kommen sie ihm sogar mit ihren eigenen Lügen zuvor und versuchen ihm selbst irgendeinen Spieler anzudrehen.
Zu Beginn ist seine Zuversicht – oder seine Not – so groß, dass er sogar unbezahlten Urlaub nimmt, um sich seiner Aufgabe voll und ganz widmen zu können. Doch im Laufe der Tage und Wochen geht sein Selbstbewusstsein genauso in den Keller wie sein Kontostand. Nach einem Monat tritt er den Schuldienst wieder an, allerdings erst einmal nur im Vormittagsturnus, was ihm zupasskommt, weil Fußballunternehmer ihre Geschäfte erst gegen Mittag aufnehmen. Ab Mitte des dritten Monats unterrichtet er auch wieder am Nachmittag und legt die Treffen auf den Abend, auf sechs oder sieben Uhr.
Irgendwann wird er es schaffen. Der Triumph ist nah, liegt hinter der nächsten Ecke, hinter der nächsten Plexiglastür, versteckt sich hinter dem karminroten Lächeln der nächsten Sekretärin. Und nach dem Triumph kommt die Rache. Die süße Rache. Er wird Mauricio anrufen und ihm sagen: Du kannst den Vertrag aufsetzen. Pittilanga ist verkauft. Und dann wird er auflegen und ihn allein lassen mit seiner Verblüffung, seiner Beschämung. Und wenn Guadalupe erst mal etwas älter ist und es verstehen und wertschätzen kann, wird er es ihr erzählen. Dann wird er für sie der Held sein. Diese Vorstellung treibt ihn an, immer wieder beschwört er sie herauf, um durchzuhalten. Aber irgendwann, nach einem halben Jahr, wird ihm klar, dass er sich etwas vormacht, dass es nie so kommen wird. Weder wird er Pittilanga verkaufen, noch Mauricio demütigen, noch seine Nichte beeindrucken.
Weil es noch nie seine Stärke war, Fehler und Irrtümer einzugestehen, macht er trotzig weiter. Aber sein Eifer lässt merklich nach, seine Einschätzung wird realistischer, er spürt die Niederlage nahen, umgeben von Gestalten, die immer windiger werden, Gestalten, die zur Welt des Fußballs gehören wie der Kater zum Rausch.
Seine Freunde trifft er nur noch selten. Nur wenn einer von ihnen Geburtstag hat. Oder eine ihrer Frauen. Oder die Rusitas, Rusos Töchter. Einmal im Monat gehen sie essen, nur sie drei. Für ihre Verhältnisse sehen sie sich also praktisch kaum noch. Und wenn, erwähnt keiner den Streit im Café: was sie sich an den Kopf geworfen haben oder eben nicht, was jeder anschließend darüber gedacht hat. Auch über Pittilangas Misserfolg bei Santiago del Estero spricht keiner.
In all der Zeit sieht Fernando seine Nichte nur vier Mal. Monos Ex ist in letzter Zeit besonders feindselig und tut alles, um die Treffen zu sabotieren. Drei Mal nimmt er Guadalupe mit zu ihrer Großmutter. Beim ersten Mal ist es besonders schwer, und Fernando muss seine Mutter immer wieder ermahnen, damit sie
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